„Ring of Fire“: Experten warnen vor der Eroberung Israels durch die Hisbollah und den Iran

„Der Iran plant einen Ring aus Feuer um Israel“, eine „Vereinigung der Schlachtfelder“, warnen Geheimdienstexperten des Thinktanks Alma Center in Israel. Sie analysieren im Interview mit der israelischen Epoch Times die aktuelle Lage.
Titelbild
Ein kleiner Teil der libanesischen Hisbollah am 21. Mai 2023 bei einer Militärübung in Aaramta an der Grenze zu Israel.Foto: Anwar Amro/AFP via Getty Images
Von 22. Oktober 2023


„Wir bewegen uns auf einen Krieg mit der Hisbollah zu“, warnt Shadi Khalul, Major der Reserve der israelischen Streitkräfte und Analyst im Thinktank Alma Center. Er hat bei den Fallschirmjägern gedient. Gemeinsam mit der Gründerin des Thinktanks, Sharit Zehavi – sie ist ehemaliger Oberstleutnant des Geheimdienstes –, stellte er sich in einem Interview den Fragen des israelischen „Epoch Magazine“.

Der überparteiliche Thinktank Alma Center beschäftigt sich mit den Sicherheitsproblemen an der Nordgrenze Israels und deren Auswirkungen auf die israelische Bevölkerung. Das Institut informiert weltweit Regierungen, VIPs und hochrangige Experten über die geopolitische Situation im Nahen Osten.

Alle Mitarbeiter sind in Galiläa (einem Gebiet in Nordisrael) oder auf den Golanhöhen ansässig und direkt vor Ort. Die Forschungsabteilung leitet Tal Beeri, ein weltweit bekannter Experte für den Mittleren Osten mit den Spezialgebieten Hisbollah, Libanon und Syrien. Dass die Hisbollah den Krieg intensivieren will, befürchten auch andere Staaten.

Die Hisbollah gilt in vielen westlichen Ländern, darunter auch Deutschland, und in den Ländern der Arabischen Liga als Terrororganisation; sie ist in der Bundesrepublik verboten.

Shadi Khalul, was ist das Ziel der Hisbollah? Israel in den Konflikt hineinzuziehen?

Sie wollen nicht zugeben, dass sie den Krieg begonnen haben. Aber sie wollen, dass Israel darauf reagiert. Das Ziel ist es, Israel in diesen Konflikt hineinzuziehen, damit wir dann als israelische Seite beschuldigt werden können, ihn begonnen zu haben, und nicht sie. […] Die Hisbollah ist schlimmer als die Hamas. Es ist der Iran, wir kämpfen gegen den Iran. Der Iran ist der Masterplaner. Er ist der Scharfmacher, sie planen alles.

Haben Sie einen Einblick in die aktuellen Beziehungen des Irans?

In einer Studie haben wir die Besuche des iranischen Außenministers und die zwischen ihnen anberaumten Treffen im vergangenen Jahr verfolgt. Und wir haben die letzte Abstimmung zwischen Salah Al Arouri (Hamas, Libanon) und Hassan Nasrallah (Hisbollah) sowie dem iranischen Außenminister gesehen. [1] 

In den letzten drei Monaten gab es immer wieder Besuche und Abstimmungen; Hassan Nasrallah selbst reiste in den Iran. Wer auch immer das alles geplant hat, wir sind uns jetzt sicher, dass es die Iraner sind, angeführt von der Hisbollah und Nasrallah.

Sie wollen den Krieg – nicht, weil sie sich um die Palästinenser sorgen, die Palästinenser interessieren sie nicht, sondern wegen der iranischen Interessen. Sie glauben, dass die Hisbollah und alle schiitischen Milizen, die sie in der Region haben – von Syrien bis zum Libanon – bereit sind.

Sie glauben, dass sie jetzt bereit sind, nachdem sie in den letzten zehn bis zwanzig Jahren eine Menge Kriegserfahrung gesammelt haben, und dass dies der richtige Zeitpunkt für den Iran ist, uns in Schwierigkeiten zu bringen. Die Hamas war nur der Anreiz, uns in eine Konfrontation im Norden hineinzuziehen.

Warum braucht Israel die USA in dieser Sache? 

