Russische Ärzte stimmen Verlegung von Nawalny nach Deutschland zu

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Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny beim EuGH in Straßburg.Foto: Jean-Francois Badias/AP/Archiv/dpa
Epoch Times21. August 2020

Im Streit um eine Behandlung des in Lebensgefahr schwebenden Kreml-Kritikers Alexej Nawalny in Deutschland haben die russischen Ärzte einer Verlegung des Patienten zugestimmt. Sein Team lehne „einen Transport in ein anderes Krankenhaus, das die Angehörigen uns nennen“ nicht mehr ab, sagte der stellvertretende Chefarzt des behandelnden Krankenhauses im russischen Omsk, Anatoli Kalinitschenko, am Freitag. Auf dem Flughafen von Omsk war am Morgen ein Flugzeug der Berliner Initiative Cinema for Peace gelandet, um Nawalny nach Berlin zu holen.

Die Frau des in Lebensgefahr schwebenden Kreml-Kritikers Alexej Nawalny hatte zuvor den russischen Präsidenten Wladimir Putin dazu aufgefordert, den Transport ihres Mannes zur Behandlung in einem Krankenhaus in Deutschland zu erlauben. „Ich beantrage offiziell bei Ihnen die Erlaubnis, Alexej Nawalny nach Deutschland bringen zu dürfen“, schrieb Julia Nawalnaja in einem im Onlinedienst Twitter veröffentlichten Brief. Die behandelnden Ärzte des Krankenhauses im sibirischen Omsk hatten zuvor gesagt, dass Nawalny nicht transportfähig sei.

In dem an Putin adressierten Brief heißt es weiter: „Ich bin der Ansicht, dass Alexej Nawalny qualifizierte medizinische Hilfe in Deutschland braucht“. Dazu sollten die bestehenden „Möglichkeiten für den sofortigen Transport Alexejs unter der Aufsicht hochqualifizierter Ärzte“ nach Deutschland genutzt werden. Am Freitagmorgen war ein von Aktivisten organisiertes Flugzeug aus Deutschland mit Ärzten an Bord in Omsk gelandet, das den Kreml-Kritiker nach Berlin bringen soll.

Der stellvertretende Chefarzt des Omsker Krankenhauses, Anatoli Kalinitschenko hatte zuvor gesagt: „Der Zustand des Patienten ist instabil.“ Es sei deshalb „ratsam, jeglichen Transport abzulehnen“.

Sprecherin: „Das Transportverbot für Alexej ist eine direkte Bedrohung für sein Leben“

Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch kritisierte diese Entscheidung der Ärzte im Onlinedienst Twitter: „Das Transportverbot für Alexej ist eine direkte Bedrohung für sein Leben.“ Es solle so nur Zeit gewonnen werden, damit „das Gift in seinem Körper nicht mehr nachgewiesen werden kann“.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies die Vorwürfe zurück. Der Beschluss, Nawalny nicht verlegen zu lassen, sei „eine rein medizinische Entscheidung“, erklärte er am Freitag in Moskau.

Bundesregierung steht in engem Kontakt mit russischen Behörden

Währenddessen steht die Bundesregierung im Fall des lebensgefährlich erkrankten, russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny mit den russischen Behörden in Kontakt. Ziel sei es, die private Initiative für eine medizinische Behandlung Nawalnys in Deutschland politisch „zu flankieren“, sagte Außenamts-Sprecherin Maria Adebahr am Freitag in Berlin. Zu der Frage der Transportfähigkeit Nawalnys sagte Regierungssprecher Steffen Seibert, dabei „sollten Ärzte seines Vertrauens einbezogen werden“.

Seibert betonte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei „bestürzt“ über den Zustand Nawalnys. Der Regierungssprecher verwies auf gestrige Äußerungen der Kanzlerin, wonach Deutschland bereit ist, ihm „wenn gewünscht jede denkbare medizinische Hilfe zuteil werden zu lassen“. Der Wunsch dazu müsse aus dem Umfeld Nawalnys kommen, sagte Seibert weiter. Der Vorwurf einer Vergiftung müsse „transparent geklärt“ werden.

Nawalny liegt bewusstlos in einem Krankenhaus im sibirischen Omsk, die Ärzte dort beschreiben seinen Zustand als instabil, weswegen es ratsam sei, „jeglichen Transport abzulehnen“. Ein privates Rettungsflugzeug war von Deutschland aus in der Nacht in Richtung Omsk gestartet, um ihn für eine Weiterbehandlung in die Berliner Charité zu bringen.

Russische Ärzte halten „eine Stoffwechselstörung“  für wahrscheinlicher

Nach Auskunft der Ärzte in Omsk wurde bisher kein Gift in seinem Körper gefunden. „Wir glauben nicht, dass der Patient vergiftet wurde“, hob Kalinitschenko hervor. Ihm zufolge ist „eine Stoffwechselstörung“ wahrscheinlicher. Diese könnte möglicherweise durch einen „starken Abfall des Blutzuckerspiegels“ verursacht worden sein. Nawalnys Vertraute sind aber dennoch von einer Vergiftung überzeugt.

Zu dem privaten Rettungsflug sagte Adebahr, die Aktion sei dem Auswärtigen Amt bekannt. Zu Einzelheiten könne sich die Bundesregierung aber nicht äußern. Es sei auch nicht möglich, den Gesundheitszustand Nawalnys von Deutschland aus zu beurteilen. Daher wolle sie darüber „auch nicht spekulieren“.

Seibert sagte, dass die Bundesregierung generell den Umgang mit der Opposition in Russland sehr genau beobachte. Der Fall Nawalny sei „nur ein Beispiel für den sehr problematischen Umgang mit Andersdenkenden in der Russischen Föderation“. Im Vordergrund stehe jetzt aber, „dass das Leben von Herrn Nawalny gerettet werden kann“.

Nawalnys Umfeld geht von Gift in seinem Tee aus

Der Putin-Gegner und Anti-Korruptions-Aktivist Nawalny war am Donnerstag ins Krankenhaus von Omsk eingeliefert worden, nachdem er zuvor in einem Flugzeug das Bewusstsein verloren hatte. Sein Umfeld geht davon aus, dass Gift in seinen Tee gemischt wurde.

Nawalny hat eine Stiftung gegründet, die immer wieder Fälle von Korruption und den dekadenten Lebensstil von Mitgliedern der russischen Elite aufdeckt. Zuletzt befand er sich auf Wahlkampftour durchs Land, um den Sieg regierungsnaher Kandidaten bei Regionalwahlen im September zu verhindern. Er wurde schon mehrfach festgenommen, mehrfach gab es auch körperliche Attacken gegen ihn. (afp)



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