Parlament in Athen stimmt Reformauflagen der Gläubiger zu

Titelbild
Der griechische Finanzminister Tsakalotos (L) spricht mit Ministerpräsident Tsipras währed der Abstimmung.Foto: Orestis Panagiotou/dpa
Epoch Times16. Juli 2015
Das griechische Parlament hat eine wichtige Hürde auf dem Weg zu Verhandlungen mit den Europartnern über ein drittes Hilfspaket ausgeräumt.

Die Abgeordneten in Athen stimmten am frühen Donnerstagmorgen mit klarer Mehrheit für erste Spar- und Reformmaßnahmen, die die Kreditgeber zur Bedingung für Gespräche über neue finanzielle Unterstützung in Milliardenhöhe gemacht hatten.

Angewiesen war die Koalition von Ministerpräsident Alexis Tsipras dabei auf Stimmen der Opposition. Zahlreiche Abgeordnete seiner Linkspartei Syriza votierten gegen das Gesetzespaket oder enthielten sich. Die Regierungsmehrheit wurde dadurch verpasst. Tsipras hatte unmittelbar vor der Abstimmung gedroht, sollte dies geschehen, werde er zurücktreten. Nach der Parlamentssitzung äußerte sich der Ministerpräsident zunächst nicht.

Die angenommenen Gesetze sehen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Einleitung einer Rentenreform vor. Tausende hatten vor dem Parlament in Athen gegen die Maßnahmen demonstriert. Dabei kam es zu Ausschreitungen. Die Eurogruppe will am Donnerstagvormittag in einer Telefonkonferenz über die weiteren Schritte beraten.

Über ein neues Hilfspaket für das von der Pleite bedrohte Griechenland müssen noch mehrere Parlamente in anderen Euroländern abstimmen. In Deutschland ist sogar die Zustimmung des Bundestags zur Aufnahme von Verhandlungen nötig. Das Parlament stimmt voraussichtlich am Freitag darüber ab.

In Athen stimmten 229 Abgeordnete nach stundenlanger Debatte im 300 Sitze umfassenden Parlament für das Gesetzespaket. 64 votierten nach Angaben des Parlamentspräsidiums dagegen, es gab sechs Enthaltungen. Medienberichten zufolge war ein Abgeordneter abwesend.

Dem Regierungsbündnis aus Syriza und rechtspopulistischer Anel gehören 162 Abgeordnete an – Tsipras‘ Syriza verfügt über 149 Sitze, der Koalitionspartner über 13. Wie der griechische Rundfunk berichtete, stimmten 32 Syriza-Abgeordnete gegen das Sparprogramm, 6 enthielten sich der Stimme.

Kritiker der Sparmaßnahmen gab es vor allem im linken Partei-Flügel von Syriza. Dessen Anführer, Energieminister Panagiotis Lafazanis, sagte Tsipras in der Nacht dennoch Unterstützung zu. „Wir werden gemeinsam weitermachen. Wir stützen die Regierung, sind aber gegen die Sparprogramme.“ Der Chef der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia, Evangelos Meimarakis, kündigte an, von einem Misstrauensvotum abzusehen. Neuwahlen seien für ihn keine Option. Er sagte, die Billigung der Auflagen sei die richtige Nachricht an Europa.

Tsipras erklärte im Parlament, er sei von den Gläubigern erpresst worden, das Sparprogramm zu akzeptieren. Er habe keine andere Wahl gehabt, als dem zuzustimmen. Die Euro-Länderchefs hatten sich am Montagmorgen nach mehr als 17-stündigem Ringen auf Bedingungen für das Hilfspaket verständigt. Der Umfang der weiteren Hilfe für Athen könnte bis zu 86 Milliarden Euro umfassen, wenn die Bedingungen vorher erfüllt werden.

Das nun gebilligte vier Milliarden Euro schwere Sparpaket, für das sich Tsipras trotz eigener Vorbehalte am Dienstagabend in einem TV-Interview stark gemacht hatte, umfasst vor allem höhere Mehrwertsteuern und Zusatzabgaben für Freiberufler sowie Besitzer von Luxusautos, Häusern und Jachten. Ebenfalls enthalten: ein nahezu vollständiger Stopp aller Frühverrentungen.

Bis Mitte August benötigt Griechenland rund zwölf Milliarden Euro, um laufende Rechnungen zu begleichen und fällige Kredite abzulösen. Schon am Montag muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen, beim Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die Regierung ohnehin im Zahlungsrückstand. Ohne Rückzahlung müsste die EZB ihre Notkredite für Griechenlands Banken einstellen, das labile Finanzsystem des Landes würde dann wohl endgültig kollabieren.

(dpa)


Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion