Polen: Landwirte werden ruiniert – durch ukrainisches Billiggetreide
Während die polnischen Landwirte früher oft leere Kornspeicher hatten, können sie jetzt ihre Ernte nicht mehr verkaufen. Sie stehen vor immer größeren finanziellen Problemen, haben kein Einkommen und fast keine Möglichkeit mehr, um ihre Landmaschinen zu finanzieren. Der Zustand ihres gelagerten Getreides verschlechtert sich zudem ständig.
Der Grund dafür ist das billige ukrainische Getreide. Während es früher größtenteils nach Afrika exportiert wurde, fließen die Ernten wegen des Krieges in osteuropäische Länder. Einheimische Landwirte können mit den billigen Preisen nicht mithalten und haben bereits Proteste in Polen gestartet.
Diese Probleme betreffen nicht nur Polen. In Rumänien, der Slowakei, Tschechien, Bulgarien und Ungarn eskaliert die Situation ebenso.
In der Zwischenzeit ist es für die Ukraine auch nicht einfach: Die russische Armee hat Getreidesilos in der Ostukraine angegriffen, viele Lagerhäuser zerstört und ganze Getreidefelder unbrauchbar gemacht, heißt es in einer Erklärung des landwirtschaftlichen Unternehmens „Grain Alliance“.
Polnischer Minister wird mit Eiern beworfen
Russland kontrolliert den Bosporus und macht es den ukrainischen Schiffen schwierig, zu laden. Von dort aus würden die Transporte auf der zuvor festgelegten Route nach Afrika fahren. Vor dem Krieg fuhren von hier aus 50 bis 80 Schiffe pro Woche. Heute sind es nur noch etwa 10 bis 20 pro Woche, erklärt Tahir Musayev, Vertreter der „Grain Alliance“, gegenüber dem ungarischen Nachrichtenportal „DW Magyar“.
Daher ist der Landweg durch Polen zur Hauptroute zu den Importländern geworden – was die lokalen Getreidemärkte unter Druck setzt. Die polnischen Landwirte sind empört und verzweifelt. Bei einer Kundgebung, an der auch EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski teilnahm, gingen sie sogar so weit, Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk mit Eiern zu bewerfen.
Die Landwirte fordern den Rücktritt des Ministers. Kowalczyk, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, hatte ihnen vergangenes Jahr versprochen, dass die Preise steigen würden, berichtete „Euractiv.de“.
Sie fordern zudem, dass die EU Zölle auf ukrainisches Getreide erhebt. Außerdem wollen sie eine Entschädigung für diejenigen, die in der Klemme stecken.
Aus Solidarität in die Falle geraten
Führende Politiker in den betroffenen Ländern wollen die EU um Hilfe bitten. Der rumänische Ministerpräsident Nicolae Ciucă und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erklärten am Dienstag auf dem polnisch-rumänischen Wirtschaftsforum in Bukarest, dass sie sich an die Europäische Kommission wenden werden.
„Wir müssen verhindern, dass Spekulanten dieses Getreide zu Dumpingpreisen verkaufen. Das macht es für unsere Erzeuger und Landwirte unmöglich“, sagte der rumänische Ministerpräsident laut der rumänischen Nachrichtenagentur „Karpatinfo“.
Unter den Regierungschefs herrschte weitgehende Einigkeit darüber, dass der Getreidestrom durch die „Solidaritätskorridore“ aufgrund des Krieges sicher gemacht werden sollte. Diese wurden 2022 von der EU eingerichtet, um ukrainische Exporte zu erleichtern. Zurzeit werden diese Kanäle jedoch nicht kontrolliert.
Der Widerspruch besteht darin, dass es im strategischen Interesse der betroffenen Länder liegt, der Ukraine zu helfen – während gleichzeitig ihre eigene Volkswirtschaft gefährdet ist. Auf dieses Phänomen hat auch der polnische Premierminister Morawiecki hingewiesen:
Wir kämpfen darum, ukrainisches Getreide von unseren Ländern fernzuhalten. Die EU muss uns helfen, unsere Handelspolitik durchzusetzen.“
Morawiecki betonte, dass auch die wirtschaftlichen Interessen von Rumänien und Polen berücksichtigt werden müssen. So sagte er, um die Situation klarzustellen: „Polen ist bereit, ukrainischem Getreide zu helfen, Afrika zu erreichen. Aber Polen hat nie dazu beigetragen, dass ukrainisches Getreide auf den polnischen Markt gelangt und den lokalen Absatz destabilisiert.“
Der an die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gerichtete Brief der beiden Politiker schlägt verschiedene Mittel vor, um besser mit der Situation umzugehen. Morawiecki befürwortet insbesondere mengenmäßige Beschränkungen, Schutzzölle und verschiedene Regelungen zur Begrenzung der Importe.
Bürokratische Reaktion der EU bedroht den guten Glauben
Während der polnische Premierminister einen Brief an Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, geschrieben hat, unternahmen die Rumänen bereits erste Schritte.
Letzte Woche informierte der rumänische Staatschef Ursula von der Leyen über die schwierige Lage der rumänischen Landwirte und bat um mehr Hilfe. Laut „Agerpres“ hat Ursula von der Leyen daraufhin auf der Tagung des Europäischen Rates angedeutet, dass die Kommission eine Untersuchung durchführen wird.
Zur Empörung der Rumänen entschied die Europäische Kommission später ohne jegliche Konsultation oder Dialog über den Fall. Am 20. März wurde bekannt gegeben, dass die Kommission 56,3 Millionen Euro an Finanzhilfen aus dem Krisenfonds bereitstellen wird, berichtet das transkarpatische Portal „Karpatinfo“.
Dieser Betrag ist jedoch nicht nur für rumänische Landwirte bestimmt, sondern auch für Landwirte in Polen und Bulgarien. Polen erhält 29,5 Millionen Euro, Bulgarien 16,75 Millionen Euro und Rumänien 10,05 Millionen Euro.
Die rumänischen Bauernverbände reagierten sofort und nannten den Betrag „lächerlich niedrig“. Auch der rumänische Präsident Klaus Iohannis äußerte sich. Er betonte, dass die osteuropäischen Länder tatsächlich ein großes Opfer gebracht haben, „um die ukrainischen Getreideexporte zu erleichtern“. Für ihn lässt der stumme bürokratische Entscheidungsprozess Zweifel an der Gutgläubigkeit des Ausschusses in Brüssel aufkommen.
Die polnische Regierung ist zwar zuversichtlich, dass künftige Gespräche mit der Europäischen Kommission erfolgreich verlaufen werden, hat aber auch innenpolitische Maßnahmen ergriffen, um die Situation sofort zu lösen. Es werden schnelle Auslandsverkäufe und Beschränkungen für weitere Importe von Billiggetreide erwogen.
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