Spannungsfeld Taiwan: Peking beschleunigt Invasionspläne und will Chip-Produktion dominieren

Schon seit Monaten fährt Peking eine aggressive Einschüchterungspolitik gegenüber Taiwan. Steht daher eine gewaltsame Vereinnahmung Taiwans bevor? Schenkt man den Einschätzungen amerikanischer Militärs Glauben, kann es sich nur noch um wenige Jahre handeln.
Von 7. April 2021

Wie ein Damoklesschwert schwebt der Anspruch des chinesischen Regimes auf Taiwan seit Jahrzehnten über der Insel. Als eine Garantiemacht für die Verteidigung Taiwans steht dabei die USA und die Politik des neuen US-Präsidenten Joe Biden unter Beobachtung, nachdem Ex-Präsident Donald Trump noch eine harte Linie gegenüber Peking gefahren war.

Interessanterweise hat vor allem die boomende taiwanische Halbleiterproduktion Begehrlichkeiten des Regimes geweckt, da durch Trumps Sanktionen das Land von der Chipversorgung für Huawei und Co abgeschnitten wurde.

Die Möglichkeit einer Invasion des Regimes wurde den Taiwanern am 26. März wieder deutlich vor Augen geführt. Nach Angaben des taiwanischen Verteidigungsministeriums drangen an dem Tag 20 chinesische Militärflugzeuge in die eigene Luftraumüberwachungszone (Air Defense Identification Zone, ADIZ) ein, darunter vier nuklear bewaffnete H-6K-Bomber, zehn J-16-Kampfjets, zwei Y-8-Flugzeuge zur U-Boot-Bekämpfung und ein KJ-500-Flugzeug zur Frühwarnung und Kontrolle. Es war die größte Aktion dieser Art, die das Ministerium je gemeldet hat.

Taiwans ADIZ, die an den territorialen Luftraum der Insel angrenzt, ist ein Gebiet, in dem sich ankommende Flugzeuge gegenüber der Flugsicherung der Insel identifizieren müssen.

Das Eindringen in die ADIZ ist der Höhepunkt einer deutlichen Zunahme von Feindseligkeiten Pekings gegenüber Taiwan seit 2020. Im vergangenen Jahr flog die chinesische Luftwaffe etwa 380 Einsätze in Taiwans ADIZ, die höchste Zahl in einem Jahr seit 1996. 1996 hatte das chinesische Militär fast täglich Flugzeuge in die ADIZ geschickt.

Die Küstenwache der Insel gab am 1. April bekannt, dass Peking mit unbemannten Drohnen in die Nähe der taiwanischen Insel Dongsha, die im nördlichen Teil des Südchinesischen Meeres liegt, geflogen ist. Die Behörde sagte, sie könne nicht ausschließen, dass Peking die Drohnen zu Aufklärungszwecken einsetzt.

Verschärfung der Rhetorik

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen, die im vergangenen Januar wiedergewählt wurde, hat eine harte Linie gegen die Bedrohung durch die Kommunistische Partei Chinas (KPC) eingeschlagen. Gleichzeitig hat die Insel ihre Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten vertieft, was das Regime dazu veranlasst hat, seine Kriegstreiberei gegenüber der Insel zu intensivieren.

Die KPC sieht Taiwan als einen Teil ihres Territoriums an und hat mit Krieg gedroht, um die Insel unter Kontrolle zu bringen. Neben den militärischen Aktionen hat das Regime auch seine Rhetorik verschärft. Anfang des Jahres drohte ein Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums mit einem Krieg gegen Taiwan, sollte es seine Unabhängigkeit erklären.

Am 31. März schrieb Hu Xijin, Chefredakteur des kämpferischen Staatsmediums „Global Times“, im chinesischen Social Media-Angebot Weibo, dass Taiwan gewaltsam geeint werden müsse und dass er im Falle eines Krieges wehrfähigen Männern befehlen würde, Bunker in Taiwan zu sprengen.

Der ungenannte chinesische Pilot eines chinesischen Flugzeugs, das wiederum am 29. März in Taiwans ADIZ eindrang, sagte: „Das gehört alles uns“, nachdem er vom Piloten eines taiwanischen Abfangjägers aufgefordert wurde, den Luftraum zu verlassen. Die Bemerkung des Piloten wurde von lokalen Medien bekannt gemacht, die sie von der Facebook-Seite „Southwest Airspace of TW“ hatten.

Größte Gefahr für einen Angriff: Nach den Olympischen Spielen 2022 in Peking

John Mills, der ehemalige Direktor für Cybersicherheitspolitik, Strategie und internationale Angelegenheiten im US-Verteidigungsministerium, glaubt, dass die Übergriffe Pekings Teil einer Reihe von Trockenübungen zur Vorbereitung einer Invasion Taiwans sind. Das erklärte er gegenüber der Epoch Times.

