Scholz in Afrika: Nigerias Präsident grundsätzlich bereit, Landsleute zurückzunehmen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich an den ersten beiden Tagen seiner dreitägigen Afrikareise in Nigeria für eine engere Zusammenarbeit stark gemacht: beim Einkauf von Energieträgern wie LNG oder Wasserstoff, aber auch in Sachen Migration.
Bundeskanzler Olaf Scholz ist zu Gesprächen mit dem nigerianischen Präsidenten Bola Tinubu nach Lagos geflogen.
Offensichtlich zuversichtlich: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Ankunft in Nigeria.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 31. Oktober 2023


Der nigerianische Präsident Bola Tinubu sieht offenbar kein Problem darin, seine Landsleute wieder auf dem Territorium seines Staates aufzunehmen, wenn sie keine Bleibeperspektive in Deutschland haben. „Ich stelle keine Forderungen auf“, sagte Tinubu Agenturangaben zufolge bereits am ersten Tag von Olaf Scholz‘ Besuch während einer gemeinsamen Pressekonferenz. Allerdings müsse die Identität der Rückkehrer eindeutig gesichert sein.

Nach Informationen der „Deutschen Presse Agentur“ (dpa) beherbergt Deutschland derzeit rund 14.000 ausreisepflichtige Asylbewerber aus Nigeria. 12.500 besäßen einen Duldungsstatus, „größtenteils, weil sie keine Ausweispapiere haben“.

Zwischen Januar und September 2023 hatten mehr als 1.800 Nigerianer Erstanträge auf Asyl in Deutschland gestellt – bei vergleichsweise geringen Anerkennungsquoten.

„Migrationszentren“ als Anlaufstelle verbessern

Während eines Termins auf dem Wirtschaftsforum in der nigerianischen Küstenmetropole Lagos sprach Scholz sich dafür aus, sogenannte „Migrationszentren“ vor Ort auszubauen. Künftig sollten diese Zentren aber nicht mehr nur als Anlaufstelle für Nigerianer dienen, die aus Deutschland in ihr Heimatland zurückkehren wollten. Nach den Vorstellungen von Scholz sollten die Zentren umgekehrt auch Beratungsleistungen für ausreisewillige Fachkräfte anbieten, die nach Deutschland auswandern wollten.

„Ich bin überzeugt, dass dies ein weiterer Bereich ist, in dem wir ein enormes Potenzial ausschöpfen können, das sich aus einer engeren Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern und zwischen unseren beiden Kontinenten ergibt“, betonte Scholz.

Scholz hofft auf LNG-Kontrakte

Gute Geschäftsmöglichkeiten sieht der Kanzler auch beim Handel mit Energieträgern. Nigeria habe jedenfalls „einen ehrgeizigen Plan für die Energiewende“ und sei auch gut aufgestellt, lobte Scholz.

Bei einem Pressetermin auf dem Wirtschaftsforum in Abuja, der zentralen Hauptstadt Nigerias, skizzierte Scholz eine stabile Zukunft des Landes als „zentraler Akteur“ für erneuerbare Energien, Wasserstoff und Flüssigerdgas („Liquid Natural Gas“, LNG). Gerade das LNG werde Deutschland „in den kommenden Jahren weiterhin brauchen“, und zwar so lange, „bis der Wasserstoffmarkt voll etabliert“ sei. Bislang bezieht Deutschland laut dpa vor allem Erdöl aus Nigeria: Die deutschen Handelsimporte bestehen zu 79 Prozent aus Rohöl.

Das gestiegene Interesse der Bundesregierung an afrikanischen Energielieferanten hängt auch mit der geopolitisch neuen Situation zusammen, bei der sich Deutschland unabhängiger von russischen Importen machen will, insbesondere von Gas. Dabei hatte die EU Afrika jahrelang bedrängt, auf den Abbau „fossiler“ Energieträger zu verzichten.

