Sri Lanka: Umstellung auf 100 Prozent Bio-Landwirtschaft gescheitert

Sri Lanka verkündete im Juni 2021 auf „100 Prozent organische Landwirtschaft“ umzustellen. Sechs Monate danach wurde die Politik verworfen, das Land kämpft mit einer drohenden Hungersnot.
Titelbild
Der Export von Tee bringt Sri Lanka mehr als zehn Prozent der Einnahmen des Landes ein, pro Jahr rund 1,25 Milliarden US-Dollar.Foto: iStock
Von 11. Juni 2022

Hochwertiger Ceylon Tee, Zimt, schwarzer Pfeffer, Gemüse, Obst, Kokosnüsse. Vier von zehn Menschen sind in Sri Lanka in der Landwirtschaft tätig, die Insel vor Indien ist durch Teeplantagen und den Anbau von Reis geprägt.

Im Jahr 2021 beschloss die Regierung, dass Sri Lanka das erste Land der Welt sein soll, das „100 Prozent organische Landwirtschaft“ betreibt. Der Familienclan Rajapaksa, der das Land regiert, verbot im Juni 2021 den Import von anorganischen Düngemitteln und Pestiziden und ließ sich für den rasanten Umstieg auf ökologische Landwirtschaft feiern.

Schon kurze Zeit später ging die landwirtschaftliche Produktion um die Hälfte zurück. Die Nahrung wurde knapp, die Situation in der Teeindustrie kritisch. Tee benötigt zwei bis dreimal jährlich Dünger. Düngemittel und Pestizide gehören zu den wichtigsten Importgütern der Insel, ebenso wie Fahrzeuge und Ersatzteile.

Im August 2021 hob die Regierung das Einfuhrverbot für die meisten chemischen Düngemittel „aus Angst vor politischen Auswirkungen“ wieder auf, wie „France 24“ meldete. Stickstoffdünger aus Harnstoff, der in der Tee-Industrie weit verbreitet ist, blieb weiterhin verboten. Die Landwirte sollten biologische Ersatzstoffe verwenden.

Einen Monat später rief die Regierung von Gotabaya Rajapaksas den wirtschaftlichen Notstand aus. Die Armee wurde angewiesen, die Versorgung mit wichtigen Gütern zu rationieren, Lieferungen von Händlern konnten beschlagnahmt werden. 

Im November – sechs Monate nach der Verkündung des Totalumstiegs auf „100 Prozent organische Landwirtschaft“ – wurde die Politik verworfen. Stickstoff-Düngemittel werden wieder importiert.

Die „Folgen sind unvorstellbar“

„Die Folgen für das Land sind unvorstellbar“, erklärte der 76-jährige Tee-Experte Herman Gunaratne. Er baut einen der teuersten Tees der Welt an. Das Verbot habe die Teeindustrie völlig durcheinandergebracht. „Wenn wir vollständig auf Bio-Produktion umsteigen, werden wir 50 Prozent der Ernte verlieren, (aber) wir werden keine 50 Prozent höheren Preise bekommen“, warnte er. 

Dank alter Düngemittelbestände erreichte die Tee-Ernte im ersten Halbjahr 2021 nochmals einen Rekordwert von 160 Millionen Kilo. Danach ging sie zurück, im ersten Quartal 2022 allein um 4 Millionen Kilogramm – ein Verlust von 73 Millionen Dollar.

Doch nicht nur die Teeindustrie ist betroffen, Nahrungsmittel für die einheimische Bevölkerung wurden knapp. Das Vorhaben „100 Prozent Öko“ sei ein „Traum mit unvorstellbaren sozialen, politischen und wirtschaftlichen Kosten“, stellte W.A. Wijewardena, früherer stellvertretender Gouverneur der Zentralbank und Wirtschaftsanalyst, fest. Die Ernährungssicherheit sei „kompromittiert“ gewesen, sie verschlechterte sich ohne Importe „Tag für Tag“.

Möglichst schnell Nahrungsmittel produzieren

Mittlerweile sind die Regale in den Läden leer, Tausende protestieren auf der Straße. Medikamente sind rar, lebenswichtige Nahrungsmittel oder Gas zum Kochen verteuerten sich um das Dreifache binnen eines Jahres. Die Menschen sind frustriert, wirtschaftliche und politische Kämpfe vermischen sich. Eine neue Massenbewegung, genannt „Aragalaya“, entstand. Sie fordert den Rücktritt von Staatschef Rajapaksa und seiner Regierung unter dem Slogan „Gota Go Home“ ebenso wie einen „Systemwechsel“.

Einige Mitglieder des Familienclans – wie Ministerpräsident Mahinda Rajapaksa – haben ihre Posten aufgegeben. Andere verlangen Hilfe aus dem Ausland und halten an ihrer Macht fest.

Es wird versucht, möglichst schnell Nahrungsmittel zu produzieren. Der neue Premierminister Ranil Wickremesinghe erklärte am 3. Juni, dass das Landwirtschaftsministerium ein Programm eingerichtet hat, um die Ernährung sicherzustellen. Das größte Problem seien aktuell fehlende Düngemittel und Kraftstoffe. „Städtische Landwirtschaft“ soll beitragen, die potenzielle Nahrungsmittelknappheit zu überwinden. Binnen fünf bis sechs Monaten könnte die derzeitige Notlage überwunden werden, wenn schnelle Maßnahmen ergriffen würden, so der Premier.

Am 4. Juni wies Staatschef Gotabaya Rajapaksa an, alle nicht ausgelasteten Flächen von Plantagenunternehmen zu identifizieren und zügig ein Programm für den Anbau von Nahrungsmitteln in Gang zu bringen. 

