Russland-Beauftragter fordert von Moskau Aufklärung zu Nawalnys Korruptionsvorwürfen

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Demonstranten halten ein Banner mit einer Abbildung von Alexei Navalny am Brandenburger Tor in Berlin am 23.01.2021.Foto: Omer Messinger / Getty Images
Epoch Times25. Januar 2021

Der Koordinator der Bundesregierung für die zivilgesellschaftlichen Beziehungen mit Russland, Johann Saathoff (SPD), hat von der Regierung in Moskau Aufklärung zu den gegen Präsident Wladimir Putin erhobenen Korruptionsvorwürfen gefordert. „Wenn die Vorwürfe nicht zutreffen sollten, kann die russische Regierung das ja ihren Bürgern gegenüber aufklären, statt sie festzunehmen“, sagte Saathoff der „Saarbrücker Zeitung“ (Montagsausgabe).

Das Team des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny hatte in der vergangenen Woche eine Recherche über einen Luxus-Palast am Schwarzen Meer veröffentlicht, der angeblich dem russischen Präsidenten gehören und durch Bestechungsgelder finanziert worden sein soll.

Putin habe die Korruptionsbekämpfung in der Vergangenheit immer als sein Ziel benannt, sagte Saathoff. „Hier wäre jetzt eine gute Gelegenheit, das im Konkreten darzustellen.“ Der SPD-Politiker verteidigte das Demonstrationsrecht und kritisierte das Vorgehen der russischen Sicherheitskräfte. „Friedliche Demonstranten müssen friedlich demonstrieren dürfen.“

Der Russlandbeauftragte sprach sich zugleich gegen neue Sanktionen aus. „Wirtschaftsbeziehungen abzubrechen, sobald es politisch schwierig wird, löst die Probleme nicht“, sagte Saathoff. Forderungen, wegen der Verhaftung Nawalnys die Gaspipeline Nord Stream 2 zu stoppen, lehnte er ebenfalls ab. „Beide Themen haben nichts miteinander zu tun.“

Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber, kritisierte die am Samstag erfolgten Massenfestnahmen in Russland als „nicht akzeptabel.“ Nawalny und die anderen „friedlichen Demonstranten“ müssten umgehend freigelassen werden, forderte der CSU-Politiker im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Dass die russische Führung versucht, mit den aufkeimenden Protesten kurzen Prozess zu machen und tausende Demonstranten festnehmen ließ, ist nicht akzeptabel.“

Weber forderte, die EU-Außenminister dürften sich in dieser Lage nicht „wegducken und es bei allgemeinen Appellen belassen“. Die EU müsse dort ansetzen, „wo es dem System Putin wirklich wehtut, beim Geld.“ Geldströme von Putins Gefolgsleuten im Ausland müssten unterbrochen werden, so der CSU-Politiker. Ebenso müsse ein Stopp der umstrittenen Pipeline Nord Stream 2 „auf dem Tisch bleiben“.

Rund 3.500 Festnahmen in Moskau

Bei den landesweiten Protesten von Anhängern des inhaftierten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny in Russland sind nach Angaben von Bürgerrechtlern am Samstag fast 3.500 Menschen festgenommen worden. Allein in Moskau habe es 1360 Festnahmen gegeben, teilte die Organisation OWD Info am Sonntag mit.

Mehrere Demonstranten wurden schwer verletzt. Die EU und die USA verurteilten das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Protest-Teilnehmer.

Zehntausende Menschen waren dem Aufruf Nawalnys gefolgt, gegen Staatschef Wladimir Putin auf die Straße zu gehen. Allein in Moskau waren es nach einer AFP-Schätzung 20.000 Menschen, in St. Petersburg etwa 10.000.

Insgesamt gab es Proteste in mehr als hundert russischen Städten von St. Petersburg im Westen bis Wladiwostok im Osten. Die Menschen skandierten unter anderem „Freiheit für Nawalny“ und hielten Protestplakate mit Aufschriften wie „Putin ist ein Dieb“ in die Höhe.