Mills prognostiziert, dass die Übungen in einem groß angelegten Trockenlauf in den nächsten zwei Jahren gipfeln könnten. Die Trockenübungen seien wegen der Komplexität amphibischer Landungsoperationen notwenig. Darüber hinaus habe das chinesische Militär noch nie eine Zwangslandung gegenüber einer feindlichen Macht durchgeführt.

Er glaubt, dass eine Invasion in den nächsten drei Jahren kommen könnte – viel früher als die Sechs-Jahres-Schätzung, die US-Admiral Philip Davidson, Chef des US-Kommandos für den Indopazifik (INDOPACOM), während einer Kongressanhörung Anfang März abgab.

„Wenn sie es in zehn Jahren nicht getan haben, denke ich, dass [der chinesische Führer] Xi [Jinping] wahrscheinlich aus dem Amt entfernt wird. Ich denke, dass sogar sechs Jahre übertrieben sind“, sagte Mills. Xi könnte unter Druck geraten, Taiwan anzugreifen, um die Aufmerksamkeit von internen Problemen wie etwa einer Wirtschaftskrise abzulenken.

US-Admiral John Aquilino, der Kandidat für die Nachfolge von Davidson als Leiter des INDOPACOM, lehnte bei seiner Anhörung im März Davidsons Sechs-Jahres-Schätzung ab. Ihm zufolge sei die Gefahr einer chinesischen Invasion „uns viel näher, als die meisten denken“.

Dieser Punkt wurde vom ehemaligen nationalen Sicherheitsberater H. R. McMaster aufgegriffen. Er erklärte im März, dass Xi in Bezug auf einen Angriff auf Taiwan glaube, dass er „ein flüchtiges, sich schließendes Zeitfenster“ habe. Nach McMaster ist die Zeit nach dem Ende der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking die Zeit „der größten Gefahr“ für Taiwan.

Aber im Moment sei das chinesische Militär noch nicht bereit für einen Angriff auf die Insel, sagte Mills. Je länger es jedoch mit dem Einmarsch warte, desto bereiter und wehrhafter werde Taiwan sein.

„Wir alle müssen uns über die Beschleunigung der Zeitabläufe bewusst sein und darauf vorbereitet sein“, warnte Mills.

Hauptziel Pekings: Taiwanische Halbleiterproduktion

Pekings Taiwan-Ambitionen rührten in erster Linie von dem Wunsch her, die Halbleiterproduktion der Insel in die Hände zu bekommen, so Mills. Taiwan ist die Heimat von TSMC, dem weltgrößten Auftragsfertiger von Chips.

China ist stark von ausländischen Halbleitern abhängig – winzige Chips, die technologische Geräte von Handys bis zu Raketen steuern. Laut „Bloomberg“ importierte China im Jahr 2020 Chips im Wert von 380 Milliarden Dollar, was etwa 18 Prozent aller Importe ausmacht.

Nach einer Reihe von Sanktionen, die die Trump-Administration gegen chinesische Unternehmen verhängt hat, kämpft das Regime nun darum, ausländische Halbleiter zu beschaffen. Die US-Sanktionen haben das Smartphone-Geschäft des chinesischen Technologieriesen Huawei lahmgelegt. Der chinesische Chiphersteller SMIC wurde auf eine schwarze Liste gesetzt.

Chinas Reaktion auf die Politik der USA

Soong Hseik-wen, Professor am Institute of Strategic and International Affairs (ISIA) der taiwanischen National Chung Cheng University (NCCU), erklärte gegenüber der Epoch Times, dass das chinesische Regime mit seinem Eindringen in die Luftraumüberwachungszone am 26. März ein Statement in Richtung der aktuellen Politik der US-Regierung abgegeben hat. Peking bewertet die jüngsten Aktionen der USA als eine eskalierende Konfrontation.

Soongs Meinung nach gehörten dazu das erste Vier-Parteien-Gipfeltreffen von Präsident Joe Biden mit den Staatsoberhäuptern Australiens, Indiens und Japans, das Treffen zwischen Außenminister Antony Blinken, Pentagon-Chef Lloyd Austin mit den japanischen Amtskollegen in Tokio und die chinesisch-amerikanischen Gespräche in Anchorage, Alaska.

„Diese drei Ereignisse haben gezeigt, dass es strukturelle Konflikte zwischen China und den Vereinigten Staaten gibt, die nicht durch diplomatische Verhandlungen gelöst werden können“, sagte er.

Die zweitägigen Gespräche in Anchorage waren am 18. März von einem hitzigen Schlagabtausch geprägt, bei dem der Spitzendiplomat der KPC, Yang Jiechi, die Außen- und Handelspolitik der USA scharf kritisierte und sich über die seiner Meinung nach schwächelnde Demokratie in den USA und die schlechte Behandlung von Minderheiten beschwerte.

Das Treffen machte deutlich, wie weit das chinesische Regime und die USA in kritischen Fragen auseinander liegen. Die chinesische Delegation wies die Bedenken der USA über Pekings Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang, das harte Vorgehen gegen den Freiheitswillen der Hongkonger und die Einschüchterung Taiwans mit der Begründung zurück, dies seien „innere Angelegenheiten“ Chinas.

Eine weitere Rolle für das Eindringen Chinas in die Luftraumüberwachungszone Taiwans könnte ein bilaterales Abkommen über die Zusammenarbeit der Küstenwachen Taiwans und der Vereinigten Staaten gespielt haben.

Mit dem Abkommen habe die US-Regierung „ausdrücklich gesagt“, dass die Küstenwache auch Teil ihrer maritimen Strategie zur Sicherung von Frieden und Stabilität in der Region sei, sagte Soong.

Es wurde am Tag vor dem Eindringen unterzeichnet und sei laut Soong ein klarer Versuch gewesen, Peking zurückzudrängen. Das Regime hatte im Januar zuvor ein Gesetz verabschiedet, das der Küstenwache erlaubt, bei Bedarf auf ausländische Schiffe zu schießen. Das hat bei den Nachbarn Chinas, darunter Japan, die Philippinen, Taiwan und Vietnam, große Besorgnis ausgelöst.

Verteidigung und Unterstützung Taiwans

Angesichts einer eskalierenden militärischen Bedrohung aus China sollte die Biden-Administration laut Mills eine eindeutige Abschreckungspolitik gegenüber der KPC verfolgen. Konkret sagte Mills, die Vereinigten Staaten sollten eine sichtbare Marine- und Luftwaffenpräsenz um Taiwan herum sowie im Ostchinesischen Meer und im Südchinesischen Meer aufbauen.

Die Stärkung von Taiwans Selbstverteidigungsfähigkeiten sei ebenfalls wichtig und die Biden-Administration sollte der Insel alle Waffen verkaufen, die sie in Übereinstimmung mit dem Taiwan Relations Act anfordert, so Mills. Nach diesem Gesetz sind die Vereinigten Staaten dazu verpflichtet, die Insel mit Waffen zu versorgen, die für ihre Selbstverteidigung benötigt werden.

Schließlich sei auch die Pacific Deterrence Initiative (PDI), die im Rahmen des Haushaltsgesetzes 2021 für das Pentagon geschaffen wurde, für die US-Streitkräfte bei der Verteidigung der Region von entscheidender Bedeutung, so Mills weiter. Die PDI, ähnlich wie die Europäische Abschreckungsinitiative, zielt auf die Sicherung fortschrittlicher militärischer Fähigkeiten ab, um China in der indo-pazifischen Region abzuschrecken.

Um sich gegen eine mögliche Invasion zu verteidigen, könnte Taiwan „nie genug Munition haben“, sagte Mills. Der jüngste Schritt der Insel, mit der Produktion von Langstreckenraketen zu beginnen, die tief in das chinesische Festland hineinreichen könnten, sei eine „große Sache“.

Soong schlug vor, dass die Biden-Administration Taiwan auf zwei Arten unterstützen könnte: Und zwar indem es Taiwan dabei hilft, in internationale Organisationen wie die WHO aufgenommen zu werden und das Land in eine „vertrauenswürdigen Industrie-Allianz“ einzubinden.

Die Biden-Administration könnte auch mehrere pro-taiwanische Gesetze durchsetzen, die vom ehemaligen Präsidenten Donald Trump unterzeichnet wurden, sagte Soong. Zu diesen Gesetzen gehören der Taiwan Travel Act, der TAIPEI Act und der Asia Reassurance Initiative Act.

Obwohl die Regierung Biden gesagt habe, ihr Engagement für Taiwan sei „felsenfest“, bleibt es laut Soong abzuwarten, wie ernst es der Regierung ist, die Insel zu verteidigen. Biden habe nie das Wort „Bedrohung“ in Bezug auf die KPC verwendet. Er habe das Regime lediglich als Amerikas „ernsthaftesten Konkurrenten“ bezeichnet.

Für die nahe Zukunft erwartet er kleinere militärische Konflikte zwischen den beiden Ländern, in deren Mittelpunkt er zwei von Taiwan kontrollierte Inseln im Südchinesischen Meer erwartet: Dongsha und Taiping. „Ich glaube, die Vereinigten Staaten und China befinden sich in einem neuen Kalten Krieg.“

Cathy He trug zu diesem Bericht bei.

Das Original erschien in The Epoch Times USA mit dem Titel: Beijing Accelerating Timeline for Possible Invasion of Taiwan, Expert Warns (deutsche Bearbeitung von mk)



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