Spanier geben Rajoy eine neue Chance

Rajoys konservative Volkspartei (PP) behauptete sich bei der Neuwahl am Sonntag nicht nur als stärkste Kraft, sondern gewann entgegen den Prognosen noch Sitze hinzu. Allerdings blieb sie von einer absoluten Mehrheit erneut weit entfernt.
Titelbild
Wahl gewonnen, Regierung aber noch lange nicht gebildet: Spaniens geschäftsführender Ministerpräsident Mariano Rajoy, hier mit Frau Elvira Fernandez und der Generalsekräterin der Koservativen, Maria Dolores de Cospedal, gewann die Parlamentswahlen überraschend deutlich.Foto:  Javier Lizon/dpa
Epoch Times27. Juni 2016
Die Spanier setzen in komplizierten Zeiten auf Stabilität. Drei Tage nach der Brexit-Entscheidung der Briten verhalfen die Wähler des Euro-Landes ihrem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zu einem überraschend klaren Wahlerfolg.

Rajoys konservative Volkspartei (PP) behauptete sich bei der Neuwahl am Sonntag nicht nur als stärkste Kraft, sondern gewann entgegen den Prognosen noch Sitze hinzu. Allerdings blieb sie von einer absoluten Mehrheit erneut weit entfernt.

„Wir haben die Wahl gewonnen und wir nehmen für uns das Recht in Anspruch, zu regieren“, sagte der Regierungschef in der Wahlnacht vor einer großen Menge jubelnder Parteifreunde in Madrid. Rajoy ging gestärkt aus der Wahl hervor und verbesserte seine Chancen, die nächste Regierung zu bilden. Die rechtsliberale Madrider Tageszeitung „El Mundo“ titelte groß und wohl auch erleichtert auf Seite eins: „Die Spanier geben Rajoy eine neue Chance.“

Allerdings ist offen, welche Bündnispartner ihm zur notwendigen Mehrheit verhelfen. Bisher hatte keine andere Partei mit der – von vielen Korruptionsskandalen erschütterten – PP koalieren wollen. Die Neuwahl war notwendig geworden, weil sich die Parteien nach der Wahl vom 20. Dezember 2015 auf keine Koalition einigen konnten.

Spanien ist daher seit einem halben Jahr ohne eine gewählte Regierung. Der EU ist daran gelegen, dass die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Eurozone möglichst rasch eine stabile Regierung erhält, damit nach der Brexit-Entscheidung nicht zusätzliche Instabilität in einem großen Mitgliedstaat droht.

Nach dem vorläufigen Endergebnis kam die PP auf 137 der insgesamt 350 Sitze, 14 mehr als bisher. Die Sozialisten (PSOE) erhielten 85 Mandate, 5 weniger als bei der Dezember-Wahl. Sie erzielten ihr schlechtestes Ergebnis in der jüngeren Geschichte, behaupteten sich aber entgegen ersten Prognosen als zweitstärkste Kraft.

PSOE-Parteichef Pedro Sánchez erkannte den Wahlsieg der PP an und gratulierte Rajoy zum Erfolg. Er hatte im Wahlkampf ausgeschlossen, dass die PSOE den Konservativen in einer großen Koalition zu einer Mehrheit verhelfen würde.

Das Bündnis um die Linkspartei Podemos (Wir können) blieb mit 71 Sitzen – ebenso viele wie im Dezember – weit hinter den Erwartungen zurück und scheiterte überraschend mit seinem Ziel, die Sozialisten zu überholen. Die liberalen Ciudadanos (Bürger) kamen nach den Angaben des Innenministeriums auf 32 Sitze, 8 weniger als bisher. Die absolute Mehrheit liegt bei 176 Abgeordneten.

Brüssel hatte Madrid wiederholt aufgefordert, wegen eines überhöhten Defizits den spanischen Staatshaushalt zu korrigieren. Für eine solche Entscheidung bräuchte Spanien jedoch eine starke Regierung. Rajoy ist seit der Dezember-Wahl geschäftsführend im Amt und nur eingeschränkt handlungsfähig. Die Wahlbeteiligung war mit 69,8 Prozent geringen als im Dezember.

Nach einer Prognose des staatlichen Fernsehens TVE war zunächst ein Linksruck mit starken Stimmengewinnen von Podemos erwartet worden. Diese Erhebungen auf der Grundlage von Wählerbefragungen waren in der Vergangenheit ziemlich zuverlässig gewesen, erwiesen sich diesmal jedoch in der Wahlnacht als nicht korrekt. „Die Meinungsforscher erlebten in der Wahlnacht ein Debakel“, stellte die Zeitung „El Mundo“ in ihrer Online-Ausgabe fest.

(dpa)

Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion