Sicherheitskonferenz offenbart deutliche Differenzen zwischen Europa und den USA

Trotz zahlreicher Bekenntnisse zur Nato und zum Multilateralismus offenbarten sich am Samstag Meinungsverschiedenheiten in beinahe allen wichtigen politischen Fragen - von der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bis hin zur Handels- und Energiepolitik.
Titelbild
US-Vizepräsident Michael auf der Münchner Sicherheitskonferenz, 15. Februar 2019.Foto: Alexandra Beier/Getty Images
Epoch Times16. Februar 2019

Die Sicherheitskonferenz in München hat tiefgreifende Differenzen zwischen den USA und Europa deutlich zutage treten lassen: Trotz zahlreicher Bekenntnisse zur Nato und zum Multilateralismus offenbarten sich am Samstag Meinungsverschiedenheiten in beinahe allen wichtigen politischen Fragen – von der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bis hin zur Handels- und Energiepolitik.

Besonders deutlich wurde die Entfremdung beim Streit um das deutsch-russische Pipeline-Projekt Nord Stream 2. US-Vizepräsident Mike Pence richtete eine offene Warnung an Deutschland:

Wir können die Verteidigung des Westens nicht garantieren, wenn unsere Bündnispartner sich vom Osten abhängig machen.“

„Amerika stellt sich entschieden gegen Bemühungen, unsere Allianz durch politische Einmischung oder Energieressourcen zu spalten“, sagte Pence. „Wir danken allen unseren europäischen Partnern, die sich klar gegen Nord Stream 2 positioniert haben, und rufen die anderen auf, dies ebenfalls zu tun“ – eine direkte Spitze gegen Deutschland.

Merkel verteidigte hingegen das deutsch-russische Projekt:

Es ist richtig und wichtig, dass Europa in gewisser Weise die Hoheit über seine Gasversorgung und die Diversität seiner Gasversorgung behält.“

Bis vor Kurzem sei es gar nicht möglich gewesen, US-Gas zu beziehen: Wenn es künftig „bezahlbar“ und „vernünftig“ sei, spreche alles dafür, „dass wir auch amerikanisches Gas kaufen“, sagte Merkel. Sie bezog sich damit auf den möglichen Export von Flüssiggas (LNG) aus den USA.

US-Präsident Donald Trump kritisiert seit Monaten den Ausbau der Gaslieferungen aus Russland nach Deutschland und droht sogar mit Sanktionen. Das Pipelineprojekt Nord Stream 2 stößt vor allem auch in den Energie-Transitländern in Osteuropa auf Widerstand. Die Gegner warnen vor einer noch größeren Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen.

„Bewusst Russland auszuschließen, das halte ich auch für falsch“, sagte Merkel. Geostrategisch könne Europa kein Interesse daran haben, alle Beziehungen nach Russland zu kappen. „Ein russisches Gasmolekül bleibt ein russisches Gasmolekül – egal, ob es über die Ukraine oder ob es über die Ostsee kommt.“

Die Geschäftsführerin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagard (L) und Ivanka Trump, Tochter von US-Präsident Donald Trump, bei einer Podiumsdiskussion auf der 55. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) am 16. Februar 2019 in München. Foto: Alexandra Beier/Getty Images

US-Vizepräsident Pence wiederholt Forderung zu höheren Verteidigungsausgaben

Streit gibt es auch weiter bei der Nato-Lastenverteilung. Pence wiederholte in seiner Münchner Rede die Forderung der USA nach höheren Verteidigungsausgaben der Nato-Partner. Zum Ärger Trumps liegen viele europäische Staaten trotz verstärkter Bemühungen, darunter auch Deutschland, weit unter dieser Zielmarke.

Schon am Freitag hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eingeräumt, Deutschland müsse noch viel mehr tun.

Bekenntnisse zur Nato zogen sich durch nahezu alle Redebeiträge von Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian über Großbritanniens Verteidigungsminister Gavin Williamson und Polen Außenminister Jacek Czaputowicz am Freitag bis hin zu Merkel, die die Nato als „Stabilitätsanker in stürmischen Zeiten“ bezeichnete.

Grüße von Donald Trump waren nicht willkommen

Merkel wurde für ihre Rede im Plenum mit Ovationen bedacht. In scharfem Kontrast dazu stand die Stille am Freitagabend, als Pence bei einer Preisverleihung im Bayerischen Landtag die Grüße Trumps überbrachte.

Dissens gab es auch in der Syrien- und Iran-Politik: Zwar verfolgten die USA und Europa in der Region das gleiche Ziel – nämlich „die schädlichen Wirkungen des Iran einzudämmen“, sagte Merkel. Der angekündigte einseitige US-Abzug aus Syrien sowie Washingtons Rückzug aus dem Atomabkommen mit dem Iran drohe aber genau das Gegenteil zu erreichen.

Ähnlich verwundert äußerte sich Le Drian. Es bleibe ein „Geheimnis“, weshalb Washington in Syrien ein Machtvakuum zulassen wolle.

Pence‘ Kritik an den Bemühungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens das Atomabkommen zu retten, stieß ebenfalls auf Widerspruch. Der Vizepräsident hatte die Europäer aufgefordert, das Abkommen aufzugeben.

Merkel erteilte den US-Forderungen eine Abfuhr in Frageform: Ob es hilfreich sei, „das einzige noch bestehende Abkommen aufzukündigen“? „Oder helfen wir der Sache mehr, wenn wir den kleinen Anker, den wir noch haben, halten und daraus vielleicht auf anderen Gebieten Druck zu machen?“, fragte die Kanzlerin. (afp)



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