Der Iran hat die „Vereinigung der Schlachtfelder“ geplant, das wird „Ring of Fire“ genannt. Sie haben den Ring des Feuers um Israel herum geplant. Das alles ist durch Dokumente und Studien belegt. Wir brauchen die USA wegen der Iraner.

Wir kämpfen nicht gegen die Hisbollah. Wir können zwar mit der Hisbollah und allen anderen zugleich fertig werden, aber es ist nicht ausreichend für all die Truppen, die sie für uns geplant haben. Ihre Streitkräfte sind gut ausgebildet, sie verfügen über Waffen und Mittel, die ihnen vom Iran zur Verfügung gestellt werden. Und der Iran selbst hat das Korps der Islamischen Revolutionsgarden entsandt, um die Mission im Norden zu führen und sich auch daran zu beteiligen, wenn sie beginnt.

Deshalb dienen die amerikanischen Streitkräfte dazu, den Iran abzuschrecken und zu verhindern, dass er mit größeren Streitkräften aus dem Irak nach Syrien, auf die Golanhöhen und in den Libanon vordringt.

Von welchen Truppenteilen ist die Rede – Panzer? Gepanzerte Fahrzeuge? Artillerie?

Von Panzern und Milizen, die in großen Verbänden einmarschieren werden. So wie Israels Streitkräfte jetzt 360.000 Rekruten haben, haben sie schiitische Milizen mit Tausenden von Kriegern. Wir werden im Krieg vom Süden und vom Norden her beschäftigt sein.

Selbst die jemenitischen schiitischen Milizen werden Langstreckenraketen auf uns abfeuern. Sie werden auch israelische Araber gegen uns aufbringen. Schon jetzt verbreiten sie Lügen, die sie in den sozialen Netzwerken in Israel verbreiten, indem sie behaupten, es gäbe einen Aufruf an Juden, Waffen zu tragen und hinauszugehen und Araber zu töten. Das alles geschieht durch iranische Organisationen.

Sie sprachen von Panzern und Milizen. Haben Sie Zahlen? Handelt es sich um eine Division, zwei Divisionen?

Ich kann Ihnen die Zahlen nennen, die wir zur Hisbollah haben. Was den Iran betrifft, so weiß ich immer noch nicht, wie groß die Milizen sind, die sie hierher bringen wollen. Der Libanon hat 150.000 Granaten, sogenannte Mörser, und etwa 65.000 Lang- und Kurzstreckenraketen. Außerdem verfügen sie über etwa 10.000 Präzisionsraketen und 5.000 UAVs [2]. Alles zusammen ist eine gewaltige Streitmacht, die sie auf einen Schlag einsetzen können.

Stellen Sie sich vor, dass sie jetzt über 100 UAVs auf einmal abfeuern, in einem einzigen Eröffnungsschlag über dem Hafen von Haifa und dem Ammoniakdepot im Hafen von Haifa, auf sensible Gebiete, die Gasbohrinseln, das Verteidigungsministerium und die Kirya [3]. UAVs in großen Mengen. Unsere Verteidigung kann 90 Prozent abschießen, sie verfehlen auch manche – was bedeutet, dass 10 Prozent treffen.

Was die Kämpfer betrifft, so haben sie die Radwan-Truppe [4], ihre Eliteeinheit, und die Hisbollah selbst, die etwa 30.000 Mann stark ist. Sie haben auch Reservekräfte, die allein im Libanon 80.000 Kämpfer umfassen. Die Radwan-Truppe kann bis zu 50.000 oder sogar 100.000 Mann stark sein. Und das ist nur ihre Infanterie. Sie haben kein Problem damit, eines Tages zu sagen, dass sie Galiläa [5] mit 2.000 Radwan-Kriegern erobern werden, während die IDF-Soldaten schlafen und mit geschrumpften Kräften an der Grenze Routine-Sicherheitskontrollen durchführen. […] Wissen Sie, dass die Hisbollah auch über chemische Waffen verfügt, die sie einsetzen könnte? Sie haben eine Studie darüber veröffentlicht.

