Trotz Abkommen Sorgen um Getreide-Exporte
Kann die Wiederaufnahme von Getreideexporten über ukrainische Schwarzmeerhäfen dazu beitragen, Millionen Menschen in Afrika und Asien vor Hunger zu bewahren? Die Vereinten Nationen beantworten diese Frage mit Ja. Sie setzen große Hoffnungen auf Russlands Zusicherungen, angemeldete Transporte nicht anzugreifen.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt allerdings, dass die ursprünglichen Ziele weit verfehlt werden dürften – trotz aller Bemühungen, auch andere Transportrouten auszubauen. Im Mai hatte die EU-Kommission gewarnt, innerhalb von weniger als drei Monaten müssten 20 bis 25 Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine exportiert werden. Bislang war es nur ein Bruchteil.
Wie viel Getreide konnte bislang exportiert werden?
Bislang verließ erst ein einziges Frachtschiff die Ukraine. Die „Razoni“ mit 26.000 Tonnen Mais soll am Sonntag den Libanon erreichen. Zuvor waren wegen des russischen Angriffskriegs Transporte übers Schwarze Meer fünf Monate lang blockiert. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr exportierte die Ukraine nach einer Studie des US-Instituts Ifpri im Durchschnitt pro Monat vier Millionen Tonnen Getreide (Weizen, Mais und Gerste) und 430.000 Tonnen Sonnenblumenöl.
Was ist mit dem Transport über andere Routen?
Nach Angaben der EU-Kommission konnten im Juli 2,8 Millionen Tonnen Getreide, Ölsaaten und verwandte Erzeugnisse auf anderen Wegen ausgeführt werden. Das ist etwa doppelt so viel wie noch im April. Stark genutzt wurden Transportwege nach Rumänien und Polen. Über Routen zu Häfen in den baltischen Ländern oder der Adria liefen rund zehn Prozent der Ausfuhren.
Warum wurde nicht über andere Routen exportiert?
Dafür fehlt es an Infrastruktur und Transportmitteln. Nach Angaben von EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean gibt es nicht genug Güterwaggons und Binnenschiffer. Zudem mangelt es an Kapazitäten für die vorübergehende Lagerung. Beim Schienentransport spielt eine Rolle, dass die ukrainische Bahn eine Spurweite von 1520 Millimetern hat, während der EU-Standard 1435 Millimeter beträgt. In den meisten EU-Staaten können ukrainische Waggons nicht eingesetzt werden. Güter müssen auf Waggons nach EU-Standard umgeladen werden.
Gibt es weitere Probleme?
Hinzu kommt, dass der Transport zum Beispiel nach Afrika durch den Mehraufwand und die längeren Wegstrecken teurer wird. Fachleute weisen darauf hin, dass über die anderen Routen zuletzt im Wesentlichen Viehfutter ausgeführt wurde. Über Polen und Rumänien seien im Juni nur 138.000 Tonnen Weizen exportiert worden, so der CDU-Agrarexperte Norbert Lins. In Drittstaaten gehe wohl fast nichts.
Wird am Ausbau von Alternativstrecken gearbeitet?
Ja. Da es schwierig werde, die Ausfuhrmenge über die Schwarzmeerhäfen sofort wieder auf Vorkriegsniveau zu bringen, blieben andere Transportwege von entscheidender Bedeutung, erklärt ein Beamter der EU-Kommission. Jede exportierte Tonne zähle. Indem man Kapazität und Flexibilität erhöhe, könne man dazu beitragen, die Nahrungsmittelversorgung in armen Partnerländern zu sichern.
Was droht, wenn die Bemühungen scheitern?
Die steigenden Energie- und Düngerpreise könnten nach UN-Prognosen 8 bis 13 Millionen Menschen zusätzlich in den Hunger treiben – vor allem in Afrika, im Nahen Osten und in Asien. Dabei spielt eine Rolle, dass die Ukraine mit Exporten ihre Lagerbestände loswerden muss, um Platz für die neue Ernte zu schaffen. Diese werden auf 65 bis 67 Millionen Tonnen Getreide und Ölsaaten geschätzt. (dpa/mf)
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