Pure Manipulation: Verhaftung in London

Die Verhaftung eines Aktivisten in London zeigt Veränderungen bei der Verfolgung von Kritikern durch die KP Chinas im Ausland. Ein Kommentar.
Pure Manipulation: Verhaftung in London
Während einer Protestaktion vor dem britischen Parlament am 22. April 2021, damals wurde niemand verhaftet.Foto: JUSTIN TALLIS/AFP über Getty Images
Von 15. August 2022

Der australische Menschenrechtsaktivist Drew Pavlou wurde kürzlich vor der chinesischen Botschaft in London festgenommen.

Am 21. Juli ging er zur Botschaft in London, um gegen die Kampagne der chinesischen Regierung gegen das uigurische Volk in Xinjiang zu protestieren. Es war nicht sein erster Protest gegen die zügellosen Menschenrechtsverletzungen der KP Chinas, und es wird wahrscheinlich auch nicht sein letzter sein. Pavlou stammt aus Australien und kritisiert dort ebenfalls offen die KP Chinas.

Die Dinge nahmen eine überraschende Wendung. Die Metropolitan Police London traf ein und verhaftete sowohl Pavlou als auch den britischen Journalisten Harry Allen, der über den Protest berichtete. Pavlou verbrachte daraufhin etwa 23 Stunden in Isolationshaft und wurde verhört, ohne dass ihm ein Rechtsbeistand zur Seite gestellt wurde. Auch dem australischen Auslandsdienst wurde zeitnah kein Zugang gewährt.

Falsche Bombendrohung von gefälschter E-Mail

Es stellte sich heraus, dass jemand, wahrscheinlich ein chinesischer Internetnutzer, auf den geplanten Protest aufmerksam geworden war. Dieser schickte der chinesischen Botschaft eine falsche Bombendrohung von einer gefälschten E-Mail-Adresse mit der Unterschrift „Drew Pavlou“. Die Botschaft wiederum benachrichtigte die Polizei, und so begann die Geschichte. Und es ist noch lange nicht vorbei.

Gefälschte E-Mails aus China sind kein neues Phänomen. Neu ist, sie zu verschicken, um Kritiker im Ausland zum Schweigen zu bringen. Diese Fälschungen sind oft lächerlich schlecht – so auch diejenige, die vorgab, von Pavlou zu stammen.

Seit der ersten E-Mail an die chinesische Botschaft wurden eine ganze Reihe von E-Mails an britische Anwälte, Politiker und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen geschickt. Obwohl ich Pavlou nie getroffen habe und nicht behaupten kann, ihn zu kennen, landete heute Morgen ebenfalls eine in meinem Posteingang.

Die E-Mail, die ich erhielt, ist die Fälschung einer E-Mail, die angeblich von Pavlou stammt – sie gibt jedoch gleichzeitig vor, von der britischen Staatsanwaltschaft zu sein. Ich habe die E-Mail bei der Polizei zur Anzeige gebracht, weil sich der Autor als Staatsanwalt des Vereinigten Königreichs und als Person ausgibt.

Eine übliche Taktik

Das ist nichts Neues. Wir bei Safeguard Defenders haben schon öfter solche gefälschten E-Mails erhalten.

Eine behauptete, von der nationalen Sicherheitspolizei in Hongkong zu sein. Der Schreiber drohte einer Mitarbeiterin von mir mit Verhaftung, wenn sie nach Hongkong reisen würde und warnte vor der Möglichkeit, ausgeliefert zu werden.

Im Vereinigten Königreich, der Drehscheibe für chinesische und Hongkonger Menschenrechtsaktivisten in Europa, haben Anwälte, Politiker und NGO-Leute gleichermaßen ähnliche E-Mails erhalten, und zwar alle innerhalb des letzten Jahres.

Angesichts dieser Vorgänge ist es erstaunlich, dass die britische Polizei anscheinend nichts davon zu wissen scheint.

Wenn die britische Polizei wüsste, wie verbreitet diese Taktik ist, hätte sie wohl kaum einen bekannten Menschenrechtsaktivisten und einen britischen Journalisten so schnell verhaftet. Sie hätten den Protest einfach beendet und eine Untersuchung über die Herkunft der E-Mails eingeleitet.

Zum Glück für Pavlou wird seine Unschuld umso offensichtlicher, je mehr diese gefälschten E-Mails im Umlauf sind.

Und je mehr Aufmerksamkeit dieses Drama erhält, desto schneller kann die Polizei ihre Ermittlungen ändern: von der Untersuchung seiner angeblichen Bombendrohung zu Ermittlungen gegen chinesische Netizens, die (mit oder ohne Zustimmung der chinesischen Regierung) Kampagnen führen, um Kritiker im Ausland zum Schweigen zu bringen – auch auf britischem Boden.

An diesen Entwicklungen ist letztlich nichts Überraschendes. Es ist jedoch eine Lektion für britische und andere europäische Polizeibehörden.

Wie sollen sie mit etwas umgehen, das mit Sicherheit zu einem immer häufigeren und mit der Zeit immer raffinierteren Instrument zur Unterdrückung der Menschenrechte hier in Europa selbst werden wird?

Über den Autor:

Peter Dahlin ist Gründer der NGO Safeguard Defenders und Mitbegründer der chinesischen NGO China Action mit Sitz in Peking (2007-2016). Er ist Autor von „Trial By Media“ und Mitautor von „The People’s Republic of the Disappeared“. Er lebte von 2007 bis 2016 – bis zu seiner Verhaftung und Unterbringung in einem geheimen Gefängnis – in Peking. Anschließend wurde er abgeschoben und mit einem Berufsverbot belegt. Bevor er in China lebte, arbeitete er für die schwedische Regierung im Bereich der Geschlechtergleichstellung. Derzeit lebt er in Madrid, Spanien.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Activist’s Arrest in London Shows Changing Nature of Chinese Persecution Abroad“ (deutsche Bearbeitung ks)

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 57, vom 13. August 2022.



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