Sarit Zehavi, was denken Sie darüber? Major Shadi Khalul hat über die Eroberung Galiläas durch die Hisbollah-Kräfte gesprochen. Über chemische Waffen und Panzerabwehrstrategien, um Israel in den Krieg einzubeziehen – in der Hoffnung, dass die USA nicht eingreifen und ihnen helfen. 

Dies ist unser offizieller Standpunkt. Die Experten vom Alma Center sind nicht die einzigen, die das sagen. Diese Strategie ist im gesamten Bereich bekannt. Die Hisbollah hat einen Angriffsplan, der nicht so neu ist. Wir kennen ihn schon seit zehn Jahren, wenn nicht noch länger.

Sie sprechen über Pläne. Ich möchte etwas zu effektiven strategischen Bewertungen wissen.

Eine operative Einschätzung kann ich ihnen nicht geben. Dazu müssten sie sich an andere wenden, denn ich sitze nicht in einem Einsatzraum. Unsere Einschätzung als Forschungsinstitut kann ich ihnen geben, das sich mit den Sicherheitsrisiken im Norden Israels beschäftigt. Ich vertrete nicht offiziell den Staat Israel, und ich habe keine Ahnung, wie die offizielle Einschätzung aussieht.

Ich möchte Ihnen auch eine Frage stellen: Wenn die Hisbollah keinen Krieg will, warum hat sie dann in den letzten 18 Monaten mit Krieg gedroht, und warum hat sie seit Beginn dieses Krieges fast täglich Panzerabwehrraketen abgefeuert? Israel hat seit Beginn dieses Krieges im Libanon nichts unternommen.

Dies ist die alleinige Aktivität der anderen Seite, wer auch immer die andere Seite sein mag. Wenn sie keinen Krieg wollten und schreckliche Angst vor dieser Aussicht hatten – insbesondere nach der Erklärung über den Flugzeugträger – dann hätten wir sehen müssen, dass sie den Frieden bewahren und nichts tun, außer zu reden. Oder dass sie nur hier und da ein paar Hamas-Raketen abfeuern, wie wir es bei früheren Konfrontationen gesehen haben. Die Realität an der Nordgrenze entspricht im Moment nicht dem, was wir in früheren Konfrontationen gesehen haben.

Wenn ich also die Ideologie, die Propaganda, die Vorbereitung und alles, was im vergangenen Jahr passiert ist – Raketenbeschuss, Infiltrationen in Megido, Schüsse in Ghajar und die Hunderte Provokationen am Zaun, die von der UNIFIL gemeldet wurden, einschließlich der Überquerung der Grenze – zusammenzähle, dann ist es heute, nachdem wir die tatsächliche Bedeutung der Grenzüberquerung durch Aktivisten verstanden haben, nicht mehr vermessen zu sagen, dass ihre Aktivitäten ein operatives Ziel hatten; und nicht nur einen Gedankenkrieg.

Warum haben sie nicht angegriffen? Warum haben sie nicht den Überraschungsmoment genutzt?

Das ist eine gute Frage, auf die es verschiedene Antworten gibt. Eine der Antworten, die ich zu Beginn dieses Krieges gegeben habe, lautet, dass die Hisbollah unentschlossen ist, da sie keinen Krieg beginnen will, aber unter enormem iranischen Druck steht. […]

Dann habe ich angefangen, die Treffen in Beirut zu überprüfen. Wenn man sich die Treffen ansieht, die in Beirut zwischen dem Iran, Nasrallah, Beamten des iranischen Außenministeriums, Vertretern des Palästinensischen Islamischen Dschihad und der Hamas stattgefunden haben, sieht man, dass der iranische Außenminister nach Saudi-Arabien gereist und sofort in den Libanon zurückgekehrt ist. […] Sie haben eine organisierte Strategie. Vielleicht hat die Hisbollah den Iranern gesagt: „Wisst ihr was, wir werden Israel in den Krieg ziehen.“

Stimmt die Annahme, dass die Amerikaner Israel in jedem Fall helfen werden, unabhängig davon, wer den Krieg im Libanon beginnt?

Zunächst einmal bin ich mir nicht sicher, ob der Iran davon ausgeht, dass sich die Amerikaner überhaupt einmischen werden. Es ist ein Unterschied, ob man einen Flugzeugträger schickt oder ihn aktiviert.

