Unbekannter Country-Sänger Anthony stürmt die Charts: Einen Millionen-Plattenvertrag soll er abgelehnt haben

Ein Lied des bisher unbekannten Oliver Anthony begeistert die Amerikaner. Seine Texte sprechen vielen angesichts der politischen und wirtschaftlichen Lage aus dem Herzen. Nur der Glaube scheint ein Anker in der schweren Zeit.
Titelbild
Oliver Anthony.Foto: Bildschirmfoto von YouTube
Von 23. August 2023

Der Song des Country-Sängers Oliver Anthony „Rich Men North of Richmond“ hat es in weniger als einer Woche direkt auf Platz 1 der Billboard-Singles-Charts geschafft. Damit übertraf er Pop-Superstars wie Taylor Swift und Olivia Rodrigo sowie etablierte Country-Crossover-Acts. Auf YouTube wurde das Lied in weniger als zehn Tagen fast 20 Millionen Mal aufgerufen.

Mit seinen Themen wie Inflation, hohe Besteuerung, Kindesmissbrauch durch Politiker und die Wohlfahrtsstaat-Falle trifft der ehemalige Fabrikarbeiter den Zeitgeist der US-Arbeiterklasse. Mehr als 50.000 Nachrichten und E-Mails erhielt Anthony, der eigentlich Christopher Anthony Lunsford heißt, als Rückmeldung auf seinen Song.

Die geteilten Geschichten zeichnen ein brutal ehrliches Bild. Selbstmord, Sucht, Arbeitslosigkeit, Ängste und Depressionen, Hoffnungslosigkeit und die Liste geht weiter“, schreibt er auf Facebook. Es sei ihm schwergefallen, das alles durchzulesen.

Immer wieder nimmt er im Lied angesichts der Probleme im Land fragend Bezug auf Gott – einerseits klagend, andererseits in der Gewissheit, dass Gott schützend über dem Ganzen wacht.

Dass Anthony ein gläubiger Christ ist, zeigte sich bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach seinem Erfolg. Auf der Bühne las er zu Beginn einen Bibelvers vor (Psalm 37, 12 – 20), was beim Publikum sehr gut ankam und der sich offenbar auf die heutige Zeit bezieht. „[…] Die Bösen planen gegen die Gerechten und schlagen ihre Zähne gegen sie. Aber der Herr lacht über die Bösen, denn er weiß, dass ihr Tag kommt. […]“

Sänger lehnt Millionen-Plattenvertrag ab

Anthony sieht sich als Teil der amerikanischen Arbeiterklasse und nicht als Sänger. „Es gibt nichts Besonderes an mir. Ich bin kein guter Musiker, ich bin kein sehr guter Mensch. Ich bin traurig, die Welt in dem Zustand zu sehen, in dem sie ist. In der jeder gegen den anderen kämpft. Das Internet ist ein Parasit, der die Köpfe der Menschen infiziert. Wann ist genug genug? Wann werden wir wieder für das kämpfen, was richtig ist?“

Von 2014 bis vor ein paar Tagen habe er im Außendienst in der industriellen Fertigung gearbeitet, schreibt er auf Facebook weiter. Sein Job habe ihn durch ganz Virginia und nach Carolina geführt, wo er Zehntausende andere Arbeiter auf Baustellen und in Fabriken kennengelernt habe. In den letzten zehn Jahren hätte er jeden Tag die gleiche Geschichte gehört.

Die Menschen sind es so verdammt leid, vernachlässigt, gespalten und manipuliert zu werden.“

Der Durchbruch kam für den Sänger überraschend und nach eigenen Angaben lehnte er ein Angebot einiger Plattenfirmen für 8 Millionen US-Dollar ab. „Ich will keine sechs Tourbusse, 15 Sattelschlepper und einen Jet. Ich will keine Stadion-Shows spielen, ich will nicht im Rampenlicht stehen. Ich habe die Musik geschrieben, weil ich unter Depressionen litt“, schreibt der Sänger auf Social-Media.

Gemischte Reaktionen

Während einige Fans, darunter konservative Prominente wie der konservative Politikkommentator Matt Walsh oder Country-Sänger John Rich, den Song als Ode an die US-amerikanische Arbeiterklasse lobten, wurde er von linken und progressiven Kräften meist kritisiert. Einige Medien werfen ihm vor, eine „Hymne für die Rechten“ geschrieben zu haben.

Ausnahmen bilden Politiker wie der demokratische Senator Chris Murphy. Er riet allen Progressiven, sich den Song anzuhören. Die beschriebenen Probleme seien „alles Probleme, für die die Linke bessere Lösungen hat als die Rechte“.

Talk-Radio-Moderator und Autor von „American Playbook“ Clay Travis sagte laut „New York Times“: „Die Menschen sind einfach wütend über die Art und Weise, wie das Woke-Universum so viele Inhalte für sich vereinnahmt hat.“

Travis verwies auch auf den Boykott des amerikanischen Traditionsbieres Bud Light zu Beginn dieses Jahres hin. Vorausgegangen war eine Marketing-Kooperation mit dem Transgender-Influencer Dylan Mulvaney, der bei den Bierkonsumenten – zumeist Konservative – nicht gut ankam und zur Entlassung von Vertriebs- und Marketingmanagern führte. „Was wir sehen“, fügte er hinzu, „ist, dass viele Menschen ihre Kaufkraft als [Machtinstrument] einsetzen „.

Politische Spaltung spiegelt sich in US-Kulturszene

Der Song ist damit der jüngste Beitrag aus der amerikanischen Kulturszene, der die Unzufriedenheit der Amerikaner mit der politischen Situation in den USA thematisiert. Zuvor stürmte Jason Aldeans die Charts mit seinem Country-Hit „Versuch das mal in einer Kleinstadt“, der die zunehmende Gewalt im Land linksextremer Gruppen wie Black Lives Matter und die Antifa thematisiert.

Anthony lebt zurzeit in einem Wohnmobil auf einem Stück eigenem Land, auf dem noch ein Kredit liegt. Politisch ordnet er sich weder den Republikanern noch den Demokraten zu.



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