Still, leise, wirkungsvoll: Chinas unheimlicher Krieg in Kaschmir

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Bewohner neben den Überresten ihrer zerstörten Häuser nach grenzüberschreitendem Beschuss zwischen pakistanischen und indischen Streitkräften im Dorf Tehjain an der Line of Control (LoC), der De-facto-Grenze zwischen Pakistan und Indien, im Neelum-Tal im pakistanisch verwalteten Kaschmir am 14. November 2020.Foto: SAJJAD QAYYUM/AFP via Getty Images
Epoch Times17. Februar 2021

Angetrieben von seinen geostrategischen Ambitionen treibt China laut einem Kaschmir-Experten still und leise, aber wirkungsvoll eine Politik der uneingeschränkten Kriegsführung in Kaschmir voran. Eine Region, die Zeuge jahrzehntelanger Konflikte und Gebietsstreitigkeiten zwischen Indien und Pakistan ist.

Abhinav Pandya ist CEO der Usanas Foundation, einer in Indien ansässigen geopolitischen Denkfabrik. In einem Exklusivinterview sagte er der Epoch Times am 8. Februar:

Ich würde sagen, die Chinesen verfolgen eine viel unheimlichere, tiefere und größere Agenda in Kaschmir, die in ihren größeren regionalen und globalen geostrategischen Ambitionen wurzelt.“

Indien und China haben letzte Woche beschlossen, das seit zehn Monaten andauernde militärische Gefecht am See Pangong in Ladakh zu beenden.

Der Chef der indischen Armee, General Manoj Naravane, sagte am Freitag, 12. Februar, dass Chinas „wachsender Fußabdruck“ in Indiens Nachbarschaft und entlang dessen Grenzen ein Umfeld der „Konfrontation und des gegenseitigen Misstrauens“ geschaffen habe.

Pakistan, Indien, China

Kaschmir und Ladakh sind die nördlichsten Grenzgebiete Indiens und waren vor der politischen Neuordnung von Jammu und Kaschmir im Jahr 2019 Teil eines gemeinsamen Staates. Sie teilten sich Grenzen sowohl mit Pakistan als auch mit China.

Das nördliche Kommando der indischen Armee in Udhampur in Jammu zieht nach Ladakh oder an die östliche Grenze am National Highway One, der durch Kaschmir führt.

Pandya sagte, Indien sei immer „aufrichtig und fest“ in seinem Engagement für die Ein-China-Politik gewesen. China habe sich allerdings revanchiert, indem es indischen Bürgern aus Kaschmir und aus Arunachal Pradesh im Nordosten Indiens zusammengeheftete Visa ausgestellt habe. Dies sei eine Geste, die bedeute, dass China Indiens Souveränität über diese beiden Regionen nicht akzeptiere.

Seit den 1980er Jahren verfolgte China eine Politik der Neutralität in der Kaschmir-Frage. Eine Region, die der Auslöser für mehrere Kriege zwischen Indien und Pakistan war. Seit einigen Jahren hat China jedoch begonnen, den Menschen aus Jammu und Kaschmir lose, zusammengeheftete Visa auszustellen.

„Man kann niederträchtige Pläne erahnen, die nach Unehrlichkeit riechen. Vielleicht eine Art größeres geostrategisches Spiel“, sagte Pandya. Er fügte hinzu, dass China keine Lösung der Kaschmir-Frage wolle.

Es ist ihr langfristiges strategisches Spiel. Sie würden die Beilegung von Kaschmir nicht in diesem Sinne wollen. Sie würden nicht wollen, dass es an Pakistan geht oder ähnliches. Sie würden wollen, dass es ein gestörtes Gebiet bleibt, um Indien zu beschäftigen und unter Druck zu halten.“

Eine Karte der Region Kaschmir. Foto: US Central Intelligence Agency, 2004/Wikipedia gemeinfrei https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kashmir_Region_November_2019.jpg

Indiens Ressourcen in Kaschmir ausschöpfen

Pandya ist Autor des Buches „Radicalization in India: An Exploration“ (Radikalisierung in Indien: Eine Erkundung) und hat eine umfangreiche Feldforschung in Kaschmir betrieben.

China wolle ihm zufolge Indien mit einem Aufstand und lokalem Terrorismus in Kaschmir völlig verstrickt und „festgefahren“ halten. Es arbeite in dieser Hinsicht mit seinem Verbündeten Pakistan zusammen.

Sie wollen Indien in Kaschmir beschäftigt halten und ihre Kontrolle über die Ozeane etablieren. Dort sind sie verwundbar, da 60 Prozent ihrer Öllieferungen durch die Straße von Malakka laufen.“

Das Zentrum für Strategische und Internationale Studien (CSIS) stellt fest, dass 80 Prozent des Welthandels nach Volumen und 60 Prozent nach Wert über den Seeweg abgewickelt werden. 60 Prozent davon würden die Straße von Malakka passieren.

Durch die Straße von Malakka hat Indien eine größere Kontrolle über den Handel, da die Handelsroute von der Meerenge zur indischen Seegrenze führt. Pandya sagte, da Indien die Möglichkeit habe, diesen Punkt zu blockieren, schafften die Chinesen eine alternative Route durch die Neue Seidenstraße (Belt and Road Initiative).