Was die Iraner in der Ukraine sehen, ist, dass alle der Ukraine helfen wollen, aber in den letzten 18 Monaten war kein ausländischer Soldat auf ukrainischen Boden. Wenn wir über den Zusammenbruch der Abschreckungspolitik sprechen, dann meinen wir nicht die israelische Politik.

Hier haben sich globale und regionale Dinge ereignet, die größer sind als das, was der Staat Israel in der Lage zu tun ist. Als es dem Iran gelang, unbemerkt die Kontrolle über den Jemen, den Libanon und Syrien zu erlangen, war die Abschreckungsmethode zusammengebrochen.

Was erwartet uns im Falle eines umfassenden Krieges?

Wenn man einen Krieg beginnt, weiß man, wie er beginnt, aber man weiß nicht, wie er endet. Ich werde nur eine Sache sagen. Ich möchte, dass Sie in Ihrem Artikel die folgende Frage veröffentlichen: Was wird hier ohne eine Nordfront passieren?

Niemand will Krieg. Doch was wird hier in einem Monat, in sechs Monaten passieren, wenn die Amerikaner nach Hause gehen und die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte die Reservesoldaten entlässt? Wer wird mich vor dem Massaker verteidigen? Wird mich die Drohkulisse schützen? Es gibt keine Abschreckung mehr.

Ich kann deswegen nachts nicht schlafen. Wir können nicht hier sitzen und sagen, dass wir Geld in den Tresor der Sicherheitsräume legen, damit wir den Tresor bei einem Eindringversuch hinter die Tür schieben können. Wir können diese Diskussionen nicht führen.

Wenn wir jetzt nichts tun, wird die Zahl der toten Zivilisten hier viel größer sein als die, die Sie im Süden gesehen haben. Und die Gräueltaten werden nicht weniger schrecklich sein. Wenn man analysiert, was die Hamas getan hat, entspricht das übrigens genau dem Angriffsplan der Hisbollah.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Weitere Informationen

Im Video ist Hassan Nasrallah, der geistige und politische Führer der Hisbollah, in einer Aufnahme von 2013 zu hören. Auf „Al Manar TV“, dem offiziellen Kanal der Hisbollah, sind weitere Äußerungen von ihm zu finden. Im Video heißt es: „Ich sage den Mudschahidin [islamische Kämpfer] des islamischen Widerstands: Seid bereit für den Tag, wenn der Krieg in den Libanon kommt und die Militärführer des Widerstands euch auftragen, Galiläa zu erobern. Mit anderen Worten, Galiläa zu befreien.“

Anmerkungen

[1] Saleh al-Arouri ist stellvertretender Vorsitzender der Hamas und gilt als der militärische Kommandeur des Westjordanlandes, Hassan Nasrallah ist der dritte Generalsekretär der Hisbollah und eine wichtige politische und religiöse Figur in der libanesischen Politik.

[2] Unmanned Aerial Vehicles, unbemannte Luftfahrzeuge wie Drohnen.

[3] Die Kirya ist ein militärisches Areal in Tel Aviv, es beherbergt die wichtigste Basis des israelischen Militärs und ist Sitz wichtiger Regierungsbehörden und des Verteidigungsministeriums.

[4] Die militärischen Fähigkeiten der Hisbollah: Die Gruppe unterhält 15 Bataillone, darunter die Eliteeinheit Radwan. Die Radwan-Truppe ist nach Angaben der israelischen Armee eine der am besten ausgebildeten und ausgerüsteten Einheiten der Hisbollah. Sie besteht aus etwa 8.000 Kämpfern und ist für den Einsatz von Raketen und anderen Waffensystemen gegen Israel verantwortlich. Die Radwan-Truppe hat auch an Kämpfen in Syrien teilgenommen.

[5] Galiläas ist ein Gebiet im Norden Israels, es umfasst mehr als ein Drittel des Landes.

Der Artikel erschien zuerst in der israelischen Epoch Times unter dem Titel „“איראן תכננה את אחדות הזירות. זה מכונה Ring of Fire. הם תכננו טבעת של אש מסביב לישראל. הכול מגובה במסמכים ומחקרים““. (Deutsche Bearbeitung ks)



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