USA: Fauci-Kommission vernachlässigte natürliche Immunität gegen COVID-19

Eine Expertenkommission unter US-Chefberater Anthony Fauci hat den Umgang mit natürlicher Immunität gegen COVID-19 diskutiert. Konsequenzen gab es keine.
US-Immunologe Anthony Fauci arbeitete unter insgesamt sieben US-Präsidenten.
US-Immunologe Anthony Fauci arbeitete unter insgesamt sieben US-Präsidenten.Foto: Jacquelyn Martin/AP/dpa
Von 6. Februar 2023

Im Oktober 2021 hat der damalige Chefberater der US-Regierung zu COVID-19, Anthony Fauci, eine geheime Expertenrunde einberufen, um den Umgang mit natürlicher Immunität zu erörtern. Die englischsprachige Epoch Times hat über Termin, Tagesordnung und Teilnehmer berichtet. Entsprechende Unterlagen waren ihr zuvor zugespielt worden.

Zum damaligen Zeitpunkt habe es bereits belastbare Anhaltspunkte gegeben, dass eine überstandene COVID-19-Infektion Schutz gegen eine neuerliche Ansteckung biete. Außerdem minimiere die natürliche Immunität das Risiko eines schweren Verlaufes der Erkrankung.

Zwar gibt es bis heute Unschärfen bezüglich der Dauer des Schutzes. Zudem ist die Immunisierungswirkung nicht bei jedem Menschen gleich, weshalb noch Forschungsbedarf besteht. Dennoch hatten zwar schon andere Länder die Genesung in ihrer Corona-Politik der Immunisierung durch die Impfung zum Teil gleichgestellt. In den USA hielt die Regierung auf Anraten des Ende 2022 zurückgetretenen Dr. Fauci an ihrer Corona-Politik fest.

In vielen Bereichen war Impfung auf Grundlage der CDC-Empfehlung vorgeschrieben

Es gab in den USA zwar keine landesweite Impfpflicht während der Corona-Pandemie. Einige Bundesstaaten und private Arbeitgeber implementierten jedoch Impfvorschriften oder empfahlen Mitarbeitern, sich impfen zu lassen. Die Entscheidung, ob eine Impfung vorgeschrieben wird, lag in den USA bei den Bundesstaaten.

Allerdings erließ die Regierung in Washington Vorschriften über eine Pflicht zur Impfung in bestimmten Bereichen wie dem Militär oder vom Bund betriebenen Gesundheitseinrichtungen. Einige davon hob sie später auf, einige erklärten Gerichte für unzulässig und einige sind nach wie vor in Kraft. Dazu gehören die Impfvorschriften im Gesundheitsdienst, in der Armee und jene für auf dem Luftweg einreisende Ausländer.

Kritik an Kurs des CDC zu Impfempfehlungen

Gegenstand des Geheimtreffens im Oktober 2021 war die damals geltende Impfempfehlung des Seuchenschutzzentrums CDC unter der Leitung von Rochelle Walensky. Die CDC empfahl damals für die meisten Amerikaner eine dreimalige Teilnahme an der Corona-Impfung: Zwei Dosen im Rahmen der regulären Immunisierung und eine Auffrischung. Später weitere das CDC die Empfehlung auf alle erwachsenen Amerikaner aus.

Einige Experten meldeten Vorbehalte gegen die Studie an, auf die das CDC seine Empfehlung stützte. So habe diese nur Daten aus zwei Monaten und einem einzigen Bundesstaat ausgewertet. Zudem hätten Studien zu den Auffrischungsimpfungen nur die Immunogenität und Wirksamkeit bei Personen ohne Anzeichen einer früheren Infektion untersucht.

Dr. Paul Offit, ein auf Impfungen spezialisierter Berater der US-Zulassungsbehörde FDA, drängte in der Gesprächsrunde auf eine Berücksichtigung der natürlichen Immunität. Dabei bezog er sich auf eine in der Zeitschrift „Science“ veröffentlichte Studie einer kalifornischen Forschungsgruppe. Diese kam zu dem Ergebnis, dass die Wirkung der natürlichen Immunität jene der COVID-Impfung sogar übertraf.

FDA-Berater Offit drängte auf Überarbeitung

Aus diesem Grund forderte Offit, die CDC-Empfehlung zu überarbeiten. Ihm zufolge sei eine überstandene COVID-Infektion zwei verabreichten Impfdosen gleichzustellen. Nicht ganz so weit wollte Michael Osterholm gehen, der Leiter der Forschungsabteilung für Infektionskrankheiten an der Universität von Minnesota.

Das ehemalige Mitglied des COVID-19-Beirat von Präsident Joe Biden betonte zwar den Wert der hybriden Immunität. Darunter versteht man die kumulative Immunisierungswirkung durch Impfschutz und überstandene Infektion. Osterholm jedoch wollte die Genesung von COVID-19 in der Empfehlung nur einer erhaltenen Impfdosis gleichstellen.

Mehrere Studien sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Impfung in einem bestimmten zeitlichen Abstand zur Genesung die Anzahl an Antikörpern verstärkt. So trage sie zu einem noch höheren Immunisierungsgrad bei. Andere Untersuchungen legen die Annahme nahe, dass das Risiko für Nebenwirkungen bei zuvor genesenen Geimpften höher sei als bei noch nicht infizierten. Entsprechend variiert auch die Antwort auf die Frage, ob Genesene sich zusätzlich noch impfen lassen sollten.

Fauci und das CDC behielten ihre Linie bei

Andere Teilnehmer an der Sitzung wie der Tropenmediziner Dr. Peter Hotez und die Yale-Immunbiologin Akiko Iwasaki wollten demgegenüber keine Änderung der Empfehlung. Sie sprachen sich gegen dagegen aus, eine Genesung einer erhaltenen Impfdosis gleichzustellen. Die Forscher verwiesen unter anderem auf eine britische Preprint-Studie. Dieser zufolge hätten Erhebungen auf verstärkten Schutz vor Ansteckung und die Stärkung von T-Zellen hingewiesen, die schweren Verläufen entgegenwirken.

Nicht in der Runde war der Stanford-Epidemiologe Jay Bhattacharya. Dieser erklärte, dass auf natürlichem Wege immunisierte Personen eine zusätzliche Impfung überhaupt nicht benötigten. Er kritisierte, dass eine so folgenreiche Diskussion hinter verschlossenen Türen mit nur wenigen Anwesenden stattfand. Gegenüber der Epoch Times erklärte er:

Es war eine wirklich einschneidende Entscheidung, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit einer sehr kleinen Anzahl von Beteiligten getroffen wurde. Und sie haben die falsche Entscheidung getroffen.“

Tatsächlich behielt die US-Regierung ihre Corona-Politik unverändert bei und auch das CDC blieb noch längere Zeit bei seiner Empfehlung. Erst der Vormarsch der Omikron-Variante hatte zur Folge, dass auch diese Einrichtung der natürlichen Immunität eine größere Bedeutung zumaß.

Erst spät nahmen Fauci und Walensky die natürliche Immunität ernst

Fauci und Walensky zeigten sich diesbezüglich lange Zeit als Bremser. Zwar ging auch Fauci in einer E-Mail vom März 2020 davon aus, dass es „nach der Infektion eine substanzielle Immunität“ gebe. Deren Dauerhaftigkeit sei jedoch ungewiss. