Trump und Kim Jong Un: Gipfel nach mehr als einem halben Jahrhundert Eiszeit

Nie zuvor hat es ein Gipfeltreffen zwischen einem amtierenden US-Präsidenten und einem nordkoreanischen Machthaber gegeben. Das könnte nun am Dienstag in Singapur wahr werden.
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Das Parlament von Singapur im Hintergrund der Finanzdistrikt.Foto: iStock
Epoch Times10. Juni 2018

Wenn sich Donald Trump und Kim Jong Un am Dienstag in einem Singapurer Luxushotel an den Verhandlungstisch setzen, ist dies ein historischer Augenblick: Nie zuvor hat es ein Gipfeltreffen zwischen einem amtierenden US-Präsidenten und einem nordkoreanischen Machthaber gegeben. Jahrzehntelang galt eine derartige Begegnung als undenkbar, doch Trump warf die Tradition über den Haufen und erklärte sich im März überraschend zu einem Gipfel bereit.

Seine Vorgänger verfolgten stets die Linie, es könne kein Treffen mit einem Herrscher aus Pjöngjang geben, ohne dass dieser zuvor offiziell von seinem Rüstungs- und Atomprogramm ablässt. Alle amtierenden US-Präsidenten scheuten sich überdies, den Machthaber des international isolierten Landes diplomatisch derart aufzuwerten wie es Trump nun tut.

Völlig unklar ist jedoch, welche Ergebnisse das Treffen bringen kann. Die entscheidende Frage ist das nordkoreanische Atomprogramm. Wichtigstes Ziel der USA ist die atomare Abrüstung Nordkoreas, während die Regierung in Pjöngjang bislang darauf beharrt, als Atommacht anerkannt zu werden.

Washington fordert die „vollständige, überprüfbare und unumkehrbare Denuklearisierung“ (CVID) Nordkoreas. Pjöngjang arbeitet hingegen seit Jahrzehnten an der Entwicklung von Atomwaffen und Raketen, die US-Territorium erreichen können, und wurde deswegen mit zahlreichen Sanktionen des UN-Sicherheitsrats, der USA und der EU bestraft.

Bei seinem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten erklärte Trump, seine Begegnung mit Kim sei eine „einmalige Gelegenheit“. Er habe das Gefühl, dass Kim „wirklich etwas Großartiges für sein Volk tun will“.

Auch gehe er davon aus, dass er bei der Zusammenkunft in Singapur schon binnen „einer Minute“ wissen werde, ob Kim es ernst meine und zu einer Einigung bereit sei. Seine Nordkorea-Mission lieferte Trump gar den Vorwand, um die G7-Partner zu brüskieren – und deutlich früher als alle anderen das Treffen in Kanada zu verlassen.

Niemand weiß derzeit, was die Führung Nordkoreas unter atomarer Abrüstung versteht und zu welchen Zugeständnissen sie bereit ist. Es erscheine ihm sehr unwahrscheinlich, dass Kim „die einzige Sache aufgibt, die ihn wichtig macht – und das sind Atomwaffen“, sagt der frühere US-Außenstaatssekretär Richard Armitage.

Im Gegenzug für eine atomare Abrüstung hat Kim Washington und Seoul dem Vernehmen nach aufgefordert, „Sicherheitsbedrohungen“ gegen sein Land abzubauen. Gemeint sind damit vermutlich in der Region stationierte US-Kampfflugzeuge und Flugzeugträger.

Nordkorea werde sich bei dem Gipfeltreffen womöglich zur vollständigen Denuklearisierung bekennen, „aber es wird einen Nachsatz und Kleingedrucktes geben“, sagt der bisherige Vertreter der US-Regierung in Nordkorea, Joseph Yun. Über dieses Kleingedruckte muss Trump verhandeln und sicherstellen, dass Kim die Abrüstung nicht unbegrenzt hinauszögern kann, während internationale Sanktionen gegen sein Land zurückgefahren werden.

Kim müsse umgehend schriftlich festhalten, was er bereits versprochen habe, sagt Yun: den Stopp der Entwicklung von Langstreckenraketen und atomaren Sprengsätzen. Außerdem müsse er internationale Inspektionen bekannter Atomanlagen wie der Einrichtung in Yongbyon zulassen – und seine übrigen, geheimen Atomanlagen offenlegen. Erst dann könnten US-Unterhändler einschätzen, ob Kim es ernst meine mit der Denuklearisierung.

Rasche Schritte sind ohnehin nicht zu erwarten. Allein aus technischen Gründen werde eine überprüfbare atomare Abrüstung etwa 15 Jahre dauern, sagt der anerkannte Atomexperte Siegfried Hecker von der Universität Stanford.

In Südkorea wächst derweil die Sorge, Trump könne sich damit zufrieden geben, dass Pjöngjang seine Interkontinentalraketen aufgibt und sein Atomprogramm auf dem derzeitigen Stand einfriert – und Nordkorea im Gegenzug als Atommacht anerkennen.

Damit wäre das US-Festland nicht mehr durch nordkoreanische Raketen bedroht. Washingtons Verbündete Südkorea und Japan wären dagegen weiterhin in Reichweite nordkoreanischer Angriffe. Der Chef der wichtigsten südkoreanischen Oppositionspartei, Hong Joon Pyo, warnte, wenn Pjöngjang stillschweigend als Atommacht anerkannt würde, gebe es für Südkorea und Japan nur noch eine Möglichkeit: „Wir müssen uns selbst mit Atomwaffen rüsten.“ (afp)



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