Pandya erklärte, dass es in der Kaschmir-Region um einen uneingeschränkten Krieg zwischen Indien und China geht. Damit weicht er vom allgemeinen Verständnis ab, es würde nur zwischen Indien und Pakistan Konflikte geben. Er veranschaulichte das Konzept mit dem wirtschaftlichen Schaden, den der Konflikt in Kaschmir für Indien verursacht.

„China … glaubt an die Idee einer ungebremsten Kriegsführung. Für sie ist Krieg also nicht nur auf eine militärische Konfrontation beschränkt, die eine bestimmte Zeit lang andauert. Für sie geht es im Grunde darum, andere zu dominieren, andere in eine Art unterlegene wirtschaftliche und militärische Position zu bringen. Der Krieg geht also immer weiter. Sie würden Indien nicht als mächtigen und gegnerischen Nachbarn haben wollen. Alle ihre Ansprüche auf globale Überlegenheit würden nämlich flach fallen, wenn Indien als eine Art Herausforderer Chinas gesehen oder wahrgenommen wird“, sagte er.

Also würden sie auch wollen, dass Indien wirtschaftlich rückständig ist und unter Druck steht. Und Kaschmir ist ein großes, großes Theater, um Indien wirtschaftlich auszulaugen.“

Pandya sagte, Pakistan agiere mit China in einer „taktischen Übereinstimmung“ in Kaschmir.

„Die Chinesen würden einen Angriff im östlichen Theater [Ladakh] beginnen. Sie würden Pakistan auffordern, irgendeine Art von Terroranschlag auszuführen oder einen Bürgerprotest in Kaschmir zu organisieren, oder massive Waffenstillstandsverletzungen oder sogar einen Angriff an der westlichen Front [de facto Grenze zu Pakistan].“

Indische paramilitärische Kämpfer beziehen Stellung vor einer Schule nach einem Angriff auf indische paramilitärische Kämpfer in Srinagar, der Sommerhauptstadt von Jammu und Kaschmir, am 13. März 2013. Foto: TAUSEEF MUSTAFA/AFP/Getty Images

Chinesische Waffen in Kaschmir

Pandya äußerte, wenn Pakistan einen Terroristen ins Innere von Kaschmir schickt, würde das Land ihn mit zwei Arten von AK 47 Gewehren versorgen: Ein in Darra Khel [in Pakistan] hergestelltes Gewehr für nur 372-413 US-Dollar (27.000 bis 30.000 Rupien), und ein anderes, das in China hergestellt wurde, das AK47 für 689-827 US-Dollar (50.000 bis 60.000 Rupien).

Er verwies auf seine Feldforschung für sein demnächst erscheinendes Buch „Terror Financing in Kashmir“ und sagte, dass Pakistan weniger als 1,5 bis 2 Lakhs (2.300 bis 3.000 US-Dollar) für einen ausländischen Terroristen ausgebe, der nach Kashmir geschickt werde. Da es heutzutage genug einheimische Rekruten gebe, bräuchten sie keine ausländischen Rekruten und die Kosten, die für einen einheimischen Terroristen anfiellen, seien noch geringer.

Die indische Armee gebe laut Pandya mindestens 9.643 bis 11.021 US-Dollar (7-8 Lakhs) für jede Suchaktion (CASO) zur Neutralisierung von Terroristen in Kaschmir aus.

„An einem Tag werden Sie etwa 50 bis 60 CASOs in Kaschmir haben und von diesen 50 bis 60 CASOs stellen sich vielleicht zwei oder drei als erfolgreich heraus. Stellen Sie sich also vor, wie viel Geld Indien ausgibt.“ Er fügte hinzu, dass im Durchschnitt 16 Prozent der indischen Entwicklungsgelder an ein Prozent der indischen Bevölkerung in Jammu und Kaschmir gingen.

„Drumherum baut sich dann ein ganzes riesiges Konfliktnarrativ auf“, beschrieb Pandya die Situation, bevor Indien Jammu und Kaschmir in zwei föderal regierte Territorien umstrukturiert hätte: Das Unionsterritorium Jammu und Kaschmir und das Unionsterritorium Ladakh.

„Im Zuge des Konflikts ist es sehr schwierig, die Ausgaben nachzuweisen. Es ist schwierig, Leute zur Rechenschaft zu ziehen, und es ebnet den Weg für massive Korruption, riesige Korruption im Staat“, führte er weiter aus.

Eine Frau neben den Überresten ihres zerstörten Hauses nach grenzüberschreitendem Beschuss zwischen pakistanischen und indischen Streitkräften im Dorf Tehjain an der Kontrolllinie, der De-facto-Grenze zwischen Pakistan und Indien, im Neelum-Tal im pakistanisch verwalteten Kaschmir am 14. November 2020. Indische und pakistanische Streitkräfte lieferten sich am 13. November ihr größtes Artilleriegefecht des vergangenen Jahres, bei dem es auf beiden Seiten der umstrittenen Grenze zu Kaschmir mehr als 13 Tote und Dutzende Verwundete gab, wie Beamte mitteilten. Foto: SAJJAD QAYYUM/AFP via Getty Images

Chinas Ängste vor CPEC

„Indien weigerte sich also, dem CPEC [China Pakistan Wirtschaftskorridor] beizutreten, wie wir wissen. Die Chinesen vermuten, dass die Inder etwas tun könnten, um ihre CPEC-Interessen zu sabotieren. Schließlich führt der CPEC durch Gilgit-Baltistan, das rechtlich indisches Territorium ist[, aber derzeit unter pakistanischer Kontrolle steht]“, sagte er.

