Proteste gegen Rentenreform in Frankreich: Streikende hoffen auf Online-Spenden

Den Protestierenden gegen die Rentenreform in Frankreich geht das Geld aus. Denn anders als in Deutschland sind Streikkassen bei fast allen Gewerkschaften Fehlanzeige.
Titelbild
Protest in Frankreich.Foto: Kiran Ridley/Getty Images
Epoch Times17. Dezember 2019

Die seit rund zwei Wochen andauernden Proteste gegen die Rentenreform in Frankreich gehen für viele Streikende ins Geld: Denn anders als in Deutschland sind Streikkassen bei fast allen Gewerkschaften Fehlanzeige. Wer die Arbeit niederlegt, ist in der Regel auf Spenden, Erspartes oder Kredite angewiesen. Ein Überblick:

STREIKKASSEN? FEHLANZEIGE!

Nur eine einzige Gewerkschaft in Frankreich hat eine Streikkasse: Die Confédération française démocratique du travail (CFDT). Die größte französische Gewerkschaft zählt rund 800.000 Mitglieder. Bei den derzeit Streikenden im öffentlichen Dienst ist sie allerdings nicht so stark vertreten.

Die Streikkasse der CFDT zahlt an ihre Mitglieder eine „Finanzspritze“ von 7,30 Euro pro Stunde bei Vollzeit. Das ist deutlich weniger als der Mindestlohn von derzeit rund zehn Euro pro Stunde brutto. „Für Niedrigverdiener ersetzt das aber zumindest einen Teil ihres Lohnverlustes“, wie Sébastien Mariani von der Bahnsparte der CFDT sagt.

SPENDENSAMMELN IM INTERNET

Deshalb sammelt die CFDT im Internet zugleich Spenden, um „die Mitarbeiter der Staatsbahn SNCF finanziell zu unterstützen, die seit dem 5. Dezember streiken“. Ähnlich gehen auch andere Gewerkschaften vor, wie etwa die Union Nationale des Syndicats Autonomes (UNSA). Sie ist nach eigenen Angaben „pragmatisch und reformorientiert“ und befürwortet Verhandlungen mit der Regierung über die Rentenreform.

Bei Online-Spendenaktionen sind viele Franzosen spendabel: Im vergangenen Jahr kamen bei einer solchen Aktion einer Gewerkschaft rund eine Million Euro zusammen. Dennoch floss an jeden Streikenden nur ein symbolischer Betrag von sieben bis 15 Euro pro Tag.

EINBUßEN FÜR MITARBEITER BEI BAHN UND PARISER NAHVERKEHR

Finanziell besonders betroffen von dem Streik sind die Mitarbeiter der Bahngesellschaft SNCF und der Pariser Nahverkehrsgesellschaft RATP, von denen viele am Dienstag bereits den 13. Tag in Folge die Arbeit niederlegten. Sie sind häufig in der Gewerkschaft Confédération générale du travail (CGT) organisiert, die einen Kompromiss mit der Regierung bei der Rentenreform ablehnt.

Bei der CGT gibt es lediglich „örtliche Solidaritäts-Kassen“, wie ihr Sprecher Cédric Robert sagt. Durch den Ausstand verlieren Bahnmitarbeiter nach seinen Angaben im Schnitt zwischen 60 und 100 Euro Gehalt täglich.

ANGEWIESEN AUF KREDITE ODER ERSPARTES

Wer keine Unterstützung bekommt und trotzdem streiken will, ist auf eigene Mittel angewiesen. Mitarbeiter der Bahn und des Pariser Nahverkehrs können auf die bereits ausgezahlte Jahresprämie zurückgreifen. Andere – darunter Lehrer oder Pflegekräfte in Krankenhäusern – „müssen es wie alle Franzosen machen, die Probleme am Monatsende haben“, sagt Thierry Babec von der Unsa: Kredite aufnehmen oder auf ihr Erspartes zurückgreifen.

Bei dem insgesamt 36-tägigen Bahnstreik im vergangenen Jahr verschuldeten sich viele Mitarbeiter massiv. Die Bahnreform von Präsident Emmanuel Macron wurde dennoch weitgehend ohne Abstriche verabschiedet. (afp)

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