Selbstverschuldete Krise: Weiße Ingenieure sollen wiedereingestellt werden

Südafrika hat mit Stromausfällen zu kämpfen. Nun ruft der Präsident des Landes gefeuerte weiße Spezialisten wieder zurück. Schwarze Gewerkschafter sind dagegen.
Südafrika in der Krise: Weiße Ingenieure sollen wiedereingestellt werden
Das Eskom-Kohlekraftwerk Medupi im nördlichen Südafrika.Foto: iStock
Von und 7. August 2022

Südafrika kämpft mit einer Stromkrise. Nun rekrutiert der staatliche Stromkonzern Eskom früher gefeuerte weiße Spezialisten, um die Stromerzeugung zu sichern. Das verkündete Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa am 25. Juli in einer Fernsehansprache.

„Der Energieversorger rekrutiert jetzt qualifiziertes Personal, darunter ehemalige leitende Betriebsleiter und Ingenieure aus der Privatwirtschaft. Einige von ihnen hatten Eskom verlassen und waren an verschiedene Orte in der Welt gegangen. Eskom versucht nun, sie zurückzuholen“, erklärte der Präsident.

Mit Mandela begann die Diskriminierung der Weißen

Die Stromkrise im Land hat mehrere Ursachen. Eine davon ist die Politik, die seit Nelson Mandela in Südafrika vorherrscht: Als Mandela 1994 an die Macht kam, begann seine Partei „African National Congress“ (ANC), weiße Mitglieder zu entlassen. Im Jahr 2000 wurde die Initiative „Broad-Based Black Economic Empowerment“ auf den Plan gerufen, wobei Tausende Weiße in Staatsunternehmen ihre Arbeitsstellen verloren.

Die Initiative machte auch vor Eskom nicht Halt: Tausende weiße Manager, Techniker und Ingenieure wurden entlassen. Das verursachte einen künstlichen Fachkräfte- und Ingenieurmangel, wodurch der Betrieb und die Wartungsarbeiten nicht oder nicht gut genug durchgeführt werden konnten.

Besonders spürbar wurde das ab 2008, als alte Kohlekraftwerke auszufallen begannen. Seitdem kämpft das Land mit regelmäßigen Stromausfällen. Das Netz ist überlastet und Eskom muss periodisch stundenweise in vielen Regionen den Strom ausschalten.

Krise in Südafrika selbstverschuldet

Spezialisten warnten damals die Regierung, dass eine zu schnelle Umstrukturierung bei Eskom zu einer Katastrophe führen würde. Ted Blom ist einer von ihnen. Der leitende Spezialist für Bergbau, Energie und Versorgungsunternehmen wurde vor 22 Jahren als Berater des Unternehmens entlassen. „Man kann nicht plötzlich Hunderte hoch qualifizierte Fachleute verlieren, egal welche Hautfarbe sie haben, und diese dann nicht durch gleichwertige oder bessere Fachkräfte ersetzen“, sagte Blom der Epoch Times.

Die Gewerkschaft Solidarity, die fast ausschließlich aus weißen Mitgliedern besteht, schloss sich dem an. Die Krise sei selbst verschuldet, meinte Dirk Hermann, Vorsitzender der Gewerkschaft. „Eskom war, ermutigt durch die ANC, rücksichtslos bei der Umsetzung eines Transformationsprogramms. Es bot Milliarden von Rands in Form von Abfindungspaketen für Mitarbeiter an, die niemals hätten gehen dürfen.“

Der derzeitige Chief Operating Officer von Eskom, Jan Oberholzer, erklärte der Epoch Times, der Verlust von Fachkräften sei ein „anhaltender, wichtiger Faktor“, warum das Unternehmen keine sichere Stromversorgung gewährleisten könne. Das koste die Wirtschaft wöchentlich Milliarden von Dollar.

Korruption und Missmanagement bei Eskom verschlimmern die Situation noch. Der Konzern hat Schulden in Höhe von 400 Milliarden Rand (etwa 23 Milliarden Euro), was die Instandhaltung von Infrastruktur und Technik schwierig macht. Dazu kommen noch Diebstahl von Ersatzteilen, Kabeln und Öl sowie absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Stromleitungen und Anlagen.

Ehemalige Eskom-Ingenieure wollen Südafrika helfen

Bereits 2018 legte die Gewerkschaft Solidarity der Regierung eine Liste mit mehr als 1.000 Experten vor, die meisten davon weiß. Diese hatten sich bereit erklärt, zu Eskom zurückzukehren, um die Stromausfälle zu beenden. Das seien keine einfachen ehemaligen Eskom-Mitarbeiter gewesen, sondern Maschinenbauingenieure und andere Spezialisten, die in anderen Ländern arbeiteten und ihre Fähigkeiten wieder in ihrem Heimatland einsetzen wollten, berichtete Connie Mulder, Forschungsleiterin bei Solidarity, im Gespräch mit Epoch Times.

Eine Antwort erhielt die Initiative von der Regierung nicht – bis das Land im Juli mit den schlimmsten Stromausfällen seit Jahren zu kämpfen hatte. Die Gewerkschaft solle die Liste erneut schicken, bat Pravin Gordhan, Minister für staatliche Unternehmen.

Zurzeit aktualisiert Solidarity die Liste. Mulder erklärt, dass sie anschließend der Regierung 100 Namen von hochkarätigen Experten schicken werden. Ihr zufolge erhalte die Liste derzeit die Namen und Qualifikationen von Personen mit „umfangreicher Erfahrung in den Bereichen Elektrik, Mechanik, Nuklear- und Systemwartung sowie von erfahrenen Handwerkern und Anlagenbetreibern für Kohle- und Kernkraftwerke.“

Gewerkschaft: Brauchen keine Weißen, schwarze Ingenieure sind gut genug

Die sich abzeichnende Rückkehr weißer Experten zu Eskom verärgerte jedoch Gewerkschaften mit mehrheitlich schwarzen Mitgliedern.

