Strache von 1000 Fans gefeiert: „Moderner Rechtspopulismus ohne Antisemitismus und Nazi-Sch***“
Der Donnerstagabend (23. Januar.) stand in Österreich ganz im Zeichen des politischen Comebacks von Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Etwa 1000 Anhänger hatten sich in den Wiener Sofiensälen zum Neujahrsempfang der Partei „Die Allianz für Österreich“ (DAÖ) versammelt. Gleichzeitig übertrugen der öffentlich-rechtliche ORF und das Onlineportal oe24 Straches Rede. Der Chefredakteur von oe24, Niki Fellner, führte vor der Veranstaltung mit dem Ex-FPÖ-Chef auch ein Exklusivinterview.
Bei beiden Gelegenheiten bedankte sich Strache bei den „drei Musketieren“, wie er die drei früheren FPÖ-Landtagsabgeordneten rund um den Wirtschaftspolitiker Karl Baron nannte, die aus Partei und Fraktion ausgetreten waren und die DAÖ gründeten. Als Grund dafür hatten sie den Umgang in der FPÖ mit dem langjährigen Parteichef und dessen Frau Philippa genannt. Strache selbst sprach in diesem Zusammenhang von „falschen Freunden“, als die sich seine Kollegen in der FPÖ-Führung erwiesen hätten, und die nach der Wahlniederlage „ihr wahres Gesicht“ gezeigt hätten.
Comeback, um „Schäden von Ibiza wiedergutzumachen“
In seiner Rede wies Strache noch einmal auf die reibungslose Zusammenarbeit und die dadurch ermöglichten Erfolge hin, die aus seiner Sicht die türkis-blaue Koalition geprägt hätten. Nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos, über das er noch einmal sein Bedauern äußerte, sei er zurückgetreten, um die Fortsetzung dieses Bündnisses zu ermöglichen. Kurz habe ihm diese im Vorfeld auch zugesagt, ehe ein Streit um die Person des Innenministers die Regierung endgültig zum Platzen gebracht habe.
Strache bedauerte auch die Schäden, die durch das illegal angefertigte Video in seinem spanischen Urlaubsdomizil entstanden seien. Gegenüber oe24 erklärte der Ex-FPÖ-Chef, sich dafür mitverantwortlich zu fühlen, dass es nun zu dem „Linksruck“ gekommen sei, den das Land durch die Koalition aus ÖVP und Grünen erlebe. Wenn er wieder politisch aktiv werden würde – was er, „sobald einige Hausaufgaben gemacht sind“, ins Auge fasst -, sollte dies auch dem Zweck dienen, die Schäden aufgrund der Ibiza-Affäre wiedergutzumachen.
Für den politischen Niedergang der FPÖ sei jedoch nicht mehr er verantwortlich, sondern die neue Führung selbst. Neben dem unsolidarischen Verhalten ihm und seiner Frau gegenüber, die viele Mitglieder verstört habe, zeichne sich die Partei durch einen konfusen Kurs aus. Während Parteichef Norbert Hofer einen inhaltsleeren Anbiederungswahlkampf an die ÖVP betrieben habe, um wieder in eine Koalition zu kommen, nach der Wahl aber eine solche umgehend ausgeschlossen habe, falle Klubobmann Herbert Kickl durch Übertreibungen in die andere Richtung auf.
Strache will auf herkömmliche Funktionärsapparate verzichten
Die FPÖ sei keine Familie mehr, sondern implodiert und ohne Führung. In Wien bewege sie sich auf unter zehn Prozent zu. Wörtlich erklärte er in seiner Rede:
Ich bin noch der gleiche, aber die FPÖ ist eine andere geworden. Hier vor euch, in meiner Person, steht das Original.“
Inhaltlich betont Strache, den Werten der freiheitlichen Bewegung, die ganz wesentlich mit jenen des Jahres 1848 verbunden seien, stets treu geblieben zu sein. Auf diesen müsse auch eine künftige neue Bürgerbewegung beruhen, die jedoch nicht nach den Mustern herkömmlicher Funktionärsapparate funktionieren solle. Anstelle von Berufspolitikern und Funktionären, die weitgehend unter sich blieben, sollte die neue Bürgerbewegung, für die er sich einsetzen wolle, von Menschen getragen sein, die mitten im Leben stünden, einen Beruf ausübten, von der Politik unabhängig wären und den Kontakt zur Bevölkerung nicht scheuten.
