Russland will Nord Stream 2 ersetzen: EU-Sanktionen als Konjunkturprogramm für China?

Das Aus für Nord Stream 2 sollte Russlands Wirtschaft infolge der Militäroffensive in der Ukraine schaden. Doch nun springt Chinas KP als Gasabnehmer ein.
Hahn an einer Gaspipeline. Der russische Energiekonzern Gazprom hatte die Liefermenge durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland deutlich reduziert.
Hahn an einer Gaspipeline. Der russische Energiekonzern Gazprom hatte die Liefermenge durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland deutlich reduziert.Foto: Sergey Dolzhenko/EPA/dpa
Von 20. September 2022


Das vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz verkündete Aus für das bereits fertig gebaute und nach Angaben Russlands auch befüllte Pipeline-Projekt „Nord Stream 2“ soll die russische Wirtschaft angesichts der Militäroffensive in der Ukraine treffen. Am Donnerstag, 15. September, verkündete der Kreml, bereits einen Ersatzabnehmer für das Erdgas gefunden zu haben, auf das Berlin verzichtet: Nord Stream 2 wird demnach durch eine alternative Pipeline nach China ersetzt. Das berichtet „Euronews“.

Europa entgehen derzeit 110 Milliarden Kubikmeter günstiger Gaslieferungen

Nord Stream 2, deren Baukosten insgesamt bis zu elf Milliarden Euro betragen haben sollen, wurde im September 2021 fertiggestellt. Nachdem es bereits im Zertifizierungsprozess Verzögerungen gegeben hatte, verkündete Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz unter dem Eindruck der russischen Offensive in der Ukraine das endgültige Aus für das Projekt. Zuvor waren vor allem die USA und osteuropäische Staaten gegen das Projekt Sturm gelaufen, das zwar Deutschlands Versorgung mit günstigem Gas gesichert, gleichzeitig jedoch die energiepolitische Abhängigkeit Europas von russischen Versorgungslieferungen noch weiter verstärkt hätte.

Die maximale Kapazität von Nord Stream 2 hätte wie die mittlerweile de facto abgeschaltete Nord Stream 1 bei 55 Milliarden Kubikmetern pro Jahr gelegen. Über Nord Stream 1 war bis dato ein Drittel der russischen Gaslieferungen in die EU abgewickelt worden.

Die EU bemüht sich derzeit, für die fehlenden russischen Gaslieferungen Ersatz zu finden. Über den Seeweg transportierte LNG-Lieferungen sind jedoch erheblich teurer und Pipelines aus möglichen Ersatzlieferländern wie Aserbaidschan oder Israel müssen erst errichtet oder ausgebaut werden – zudem gibt es Erstzugriffsansprüche von Drittländern wie der Türkei. Einem finnischen Fernsehbericht zufolge kaufen derzeit Drittländer wie Indien oder KP-China russisches Gas auf und verkaufen es mit Gewinnaufschlag an westliche Länder weiter.

Neue sibirische Pipeline soll Nord Stream 2 ersetzen

Am Donnerstag bejahte Russlands Energieminister Alexander Nowak im öffentlich-rechtlichen russischen Fernsehen die Frage, ob es vonseiten des Kreml bereits eine Strategie gebe, um die ausbleibenden Einnahmen aus Nord Stream 2 zu ersetzen.

Nowak erklärte, dass Russland schon in Kürze mit der kommunistischen Führung in China eine Vereinbarung über die Lieferung von 50 Milliarden Kubikmetern Gas pro Jahr unterzeichnen werde. Immerhin, so der Minister, habe es seit Jahren Gespräche über die Verwirklichung des Projekts „Power of Siberia 2“ gegeben. Dieses werde künftig einen priorisierten Faktor der russischen Energiestrategie darstellen.

Die Pipeline wird Chinas energiehungrige Wirtschaft über die Mongolei aus dem Westen Russlands versorgen. Die Bauarbeiten sollen im Jahr 2024 beginnen.

Chinas KP bekommt zusätzliche Energielieferungen aus Russland

Die neue Pipeline zwischen beiden Großmächten wird perspektivisch die von Gazprom betriebene Pipeline Power of Siberia 1 ersetzen, die derzeit Erdgas von Ostsibirien in den Norden Chinas leitet. Zwar würden Russlands Gasexporte im Jahr 2022 um etwa 50 Milliarden Kubikmeter zurückgehen, bereits ab Beginn des nächsten Jahres würden die Exporte nach China aber um 20 Milliarden Kubikmeter erhöht.

Ein Faktor dafür ist der für Anfang 2023 geplante Anschluss des Kovytka-Feldes in der Nähe des Baikalsees an die Power of Siberia. Im Jahr 2025 soll die Pipeline mit mehr als 61 Milliarden Kubikmeter ihre maximale Kapazität erreichen.



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