Sudanesische Kämpfer besetzen Biolabor mit gefährlichen Krankheitserregern

Trotz vereinbarter Waffenruhe haben Kämpfer im Sudan ein Biolabor in der Hauptstadt belagert. Darin lagern Proben von gefährlichen Krankheitserregern wie Polio, Cholera und Masern. Die WHO warnt vor einem „enormen biologischen Risiko“.
Titelbild
Ein Mensch trägt einen Schutzanzug in einem Biolabor. (Symbolbild)Foto: iStock
Von 26. April 2023


Am Dienstag, 25. April, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Alarm geschlagen: Im Sudan haben Kämpfer ein Biolabor in der Hauptstadt Khartum besetzt, in dem Proben von gefährlichen Krankheitserregern wie Polio, Cholera und Masern lagern. Ein WHO-Sprecher warnt vor einem „enormen biologischen Risiko“ und bezeichnet die Lage als „extrem, extrem gefährlich.“ Zu welcher Gruppe die Kämpfer gehören, ist derzeit nicht bekannt.

Seit rund drei Wochen liefern sich im Sudan zwei große Militärapparate unerbittliche Kämpfe: Die sudanesischen Streitkräfte unter General Abdel Fattah al-Burhan und die paramilitärischen Rapid Support Forces, kurz RSF, unter Führung seines Stellvertreters Mohammed Hamdan Daglo.

Trotz einer seit Mitternacht von Montag auf Dienstag geltenden 72-Stunden-Waffenruhe ist es laut Medienberichten am Dienstag in der Hauptstadtregion erneut zu Luftangriffen gekommen. Vor allem soll dabei die Stadt Omdurman in den Fokus gerückt sein, die unmittelbar an die Hauptstadt Khartum angrenzt.

Labortechniker haben keinen Zugang mehr zum Labor

Wie der WHO-Vertreter im Sudan, Nima Saeed Abiden, warnt, sei in dem besetzten Labor biologisches Material gelagert, das auf keinen Fall freigesetzt werden dürfe.


Zudem hätten die Labortechniker keinen Zugang mehr zu dem Labor, „um das vorhandene biologische Material und die Substanzen sicher zu verwahren”.

Wer finanziert das Labor?

Trotz der offiziellen Angabe, dass dort Erreger „wie Masern, Polio und Cholera“ aufbewahrt werden, ist nicht bekannt, ob noch weitere Substanzen dort gelagert sind. Auch wer das Labor betreibt und finanziert, wird nicht genannt.

Auf der Website des Labors heiße es laut „Telegraph“ nur, dass es von Ländern wie China, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Südkorea und internationalen Organisationen wie der WHO, dem Welternährungsprogramm und der Weltbank unterstützt wird.

Laut Hamish de Bretton-Gordon, einem ehemaligen Befehlshaber der chemischen, biologischen und nuklearen Verteidigungseinheit des britischen Militärs, sei „die Gefahr, dass Menschen in den Besitz tödlicher Krankheitserreger gelangen und sie für böswillige Aktivitäten einsetzen, offensichtlich groß“, so der „Telegraph“ weiter. Seiner Meinung nach sollten die Vereinten Nationen jetzt darauf drängen, dass die Sicherheit des Labors gewährleistet ist.

 Wenn die falschen Leute in den Besitz dieses Materials kommen, könnte das zu einer großen Katastrophe führen“,

befürchtet der Brite.

Russische „Wagner-Gruppe“ unterstützt RSF-Miliz

Bei den seit 8. April ausgebrochenen Kämpfen der zwei Fraktionen innerhalb der sudanesischen Militärregierung sind bereits über 400 Menschen umgekommen.

Laut einem Bericht von CNN hätten „sudanesische und regionale diplomatische Quellen“ gegenüber dem Medium erklärt, dass Russland die Rapid Support Forces (RSF) in ihrem Kampf mit Waffen unterstützt. Der US-Fernsehsender bezieht sich aber auch auf Satellitenbilder, die entsprechende Aktivitäten auf Stützpunkten der russischen Wagner-Söldnertruppe im Nachbarland Libyen nahelegen.

US-Außenminister Anthony Blinken äußerte sich dazu am Montag in Washington: „Wir sind sehr besorgt über den Einsatz der Prigoschin-Gruppe – der Wagner-Gruppe – im Sudan“.

Russischer Marinestützpunkt im Sudan

Im Februar hatten sich der Sudan und Russland laut „tkp.at“ geeinigt, den Bau eines russischen Marinestützpunktes im Port Sudan im Roten Meer zuzulassen. Dabei sollte die Wagner-Gruppe dort einen logistischen Stützpunkt bekommen.

Wie „tkp.at“ weiter berichtet, hätten amerikanische Beamte erfolglos versucht, das Abkommen zu zerschlagen. Demnach habe der US-Botschafter den Sudan sogar „explizit“ gewarnt, den Deal nicht zu unterschreiben.

Als dies nicht gelungen sei, habe die Biden-Regierung fast zeitgleich mit der Unterzeichnung des Abkommens 288 Millionen „humanitäre Hilfe“ in das Land geschickt. Zudem habe Außenstaatssekretärin Victoria Nuland am 9. März den Sudan besucht, um über „Demokratie“ zu sprechen.

Mehr als 700 Menschen evakuiert

Bei der in der Nacht zu Ende gegangenen Evakuierungsaktion im Sudan hat die Bundeswehr nach eigenen Angaben insgesamt mehr als 700 Menschen aus dem Bürgerkriegsland gebracht. In der Nacht sei ein letztes Flugzeug der Bundeswehr mit 78 Personen an Bord in Jordanien gelandet, erklärte das Bundesverteidigungsministerium am Mittwoch im Onlinedienst Twitter. Unter den mehr als 700 ausgeflogenen Menschen seien rund 200 Deutsche, hieß es weiter.

Angesichts der eskalierenden Gewalt hatten sich seit dem Wochenende zahlreiche Länder um Evakuierungsaktionen für ihre Staatsangehörigen bemüht. Die Bundeswehr übernahm am Montag zwischenzeitlich die multinationale Flugkoordinierung an dem dafür benutzten Flughafen in der Nähe von Khartum.



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