Selenskyj attackiert Merkel – Scholz kündigt weitere Sanktionen gegen Russland an
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy zu einer Reise in den von mutmaßlichen Gräueltaten betroffenen Ort Butscha aufgefordert. „Ich lade Frau Merkel und Herrn Sarkozy ein, Butscha zu besuchen und zu sehen, wozu die Politik der Zugeständnisse gegenüber Russland geführt hat“, sagte er am Sonntag in einer Videoansprache.
Im Jahr 2008 hätten die Nato-Staaten die Aufnahme der Ukraine in das Militärbündnis abgelehnt, aufgrund der „absurden Angst einiger Politiker“ vor Russland, sagte Selenskyj. Sie hätten geglaubt, „dass sie durch die Ablehnung der Ukraine Russland besänftigen könnten“.
Wegen dieser „Fehlkalkulation“ habe die Ukraine eine Revolution, acht Jahre Krieg im ostukrainischen Donbass und nun „den schlimmsten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg“ erlebt. Aber „wir geben nicht dem Westen die Schuld“, fügte der Präsident hinzu. „Wir beschuldigen niemanden außer dem russischen Militär und denjenigen, die ihnen Befehle gegeben haben.“
Selenskyj wirft Moskau „Völkermord“ vor
Die russische Armee hatte sich kürzlich aus der Region um Kiew zurückgezogen. Im Vorort Butscha wurden anschließend nach Angaben der ukrainischen Behörden hunderte Leichen von Zivilisten gefunden. Die Bilder und Videos aus dem Ort lösten international Entsetzen aus.
Selenskyj warf Moskau „Völkermord“ vor und beschuldigte russische Soldaten massiver Gräueltaten: „Warum wurden gewöhnliche Zivilisten in einer friedlichen Stadt zu Tode gefoltert? Warum wurden Frauen erdrosselt, nachdem sie ihnen die Ohrringe abgerissen hatten? Wie konnten sie Frauen vor den Augen der Kinder vergewaltigen und töten? Ihre Körper auch nach ihrem Tod verspotten? Warum haben sie die Körper von Menschen mit Panzern überfahren? Was hat Butscha Ihrem Russland getan?“
Der ukrainische Präsident kündigte einen „speziellen Justizmechanismus“ zur Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung russischer „Verbrechen“ in der Ukraine an. Daran beteiligt werden sollen demnach „nationale und internationale Experten, Ermittler, Staatsanwälte und Richter“. „Jeder, der sich solcher Verbrechen schuldig gemacht hat“, werde „gefunden und bestraft“, erklärte Selenskyj.
Russland weist Schuld für Massaker in Butscha von sich
Unterdessen hat Russland die Tötung von Zivilisten in Butscha dementiert. „Während der Zeit, in der diese Ortschaft unter der Kontrolle der russischen Streitkräfte stand, ist kein einziger Einwohner Opfer von Gewalttaten geworden“, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Sonntag. Alle Einwohner hätten die Möglichkeit gehabt, Butscha „in nördlicher Richtung frei zu verlassen“, während der Ort von Süden aus „rund um die Uhr von ukrainischen Truppen beschossen“ worden sei.
Die Fotos und Videos von Leichen in den Straßen von Butscha bezeichnete das russische Verteidigungsministerium als „eine weitere Produktion des Kiewer Regimes für die westlichen Medien“.
Die russischen Soldaten hatten sich nach Angaben des Ministeriums am Mittwoch aus Butscha zurückgezogen. Einen Tag zuvor hatte Russland angekündigt, seine militärischen Aktivitäten im Norden der Ukraine deutlich zu reduzieren. (afp/red)
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