Pandya klagte an, dass der CPEC, der ein Knotenpunktprojekt von Chinas „Belt and Road Initiative“ ist, die Einheimischen in Gilgit-Baltistan und Belutschistan verdrängen würde. Die daraus resultierende Dynamik hätte einen stillen Krisenherd zwischen Indien und China in Kaschmir geschaffen.

„Die Auftraggeber, das heißt die pakistanische Armee, töten die Zivilisten. Es hat bereits Hass und Feindseligkeit erzeugt, die zu einer bewaffneten belutschischen Widerstandsbewegung gegen die CPEC-Aktivitäten und die illegale pakistanische Besetzung geführt haben. Aufgrund dieser prekären Situation befürchtet China, dass die Inder den lokalen Rebellen dabei helfen könnten, die Projekte des CPEC in Belutschistan zu sabotieren. Deshalb wollen sie Indien in irgendeiner Form unter Druck setzen. Und um das zu tun, ziehen sie es vor, Kaschmir am Brodeln zu halten“, sagte er.

In einem Artikel mit dem Titel „Repression und Revolte in Belutschistan“ von Zeus Hans Mendez heißt es, dass die Belutschen, eine Ethnie, unter den Nationen Pakistan, Iran und Afghanistan aufgeteilt seien.

Mendez zitierte die Geschichte. Er begründete, Pakistan habe in einer Reihe von politischen Ereignissen die Region zur Zeit der Gründung Indiens und Pakistans 1947 gewaltsam übernommen. Das Volk von Belutschistan habe währenddessen die Unabhängigkeit gewollt. Er beschrieb auch die Kämpfe zwischen der pakistanischen Armee und den Belutschen-Rebellen und den Verlust von Tausenden Soldaten und Kämpfern seit den 1970er Jahren.

„Da so viele Chinesen nach Belutschistan kommen werden, befürchten die Belutschen unumkehrbare demografische Veränderungen und zunehmende Ausgrenzung“, schrieb Mendez.

Er fügte hinzu, dass die Belutschen eine Reihe von erfolglosen Angriffen gegen den CPEC gestartet hätten. Ein leitender Belutschen-Führer hätte sowohl die Vereinigten Staaten als auch Indien dazu aufgerufen, ein unabhängiges Belutschistan zu unterstützen. Er bezeichnete den CPEC als „bedrohlich für die Interessen Indiens als auch die der USA“.

Ein pakistanischer Armeeoffizier (3. v. links) informiert den chinesischen Botschafter in Pakistan, Yao Jing, (4. v. links) und den pakistanischen Armeegeneralmajor Asif Ghafoor (2. v. links) sowie ausländische Diplomaten während ihres Besuchs in einem von grenzüberschreitendem Beschuss betroffenen Gebiet in Jura, einem Dorf im Neelum-Tal im pakistanisch verwalteten Kaschmir am 22. Oktober 2019. Foto: FAROOQ NAEEM/AFP via Getty Images

US-Politik

Pandya gab an, sofern die Biden-Administration es „aufrichtig“ mit Indien meine, müssten die Vereinigten Staaten erkennen, dass im sich verändernden geopolitischen Kontext Indien der „vertrauenswürdigste und glaubwürdigste“ Partner gegen China sei.

„In der Vergangenheit haben sie unter falschen Prioritäten gelitten und falsche Investitionen in Afghanistan getätigt. Sie haben Pakistan mit Milliarden Dollar unterstützt und Pakistan hat sie durch die Taliban und das Haqqani-Netzwerk weiter ausbluten lassen“, sagte er.

„Jetzt muss Präsident Biden feinfühlig sein. Er muss Indiens Sorgen und Sicherheitsprobleme angesichts des von Pakistan unterstützten grenzüberschreitenden Terrorismus verstehen. Hätten die USA Indien in der von Pakistan besetzten Kaschmir- und Gilgit-Baltistan-Frage unterstützt und fest an der Seite Indiens gegen Pakistan gestanden, hätte China sein CPEC in Gilgit Baltistan nicht durchgezogen“, sagte Pandya. China sei heute, wo sich die USA aus Afghanistan zurückziehen, bereit, mit seinem Verbündeten Pakistan als entscheidender Spielpartner aufzutreten.

„Wenn die USA wollen, dass Indien ihr zuverlässiger Partner gegen China ist, müssen sie fest an der Seite Indiens stehen.“

Dieser Artikel erschien im Original auf The Epoch Times USA unter dem Titel: The CCP’s Agenda in Kashmir (deutsche Bearbeitung von aa)



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