Panik in der „Zivilgesellschaft“: Soros baut Mittel für Stiftungen in Europa drastisch ab
Einen Paukenschlag hat jüngst sogenannte zivilgesellschaftliche Organisationen in Europa ereilt. Wie mehrere Medien berichteten, werden die Open Society Foundations (OSF) ihre Arbeit in den EU-Staaten deutlich einschränken. Die Nachricht kommt nur wenige Monate, nachdem ihr Gründer, der US-Milliardär und Philanthrop George Soros (93), die Leitung an seinen Sohn Alexander übertragen hatte.
Soros ließ NGOs über Stiftungen zuletzt 1,5 Milliarden US-Dollar zukommen
Die „Welt“ spricht von einer regelrechten Kündigungswelle. Auch für die meisten der betroffenen Mitarbeiter und bisherigen Empfänger von Zuwendungen sei der Schritt völlig unerwartet gekommen. Lediglich in Spanien hatten die Mitarbeiter der OSF bereits im Januar von der geplanten Schließung ihres Büros in Barcelona erfahren. Die meisten haben ihre Verträge mittlerweile von sich aus beendet.
Nun sollen auch noch 60 Prozent der Beschäftigten in Brüssel und sogar 80 Prozent der Mitarbeiter des Berliner Büros freigesetzt werden. Verhandlungen mit den Gewerkschaften sind zurzeit noch im Gange. Eine bislang nicht bekannte Anzahl an Beschäftigten wollen die Soros-Stiftungen auch in London abbauen.
Die Auswirkungen auf die Fördermittelvergabe sind bisher nicht abschätzbar. Allein im Jahr 2021 sollen die Soros-Stiftungen nicht weniger als 1,5 Milliarden US-Dollar für „philanthropische Zwecke“ ausgegeben haben. Dies berichtete der „Guardian“. Deutlich geringer dürfte die Gesamtsumme auch in den Jahren zuvor nicht gewesen sein.
Unmut über „fehlende Kommunikation und Unsicherheit“
Jetzt ist jedoch die Rede von einer „beschlossenen neuen strategischen Ausrichtung“. Diese, so teilte Berlins OSF-Direktor Thorsten Klassen in einer E-Mail mit, sehe „einen Rückzug und eine Beendigung weiter Teile unserer derzeitigen Arbeit in der Europäischen Union vor“. Der Umstand, dass die EU nun selbst öffentliche Mittel für „Menschenrechte und Pluralismus“ bereitstellen wolle, habe dies begünstigt.
Die neue Führungsfigur, Alexander Soros, erklärt in einer Mitteilung, die Familie und OSF hätten das „europäische Projekt“ lange Zeit unterstützt. Man fühle sich diesem „auch weiterhin stark verpflichtet“. Aus diesem Grund wolle man auch „die Förderung der Demokratie und den Kampf gegen Autoritarismus in Europa“ aufrechterhalten. Dafür werde man weiterhin „den zivilgesellschaftlichen Sektor, der unverzichtbar ist für diese Ziele“, unterstützen.
Die Botschaft stößt bei vielen bisher Begünstigten jedoch auf Unglauben. Vor allem der Umstand, dass die Neuausrichtung nicht zu einem früheren Zeitpunkt angekündigt worden war, stößt vielen sauer auf. Die „fehlende Kommunikation und Unsicherheit“, die mit der Entscheidung einhergehe, schade „dem Ruf der OSF“, äußern Betroffene gegenüber AP.
Soros-Stiftungen bedienen umfangreiches Themenportfolio
Die Stiftungen hatten ein breites Spektrum an Organisationen gefördert, die sich unterschiedlichsten Anliegen widmen. Ein thematischer Schwerpunkt von den OSF-unterstützten NGOs lag beispielsweise im Bereich der Wahrung der Rechte und Interessen von Einwanderern und Geflüchteten. Andere leisteten Aufklärungsarbeit über häufig stigmatisierte Minderheiten in der EU wie die Sinti und Roma.
Die Soros-Organisationen beteiligten sich unter dem Banner der Förderung der Pressefreiheit in mehreren Ländern der EU auch an Medien. Dazu kamen umfangreiche Zuwendungen für sogenannte Rechercheverbünde, wie sie unter anderem hinter der Publikation der sogenannten Panama-Papers standen. Neben Geld stellten die Stiftungen NGOs auch Know-how zur Lobbyarbeit bei der EU und juristische Unterstützung zur Verfügung.
Kontroverser waren hingegen die politischen Förderentscheidungen, die von der Familie Soros und den OSF ausgingen. Vor allem folgte ihr Verständnis von „Menschenrechten“ und „Demokratie“, die man nach eigenem Bekunden fördern will, tendenziell in einseitiger Weise linksliberalen Narrativen. Dies brachte George Soros und seine Stiftung häufig in Konflikte mit konservativen Regierungen wie jenen in Ungarn und Polen.
Enttäuschung bei vielen bislang Begünstigten
Entsprechend wächst nun auch die Sorge auf der politischen Linken mit Blick auf die EU-Wahlen im nächsten Jahr. Gegenüber „Politico“ äußerten beispielsweise Márta Pardavi vom Ungarischen Helsinki-Komitee oder der Pariser Juraprofessor Alberto Alemanno ihre Bedenken.
Ein Rückzug der Soros-Stiftungen könne unter anderem Bestrebungen Auftrieb geben, die das „Recht auf Abtreibung“ oder LGBTQ-Anliegen infrage stellten. Pardavi sieht die „liberale Demokratie“ in Europa als gefährdet an, weshalb man umso weniger Verständnis für den Schritt aufbringen könne:
Wenn wir uns die Europäische Union anschauen, sehen wir keine Rechtfertigung dafür, die Unterstützung für Menschenrechte, Demokratie und Randgruppen zu verringern.“
Auch bei „Politico“ selbst ist man unsicher, ob eine Staatsphilanthropie vonseiten der EU die flexibleren Strukturen der Soros-Stiftungen perspektivisch ersetzen könne. Die bange Frage laute:
„Wird es andere geben, die die Lücke füllen?“
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