US-Ahnenforschungsfirma gibt private DNA-Daten an FBI weiter

Ein DNA-Abgleich kann ein wirkungsvolles Mittel sein, um bestimmte Verbrechen – insbesondere Mord und Vergewaltigung – aufzuklären. Doch wie kommen die Fahnder an die notwendigen Vergleichsdaten? Und was passiert danach?
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Auch in Deutschland lassen immer mehr Menschen einen DNA-Test durchführen.Foto: Sven Hoppe/Illustration/dpa
Von 9. Februar 2019

Wie das Nachrichtenportal BuzzFeed jetzt erfahren hat, stellt das private Ahnenforschungsportal FamilyTree seit kurzem dem FBI seine Daten zur Verfügung. Hier wird es kritisch. Das Unternehmen weist zwar in seinen neuen Geschäftsbedingungen darauf hin, dass die Daten, die die Benutzer dem Unternehmen zur Verfügung stellen, unter Umständen für Zwecke der Strafverfolgung benutzt werden können – doch von den Bestandskunden liegt keine entsprechende Genehmigung vor.

Das Unternehmen wies zwar jüngst darauf hin, dass Kunden der Nutzung ihrer DNA Daten zur Herstellung sogenannter familialer Verbindungen widersprechen können, doch dann hätten sich die Kunden den Upload ihrer DNA-Daten sparen können. Denn der eigentliche Zweck der Datenbank ist es ja, Verwandtschaftsbeziehungen über die DNA Daten zu ermitteln. Doch selbst ein solcher Widerspruch würde die Nutzung der Daten durch die Behörden nicht verhindern, wenn diese mit einem entsprechenden Gerichtsbeschluss kommen würden.

Auch wenn viele Kunden nicht grundsätzlich gegen die Nutzung ihrer Daten, zur Ermittlung von Schwerverbrechern, wie Mördern oder Vergewaltigern, eingestellt sind, so fühlen sie sich doch in ihrem Vertrauen auf die Privatheit ihrer Daten getäuscht. Die Firma steht seitdem im Kreuzfeuer der Kritik. Obwohl der Firmenleiter betont, dass das FBI auch nicht mehr Zugriff habe als der normale Kunde, ist das Vertrauen in FamilyTree massiv gesunken.

Amerikas Strafverfolgungssystem als Problem

Auch wenn es einige spektakuläre Fälle gibt, bei denen die DNA-Spuren nach jahrelangen erfolglosen Ermittlungen zum Ziel geführt haben, so befürchten doch viele Experten, dass es zu rechtlichen und menschlichen Problemen führen könnte, wenn die Fahnder zu stark auf DNA-Spuren setzen.

Neben dem Schutz privater Daten gibt es noch weitere Bedenken. Besonders wenn die Behörden bei ihrer Fahndung nur Teiltreffer erzielen, sind die Befürchtungen groß, dass die Fahnder und Staatsanwälte potenzielle Familienangehörige eines Täters mit unfairen Mitteln unter Druck setzen könnten.

Beispiele für Verhörmethoden, bei denen die eigentlich unbeteiligten Zeugen oder Angehörigen in Widersprüche verwickelt werden, um sie dann mit der Drohung eines Verfahrens wegen Falschaussagen gefügig zu machen, gibt es vielfach.

Amerikanische Staatsanwälte scheuen nicht davor zurück, solche Methoden selbst bei geringeren Straftaten anzuwenden, zum Beispiel nei Steuerhinterziehung oder Bankbetrug, wie auch die Ermittlungen rund um die sogenannte „russian collusion“ des Sonderermittlers Mueller zeigen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Ämter wie Sheriff oder Staatsanwalt auf den unteren Ebenen Ämter sind, die durch Wahlen besetzt werden. Ein Wahlkampfargument von Staatsanwälten, die um ihre Wiederwahl kämpfen, sind natürlich Fahndungserfolge, bei denen oft nicht mehr gefragt wird, wie sie zustande kamen.

