Regierungschef Nehammer will Bargeld in Verfassung verankern – Kritik: „Rechtsextreme Idee“

Bargeld gilt in Österreich als besonders beliebt – nun will der Bundeskanzler des Alpenstaates, Karl Nehammer, das Recht auf Bargeld und dessen Verwendung in der Verfassung festschreiben. Die Nachrichtenagentur „Reuters“ bezeichnet dieses Ansinnen als „rechtsextreme Idee“.
Bürgergeld
Bekommt Cash in Österreich Verfassungsrang?Foto: iStock
Von 9. August 2023

Das Thema Bargeld sei den Menschen sehr wichtig, sagte der Konservative Nehammer gegenüber österreichischen Medien. Und weiter: „Es ist mir wichtig, dass Bargeld in der Verfassung verankert wird.“ Er habe den österreichischen Finanzminister Magnus Brunner gebeten, bis zu einem Treffen mit den Banken im September einen Vorschlag auszuarbeiten. Es brauche „einen unmissverständlichen Rechtsrahmen, um es entsprechend abzusichern.“ „Denn immer mehr Menschen haben die Sorge, dass das Bargeld als Zahlungsmittel in Österreich eingeschränkt werden könnte.“

Als Schutz vor der Abschaffung des Bargeldes soll dieses nun in der Verfassung verankert werden. Dazu werde man versuchen, sich Mehrheiten auf parlamentarischer Ebene zu suchen, erklärte der österreichische Kanzler.  Ein „runder Tisch“ steht ebenso an wie eine „Taskforce“. Das österreichische Finanzministerium unter Magnus Brunner (ÖVP) ist vom Kanzleramt beauftragt, die Angelegenheit weiterzuverfolgen.

Bargeldsicherung „rechtsextrem“

Bemerkenswert in dem Zusammenhang ist die Reaktion von „Reuters“. Die Nachrichtenagentur titelte: „Der österreichische Staatschef unterstützt die rechtsextreme Idee, Bargeld in der Verfassung zu verankern.“  Zu diesem Rechtsruck des Bargeldes durch die Nachrichtenagentur kommentiert „Tichys Einblick“: „Man reibt sich verwundert die Augen: Unter dem Begriff ‚Rechtsextremismus‘ werden ultranationalistische, faschistische, neonazistische oder neofaschistische Ideologien zusammengefasst. Dass die Forderung nach einer Verankerung des Bargelds in der Verfassung plötzlich als rechtsextrem gilt, ist neu.“ Und weiter: „Man fragt sich, warum […] das Festhalten am Bargeld rechtsextrem ist.“

Die Verankerung von Bargeld in der Verfassung sei eine Idee, die die Freiheitliche Partei (FPÖ) seit Jahren vorantreibe, heißt es bei „Reuters“. Und genau, weil diese Forderung schon lange vonseiten der FPÖ erhoben wird, konterte FPÖ-Chef Herbert Kickl die neue Forderung von Kanzler Nehammer nach „Bargeldschutz“ mit den Worten: „Schämen Sie sich nicht, auf diese Weise Ideen von der ‚bösen und extremen‘ FPÖ zu stehlen? Haben Sie denn keine eigenen vernünftigen Ideen?“ Die Österreichische Nationalbank beteuert immer wieder, dass keine Abschaffung des Bargeldes geplant sei. Doch die FPÖ moniert, das Recht auf Bargeld und die Freiheit, anonym zu bezahlen, seien gefährdet.

Weltweit werden Einschränkungen von Bargeldzahlungen mit Schutz gegen Kriminalität begründet. Kritiker der Bargeldausdünnung befürchten, dass eine Totalüberwachung, der gläserne Bürger oder eine Zerrüttung der Demokratie drohen.

Mehrheiten benötigt für Verfassungsänderung

Für eine solche Verfassungsänderung bräuchte Nehammer eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Seine Partei koaliert mit den Grünen und die scheinen bei der Idee nicht mit im Boot zu sein: „Jeder hat die Freiheit, so zu bezahlen, wie er oder sie möchte. Diese Freiheit ist mit den derzeit bestehenden Gesetzen gut abgesichert“, winkte Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler ab.

Von der linken Opposition gab es scharfe Kritik, die SPÖ nannte Nehammers Bargeldvorstoß „eine plumpe Sommerlochdebatte“. Auch nicht besser kam die Idee bei den linksliberalen Neos an, sie redeten von einer „populistischen Scheindebatte“. Es würde also wahrscheinlich nur die FPÖ als Partner bleiben, wenn es darum geht, das Recht auf die Verwendung von Bargeld in die österreichische Verfassung aufzunehmen.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) setzt unterdessen eine „Task Force Bargeld“ ein, um die rechtlichen Rahmenbedingungen vorzubereiten. Zudem hatte Bundeskanzler Nehammer gemeinsam mit der Nationalbank einen Runden Tisch zum Thema Bargeldsicherheit und Versorgung für September angekündigt. Es sollen Vorkehrungen ausgearbeitet werden, um weiterhin die Bezahlung mit Bargeld sicherzustellen.

Bei vielen Österreichern gilt: „Nur Bares ist Wahres“

In der Alpenrepublik gibt es mit 1.600 Bankautomaten pro eine Million Einwohner die meisten Cash-Maschinen in Europa. Auch was Zahlungen mit Karten anbelangt, befindet sich Österreich im letzten Drittel der EU-Staaten. Laut einer Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Zahlungsverhalten in der Eurozone, bei der im Jahr 2021 und 2022 insgesamt 50.000 Menschen aus 19 Ländern befragt wurden, sind 59 Prozent der Transaktionen Barzahlungen. Drei Jahre vorher waren es laut EZB noch 72 Prozent.

Fast 66 Prozent der befragten Österreicher halten es demnach für wichtig, weiterhin mit Scheinen und Münzen zahlen zu können. Die Deutschen liegen mit fast 70 Prozent noch knapp davor. Zum Vergleich: Weniger wichtig ist die Barbezahlung mit 46 Prozent beispielsweise in den Niederlanden.



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