„Es gibt keinen Platz in der modernen Gesellschaft für den Rückschluss von Solidarity, dass alte, weiße Männer kommen und die Lage bei Eskom retten“, sagte Irvin Jim der Epoch Times. Er ist Vorsitzender der National Union of Metalworkers of South Africa, der größten Gewerkschaft des Landes.

Schwarze Eskom-Techniker seien „mehr als fähig, Kraftwerke zu reparieren, wenn sie bessere und mehr Mittel erhalten“, so Jim. Seine Gewerkschaft lehne „den unverhohlenen Versuch von Solidarity ab, die wirtschaftliche Emanzipation der Schwarzen rückgängig zu machen. Es gibt viele schwarze Ingenieure, die sogar besser qualifiziert sind als weiße Ingenieure“.

Er bezeichnete Ramaphosas Ankündigung als einen „Schlag ins Gesicht“ der schwarzen Südafrikaner und als eine „überwältigende Beleidigung für die Intelligenz und das Können der vielen hervorragenden schwarzen technischen Mitarbeiter von Eskom“.

Mulder meinte daraufhin, bei Solidaritys Vorschlag gehe es nicht darum, dass weiße Ingenieure besser seien als schwarze, sondern dass jedem, der Eskom helfen könne – unabhängig von seiner Rasse –, dies gestattet werden sollte.

Irvin Jim feuerte zurück: Eskom werde von zwei weißen Männern geleitet, versage aber auf ganzer Linie. „Sie stürzten das Land in den letzten zwei Jahren in ständige Stromausfälle“.

Korruption unter Zuma plünderte Eskom aus

Chief Operating Officer Jan Oberholzer und der Eskom-Chef Andre de Ruyter bestreiten, dass sie rassistisch seien. Die Vernachlässigung grundlegender Wartungs- und Modernisierungsarbeiten an den Kraftwerken, die bis in die Mitte der 1990er-Jahre zurückreichen, seien der Grund für die Stromausfälle, erklärten sie. 

Besonders schlimm sei es vor allem aber während der Herrschaft des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma (ANC) zwischen 2009 und 2018 gewesen. Im April 2022 stellte eine Untersuchungskommission fest, dass Zuma seine Kumpane bevollmächtigte, Eskom auszuplündern. Umgerechnet fast eine Milliarde Euro des Unternehmens ging in ihre Taschen, hauptsächlich in den letzten vier Jahren von Zumas Amtszeit. Zuma bestreitet, die Korruption in staatlichen Unternehmen, darunter auch Eskom, orchestriert zu haben.

Im Jahr 2010 wurde der Kernphysiker Brian Dames zum Chef von Eskom ernannt. Er war der erste schwarze Südafrikaner an der Spitze des Unternehmens. 2014 trat er zurück – aus Protest gegen den „falschen Umgang“ der ANC mit den wachsenden Problemen bei Eskom.

Heute ist er CEO von „African Rainbow Energy & Power“, einem Energieunternehmen für grüne Energie. Außerdem ist er Präsident des Exekutivrats der Weltbank, der die Initiative „Sustainable Energy for All“ („Nachhaltige Energie für alle“) vorantreibt.

Gegenüber der Epoch Times erklärte er, Südafrikas derzeitige Krise in der Stromerzeugung stelle einen „Ausnahmezustand“ dar. Das Land leide unter einem „Zusammenbruch der Stromversorgung“ und könne es sich nicht leisten, Spezialisten wegen ihrer Hautfarbe auszugrenzen. Er sei deswegen über die Ankündigung des Präsidenten sehr erfreut.

Ausweg aus der Krise: Ausbau erneuerbarer Energien

Doch selbst wenn genügend Spezialisten kommen sollten, würden sie nur eine „temporäre Entlastung“ bieten, meint Connie Mulder, Forschungsleiterin bei Solidarity. Eskoms Kohlekraftwerke seien „veraltet“. Eine Alternative sieht sie nicht in einigen Megaprojekten, sondern in der privaten Stromerzeugung.

„Die Antwort auf Südafrikas Energiebedarf liegt auf Millionen von Dächern. […] Wir müssen alle, die Strom erzeugen wollen, dazu bringen, Strom in das Netz einzuspeisen, damit wir aus dem Loch herauskommen, das wir uns gegraben haben“, fordert sie. 

Kernphysiker Dames stimmt dem zu und geht noch weiter. Die Lösung für das Ende der Stromausfälle liege nicht nur in Südafrika, sondern in allen südafrikanischen Staaten. „Wir können das schaffen, wenn wir ein integriertes Netz aufbauen, indem wir die gesamte Region des südlichen Afrikas durch gemeinsame Gas-, Wasserkraft-, Wind- und Solarinitiativen verbinden. Wenn das geschieht, wird der Energiebedarf der gesamten Region gedeckt.“

Doch bevor das geschehe, müsse Eskom vorerst die Leistung seiner Kraftwerke optimieren, so Dames. Eskom sollte leistungsschwache Kraftwerke oder solche, deren Instandhaltung sich als schwierig und kostspielig erweise, stilllegen.

Wie viele andere Experten ist er der Meinung, dass es umso besser sei, je früher Südafrika seine Abhängigkeit von Kohle zur Stromerzeugung beendet.

Doch gerade das könnte einige führende ANC-Funktionäre noch zusätzlich verärgern – und zwar diejenigen, deren Beteiligungen an Kohlebergwerken öffentlich bekannt sind.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 56, vom 6. August 2022.



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