Genetische Datenbanken

Viele private Firmen, aber auch Open-Source-Projekte haben inzwischen einen großen Fundus an DNA-Proben inklusive Verlinkungen zu Verwandten, ethnischen Gruppen und so weiter, die online abrufbar sind. Auch die US-Strafverfolgungsbehörden verfügen über anwachsende Datenbestände. Doch da die Behörden hauptsächlich über Proben von Tatorten ohne Namenszuordnungen oder Proben von Tatverdächtigen verfügen, haben diese aus ermittlungstechnischen Gründen natürlich einen großen Bedarf an DNA-Proben mit sicherer Identifizierung.

Bisher war bekannt, dass das FBI DNA-Recherchen in den öffentlich zugänglichen Datenbanken durchführte, was rechtlich insofern unbedenklich war und ist, weil die dort von den Teilnehmern hinterlegten Daten als Public Domain gelten. Rechtlich schwierig ist es nur, weil mit diesen Daten Rückschlüsse auf Verwandtschaftsverhältnisse gezogen werden können. Das betrifft dann auch Personen, die ihr Einverständnis für die Datennutzung nicht gegeben haben.

Deutschland: Bisher keine Kooperationen mit Fahndungsbehörden

Aus Deutschland gibt es bis jetzt keine Meldungen über die Kooperation von DNA-Testfirmen oder Genealogieportalen mit Fahndungsbehörden. Das kann daran liegen, dass Unsicherheiten über die Familiengeschichte hierzulande seltener sind als in den USA, oder auch dem Umstand geschuldet sein, dass Ahnenforschung in Deutschland und Österreich seit dem unseligen Ariernachweis der NS-Zeit einen schlechten Beigeschmack hat. Doch die Tendenz, einen DNA-Test aus Neugier – und weil er ja inzwischen bezahlbar ist, machen zu lassen, steigt klar an.

Ahnenforschung: in den USA äußerst beliebt

Ahnenforschung ist in einem Land wie den USA, das die akribisch geführten Kirchenbücher oder Einwohnermelderegister Europas nicht kennt, sehr beliebt. Hinzu kommen die Einwanderungswellen der vergangenen beiden Jahrhunderte und der Umstand, dass viele Personen nach Amerika kamen, die ihre wahre Identität nicht bekannt machen wollten, sowie die Indianerkriege, Epidemien, der Verlust von Unterlagen und andere Gründe.

Kurz: Genealogie ist für viele Amerikaner nicht nur ein beliebtes Hobby, sondern inzwischen auch ein Riesengeschäft. Und wie der Name es andeutet, geht es um die Gene, beziehungsweise bestimmte DNA-Daten. In den USA ist das Geschäft mit der Genanalyse geradezu explodiert, seit es bezahlbare und trotzdem sichere Verfahren dafür gibt.

Die Abstammung ist für viele Amerikaner nicht nur aus purem Wissensdurst interessant, sondern auch weil es in den USA zahlreiche Minderheiten-Förderprogramme, Quotenregelungen etc. gibt. Insbesondere für Amerikaner mit schwarz-afrikanischer oder indianischer („native american“) Herkunft gibt es davon einige. Um als Angehöriger einer dieser Gruppen zu gelten, reicht es manchmal sogar aus wenn nur ein Teil der Urgroßeltern ein echter „native american“ war. Reichte früher oft schon die Behauptung aus, dass der Ur-Großvater Indianer war, um in den Genuss mancher Vorzüge zu gelangen, so wird heute immer öfter ein Beweis gefordert.

Die Möglichkeit über einen DNA-Test seine Abstammung nachzuweisen kann aber auch nach hinten losgehen, wie man am Beispiel der Senatorin Elizabeth Warren (D-Mas) sehen kann. Sie hatte sich immer gerühmt indianischer Abstammung zu sein und hatte zu ihrer Studentenzeit wohl auch davon profitiert. Sie betonte diese Abstammung so sehr, dass Präsident Trump sie bald nur noch als Pocahontas verhöhnte. Als sie vor kurzem einen DNA-Test machen ließ, dessen Ergebnis auch prompt an die Öffentlichkeit gelangte, waren die Lacher endgültig auf Trumps Seite. Es stellte sich heraus, dass es in ihrer DNA keine indianischen Gene zu finden gab und sie genetisch viel europäischer ist als die meisten US-Bürger.



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