Möglicherweise ist es eine politische Beruhigungspille, wenn Wickremesinghe verlangt, neue Grundsätze zu befolgen, um sicherzustellen, dass künftig nicht die Fehler wiederholt werden, die die Krise verursacht haben. Der Familienclan ist weiterhin an der Macht.

Devisenmangel bremst Importe

Neben der selbst geschaffenen Ernährungskrise und Korruption kämpft die Insel noch mit dem Einbruch des Tourismus wegen der COVID-19-Maßnahmen. Dadurch gehen dem Land viele Millionen Dollar verloren.

Die Devisenreserven sanken von über 7,5 Milliarden Dollar (2019) auf rund 2,8 Milliarden Dollar im Juni 2021, berichtete „The Hindu“. Im November 2021 blieben noch 1,6 Milliarden Dollar. Im April 2022 wurde bekannt, dass die Regierung die Rückzahlung internationaler Kredite ausgesetzt hat. 

Internationale Schiedsgerichte beobachten die Verträge, die Sri Lanka abschließt, seit einiger Zeit sehr kritisch. Während der IWF „Strukturreformen und eine bessere Regierungsführung“ fordert, macht Sri Lankas Regierung eher Spekulanten für den Anstieg der Lebensmittelpreise verantwortlich. Aus westlicher Sicht müsste sich die Familie zurückziehen, die das Land zudem mehr in Richtung China getrieben hat, obwohl Indien nur 55 Kilometer entfernt ist. 

Ein Beispiel: Um das Projekt der „100 Prozent ökologischen Landwirtschaft“ zu retten, hatte die Regierung den Landwirten noch im September 2021 organische Düngemittel-Importe versprochen. Eine Lieferung von 20.000 Tonnen Dünger im Wert von 6,9 Millionen Dollar durch die chinesische Qingdao Seawin Biotech Group Co. wurde gestoppt, der Import untersagt – weil die Qualität nicht ausreichte und der Dünger bakteriell verunreinigt war. Die Ablehnung der Lieferung zog diplomatische Querelen nach sich.

China hat einen großen Fuß auf die Insel gesetzt, einige Regionen wie die Hafenstadt von Colombo wurden bereits als „eine weitere Provinz Chinas“ bezeichnet. Beispielsweise war im April 2021 im Gespräch, Port City gesetzlich aus der administrativen Kontrolle durch die lokale Regierungsbehörde herauszulösen und einer separaten (chinanahen) Kommission zu unterstellen. Es wurde befürchtet, dass diese Kommission Immunität genießen könnte und die Hafenarbeiter in Fremdwährungen bezahlt werden – durchaus in Yuan.

Kritische Stimmen von Agro-Fachleuten Sri Lankas

Prof. Rohan Rajapakse, ehemaliger Exekutivdirektor des Sri Lanka Council of Agriculture Research Policy und emeritierter Professor für Agrarbiologie, sowie andere Professoren analysierten am 27. Mai 2022 in der Tageszeitung „Sunday Island“ die Lage der Landwirtschaft Sri Lankas. 

Sie nennen den ökologischen Landbau „ein kleines Phänomen in der globalen Landwirtschaft“. Vollständig auf den Ökoanbau umzusteigen, könnte in Zukunft zu weitverbreitetem Hunger führen – was in Sri Lanka bereits Realität geworden sei. 

Sowohl der konventionelle als auch der ökologische Landbau würde zu Umweltproblemen führen, sagen sie. Sri Lanka hatte vor dem Regierungsbeschluss die Selbstversorgung mit Reis erreicht, was über ertragreiche Sorten geschah, die hauptsächlich darauf gezüchtet wurden, Dünger gut aufnehmen und verwerten zu können. Kompost könne nicht als Ersatz verwendet werden, denn organische Düngemittel hätten Schwächen bei der Versorgung der Pflanzen mit Stickstoff. Am besten sei eine Kombination von organischen und chemischen Düngemitteln.

Die Landwirte seien während dieser Zeit ermutigt worden, auf Bio-Dung umzusteigen. Allerdings beobachtete der Agrarbiologe, dass die Regierung nicht erkannt hatte, dass Sri Lanka gar keine so große Menge an organischem Dünger produzieren könne wie benötigt wurden. 

Ein anderer Fehler sei gewesen, noch hastig einen künstlichen Dünger namens „Nano Raja“ aus Indien zu importieren, um die Erträge möglichst doch zu steigern. Auch das sei nach hinten losgegangen: Die Bauern stellten fest, dass „Nano Raja“ Hunde und Wildschweine anzieht und warfen das Mittel weg. Sri Lanka kostete der Fehlkauf 863 Millionen Rupien (rund 2,24 Millionen Euro).

Schließlich versprach das Landwirtschaftsministerium denjenigen, die ihre Lebensgrundlage verloren haben, 50.000 Rupien (130 Euro) pro Hektar zu zahlen.

Doch die gesamten Kosten der „unlogischen Entscheidung, Düngemittel und Pestizide zu verbieten“, seien nicht bekannt, sagen die Agrarfachleute.

Die kritischen Wissenschaftler und Agrarexperten um Prof. Rohan Rajapakse fordern, dass sie endlich gehört werden. Sie würden weiterhin schikaniert und aus ihren Positionen entlassen, während diejenigen, die der Regierung geraten haben, auf organischen Dünger umzusteigen, weiterhin Autorität genießen. Sie befürchten, dass Sri Lanka weiterhin vor einer Hungersnot steht.



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