Die Polizei ging landesweit hart gegen die Demonstranten vor. Die meisten der insgesamt 3435 Festnahmen gab es laut OWD Info in Moskau, wo auch Nawalnys Ehefrau Julia Nawalnaja vorübergehend in Gewahrsam genommen wurde. Nach Behördenangaben befinden sich inzwischen die meisten Festgenommenen wieder auf freiem Fuß.

Das russische Investigativ-Komitee erklärte, es habe mehrere Ermittlungsverfahren gegen Demonstranten aus Moskau wegen Sachbeschädigung, Randale und Gewalt gegen Polizisten eingeleitet.

Staatsanwaltschaft von St. Petersburg geht Hinweisen auf mögliche Polizeigewalt nach

Die Staatsanwaltschaft von St. Petersburg teilte derweil mit, sie gehe Hinweisen auf mögliche Polizeigewalt bei den Protesten nach. Örtliche Medien hatten zuvor ein Video veröffentlicht, auf dem eine Demonstrantin mittleren Alters zu sehen ist, die zu Boden fällt, nachdem ein Polizist ihr in den Bauch trat.

Nach Angaben des Dschanelidse-Krankenhauses erlitt die Frau Kopfverletzungen und befindet sich auf der Intensivstation. „Ihr Zustand ist ernst“, sagte ein Krankenhausvertreter der Nachrichtenagentur AFP.

In Moskau waren nach offiziellen Angaben 29 Menschen mit Verletzungen ins Krankenhaus gekommen. Inzwischen hätten sie alle entlassen werden können, hieß es am Sonntag.

Der Westen verurteilte das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten scharf. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kritisierte bei Twitter die massenhaften Festnahmen und „den unangemessenen Einsatz von Gewalt. Er kündigte zudem Beratungen der EU-Außenminister über die „weiteren Schritte“ am Montag an.

Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian bezeichnete die Massenfestnahmen als „unerträglichen“ Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit und attestierte Russland einen „autoritären Drift“.

Die US-Regierung kritisierte das „harsche Vorgehen“ der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten und Journalisten. Sie rief die russischen Behörden auf, „all diejenigen freizulassen, die ihre universellen Rechte ausgeübt haben“.

Moskau wirft USA Einmischung in interne Staatsangelegenheiten vor

Moskau warf seinerseits den USA Einmischung in interne Staatsangelegenheiten vor, weil die US-Botschaft in Moskau eine Sicherheitswarnung im Zusammenhang mit den Protesten ausgegeben hatte. Dies sei „unangemessen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Sonntag. Indirekt habe Washington überdies die „ungenehmigten Proteste“ und somit Verstöße gegen das russische Gesetz unterstützt. Zuvor hatte eine russische Außenamtssprecherin kritisiert, dass die US-Botschaft Marschrouten der Demonstranten veröffentlicht habe.

Nawalny hatte zu den Protesten gegen Putin aufgerufen, nachdem er vor einer Woche unmittelbar nach seiner Rückkehr von Deutschland nach Russland verhaftet worden war. In Berlin war der 44-Jährige nach einem Giftanschlag im August behandelt worden, für den er den Kreml verantwortlich macht.

Die Demonstrationen am Samstag galten als wichtiger Test für die Mobilisierungsfähigkeiten der russischen Opposition. In Russland finden in diesem Jahr Duma-Wahlen statt. Der Nawalny-Verbündete Leonid Wolkow sagte AFP, er sei „stolz, sehr beeindruckt und inspiriert“ angesichts der hohen Beteiligung an den Demonstrationen. Die landesweite Teilnehmerzahl an den Protesten bezifferte er auf 250.000 bis 300.000. Für das kommende Wochenende will Nawalnys Team erneut zu Kundgebungen aufrufen.

Nawalny wirft dem Kreml Korruption vor. Diese Woche hatte sein Team eine Recherche über einen Luxus-Palast veröffentlicht, der angeblich Putin gehören und durch Bestechungsgelder finanziert worden sein soll. Das Video wurde seit Dienstag mehr als 70 Millionen Mal auf Youtube angesehen. Der Kreml bestreitet in dem Video erhobene Vorwürfe. (afp/er)



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