Die Politik des Dritten Lagers sei in der Zeit, in der er die Partei geführt habe, in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Ursache ist, dass die Menschen im Land gemerkt hätten, dass die freiheitliche Bewegung die richtigen Themen anspreche und es mit ihren Lösungsansätzen ernst meine.
Strache betonte auch, dass er in der Zeit seiner Obmannschaft in der FPÖ vehement für eine scharfe Abgrenzung zu extremistischen Tendenzen eingetreten sei. Dies müsse auch künftig deutlich werden. Gegenüber oe24 erklärte er, die neue Bürgerbewegung müsse einen „modernen Rechtspopulismus ohne Antisemitismus und irgendwelche Nazisch***-Geschichten oder Einzelfälle“ vertreten.
Deutliche Worte zur Mahnung von Auschwitz
In seiner Rede ging er auf den bevorstehenden Gedenktag anlässlich des 75. Jahrestages des Vernichtungslagers Auschwitz ein. Der dortige industrielle Massenmord sei Ausdruck einer Entwicklung, die sich nie wieder wiederholen dürfe. Strache erklärte in diesem Zusammenhang:
Gerade als Patrioten und Gerechtigkeitsfanatiker, die wir sind, ist es unsere Verpflichtung, alles zu tun, damit man mit Menschen und anderen Völkern respektvoll umgeht. Das ist unser Anspruch. Denn nur wer seine Heimat liebt und schätzt und ein wahrer Patriot ist, der respektiert auch andere Kulturen letztlich in der Verantwortung, ein Patriot zu sein.“
Die neue Bürgerbewegung, die Strache für notwendig hält, dürfe sich auch nicht „vom Klimahype einlullen“ lassen. Die Weltuntergangsszenarien, mit denen die Öffentlichkeit bombardiert werde, dienten vor allem dazu, die Menschen von den tatsächlich drängenden Themen abzulenken – etwa von der demografischen Entwicklung und den immer noch spürbaren Benachteiligungen von Menschen, die nach Jahren eines engagierten Berufslebens in Not gerieten.
Eine Umfrage des Instituts Research Affairs für oe24 zufolge würde die DAÖ, die mit ihrem derzeitigen Namen als Plattform für ein politisches Comeback Straches wahrgenommen wird, allerdings außerhalb Wiens noch über keinerlei Strukturen verfügt, mit vier Prozent bundesweit aus dem Stand in den Nationalrat einziehen. Die FPÖ hingegen verliert weiter an Terrain und käme derzeit auf 12 Prozent.
SPÖ vor Lebenszeichen im Burgenland
Erstmals seit den 1980er Jahren, sieht man von den Besonderheiten der vorgezogenen Wahlen des Jahres 2002 nach dem „Knittelfeld-Treffen“ ab, bewegt sich die ÖVP wieder auf die 40-Prozent-Marke zu und stabilisiert sich als die eindeutig bestimmende Kraft im bürgerlichen Lager. Unterdessen haben die Grünen mit 17 Prozent die SPÖ überholt, die nur noch auf 16 Prozent kommt. Die linksliberale Partei NEOS bleibt bei 11 Prozent.
Am kommenden Sonntag finden im Burgenland Landtagswahlen statt. Vor allem für die SPÖ, die im östlichsten Bundesland traditionell stark ist, stellt dies eine Gelegenheit dar, unter Landeshauptmann und Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil wieder ein Ausrufezeichen zu setzen.
Umfragen zufolge können die Sozialdemokraten mit deutlich über 40 Prozent rechnen. Der in der Steiermark geborene frühere Landespolizeidirektor des Burgenlandes gilt als Hardliner in der Einwanderungspolitik. Dass in der SPÖ der Ruf ertönt, Doskozil solle die derzeitige Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner auf Bundesebene ablösen, erscheint nur noch als eine Frage der Zeit. Je höher Doskozils Ergebnis ausfällt, umso lauter dürften die diesbezüglichen Stimmen werden.
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