Ukraine fordert Kriegsschiffe und Luftabwehr von Deutschland

Erst Außenministerin Baerbock, dann Kanzler Scholz: Die Absage der Bundesregierung an Waffen für die Ukraine war deutlich. Erledigt ist das Thema damit aber noch nicht. Die Ukraine legt nach.
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Ukrainischer Soldat. Symbolbild.Foto: Brendan Hoffman/Getty Images
Epoch Times19. Januar 2022

Die Ukraine lässt auch nach dem klaren Nein der Bundesregierung zu Waffenlieferungen nicht locker. Der ukrainische Botschafter in Berlin nennt jetzt sogar konkrete Waffensysteme, die sich sein Land von Deutschland zur Verteidigung gegen einen möglichen russischen Überfall erhofft.

„Es geht in erster Linie um deutsche Kriegsschiffe, die zu den besten der Welt gehören, die wir für die robuste Verteidigung der langen Küste im Schwarzen und Asowschen Meer dringend brauchen“, sagte Botschafter Andrij Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. „Denselben riesigen Bedarf gibt es auch für modernste Luftabwehrsysteme, die gerade deutsche Rüstungskonzerne herstellen.“

Absage der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat Forderungen nach Waffenlieferungen an die von Russland bedrängte Ukraine zurückgewiesen. Die Position sei, „dass keine letalen Waffen geliefert werden“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Diese Ablehnung gelte auch für Defensivwaffen, falls diese „letal“- also todbringend – eingesetzt werden könnten. Er verwies darauf, dass auch die vorangegangene CDU-geführte Bundesregierung die Lieferung von Waffen an die Ukraine abgelehnt habe.

Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wies die Forderung am Montag bei ihrem Besuch in Kiew zurück. Die Haltung zu Waffenlieferungen und für eine restriktive Rüstungsexportpolitik sei auch in der deutschen Geschichte begründet.

Melnyk zeigte sich irritiert von dieser Begründung. „Dass man dabei in Berlin auch die Frage der historischen Verantwortung als Argument für die Ablehnung militärischer Hilfe benutzt, ist erstaunlich“, sagte er. „Diese Verantwortung sollte gerade dem ukrainischen Volk gelten, das mindestens acht Millionen Menschenleben während der deutschen Nazi-Okkupation der Ukraine verloren hat.“ Es sei schade, „dass die deutsche Gesellschaft in dieser Frage immer noch kein Fingerspitzengefühl hat“.

Zweifel in der Ampel-Koalition

In der Ampel-Koalition gibt es nun aber erste Zweifel an der harten Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). „Wir sollten über die Lieferung von Defensivwaffen an die Ukraine nachdenken“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, der „Bild“.

Gegenüber dem Portal t-online räumte sie zwar ein, dass der Koalitionsvertrag eine Lieferung von Waffen in Krisengebiete grundsätzlich ausschließe. Sie fügte aber hinzu: „Angesichts der aktuellen Lage und Betroffenheit unseres Kontinents sollten wir das im konkreten Fall überdenken.“ Auch aus der CDU kamen Forderungen nach Waffenlieferungen.

Der designierte CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich bereits vor Weihnachten offen für Waffenlieferungen gezeigt. Der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte sprach sich in der „Bild“ klar dafür aus: „Wenn die Ukraine um Defensivwaffen bittet, um sich eines möglichen russischen Angriffs erwehren zu können, dürfen wir diese Bitte nicht ablehnen.“

Sich hinter einer „restriktiven Rüstungspolitik aus dem Koalitionsvertrag zu verstecken“, sei keine verantwortungsvolle Politik. Otte machte deutlich, dass für ihn auch die Lieferung von Flugabwehrraketen infrage kommt.

Botschafter: „Politischer Wille fehlt“

Der Botschafter betonte, das Thema Waffenlieferungen bleibe auf der Tagesordnung in den Beziehungen zu Deutschland. „Die Ukraine braucht dringend Defensivwaffen – auch aus Deutschland, um die Kosten für diesen Einmarsch dermaßen massiv in die Höhe zu treiben, dass der Kremlchef von seinem Wahnsinnskurs abgebracht wird“, sagte Melnyk.

„Leider fehlt in Deutschland immer noch der politische Willen, was angesichts der bestehenden akuten Kriegsgefahr in Europa sehr bedauerlich ist.“ Die Bundesregierung solle sich ein Beispiel an Großbritannien nehmen, das sich für die Lieferung von Panzerabwehrsystemen entschieden hat.

Russland: Waffenlieferungen gefährden Sicherheit

Unterdessen ruft Russland sowohl die USA als auch ihre Verbündeten zu einem Ende von Waffenlieferungen an die Ukraine auf. Dadurch werde Russlands Sicherheit gefährdet, sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge auf einem Diskussionsforum.

„Die Lage auf dem Gebiet der europäischen Sicherheit ist kritisch, und sie ist so durch die Schuld Washingtons und der Nato, die die Ukraine in erster Linie als ein Druckmittel gegen Russland benutzen“, sagte der Vize-Minister, der international an den Verhandlungen um Russlands Forderungen an den Westen nach Sicherheitsgarantien beteiligt ist.

Die USA würden die Situation gezielt anheizen mit ihren Mitteilungen zu möglichen Szenarien eines angeblichen russischen Einmarsches in der Ukraine, meinte Rjabkow. Auch der Kreml hatte kritisiert, dass in den USA immer neue Überfallpläne Russlands behauptet würden – ohne einen einzigen Beweis bisher. Russland weist täglich zurück, dass es einen Überfall auf die Ukraine oder gar einen Krieg plane. (dpa/afp/red)



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