Grüne Lisa Badum mit Kanzler-Schelte

Harsche Kritik erntete Scholz bereits von der grünen Energiepolitikerin Lisa Badum. Es sei ein „Skandal“, dass Scholz „Unternehmen und Staaten bittet, ihre fossilen Investitionen im globalen Süden zu erhöhen“. Badum weiter:

Einen Klimakanzler, der aktiv wird, wenn es um neue fossile Quellen geht, aber beim Umstieg von dreckigem Erdgas zu Erneuerbaren Energien die Hände in den Schoß legt, können wir uns eigentlich nicht leisten.“

Deutschland größter Geldgeber für afrikanische Freihandelszone

Scholz hatte seinen Gastgebern auch Mut für einen zügigeren Aufbau der „Afrikanischen Freihandelszone“ („African Continental Free Trade Area“, AfCTFA) zugesprochen: Als Mitglied der EU kenne Deutschland die Vorteile regionaler Wirtschaftsintegration. „Deshalb unterstützen wir uneingeschränkt den Weg Afrikas hin zur AfCFTA, und zwar nicht nur als größter Geldgeber. Sondern auch, indem wir die Verhandlungen und die Umsetzung unterstützen“, erklärte der Kanzler.

Die AfCTFA besteht Agenturinformationen zufolge seit dem 1. Januar 2021. Sie soll perspektivisch bis 2028 den Handel zwischen den 54 Staaten Afrikas erleichtern. Zurzeit stellen hohe Einfuhrzölle und Bürokratie-Hürden noch starke Hindernisse dar. Später soll eine Zoll- und Währungsunion sowie ein gemeinsamer Markt dazukommen. Gemessen an der Zahl der Einwohner stellt die AfCTFA aktuell die weltgrößte Freihandelszone dar: In dem Wirtschaftsgebiet leben rund 1,2 Milliarden Menschen.

Nächste Station für Scholz: Ghana

Nach Nigeria steht bereits am Abend des 30. Oktober der noch etwas weiter westliche liegende, wesentlich kleinere Küstenstaat Ghana auf dem Reisekalender des deutschen Regierungschefs. Auch dort wird es um Energieeinkäufe, Sicherheitsfragen und Migration gehen.

Innerhalb seiner fast zweijährigen Amtszeit hatte Scholz den Kontinent bereits drei Mal besucht. Zunächst machte er Südafrika als bislang wichtigstem Handelspartner seine Aufwartung, dann dem ostafrikanischen Kenia, dem westafrikanischen Senegal und dem Saharastaat Niger. Gerade das westafrikanische Territorium zwischen dem Senegal, Niger und Kamerun gilt als besonders reich an Bodenschätzen wie Öl, Gas oder Gold. Andererseits tobt immer wieder der islamistische Terror in Westafrika.

Steinmeier in Tansania und Sambia

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) landete am Montag, 30. Oktober, in Afrika. Begleitet von einer Wirtschaftsdelegation, stehen vier Tage lang Besuche in Tansania und Sambia auf dem Programm. Auch dort geht es darum, bestehende Partnerschaften zu vertiefen und neue Kontakte für eine intensivere wirtschaftliche Zusammenarbeit zu knüpfen.

Migration: Faeser und Stamp hoffen auf Marokkos Entgegenkommen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat es nicht ganz so weit bei ihrer Reise: Ihr Ziel ist das nordafrikanische Mittelmeer-Anrainerland Marokko. Begleitet von Joachim Stamp (FDP), dem Sonderbeauftragten der Bundesregierung für Migrationsabkommen, will sie eine Regelung treffen, mit der Abschiebungen erleichtert und zugleich Zuwanderungen von Fachkräften vereinfacht werden.

Joachim Stamp, Sonderbeauftragter der Bundesregierung für Migrationsabkommen. Foto: INA FASSBENDER/AFP via Getty Images

(Mit Informationen aus Agenturen)



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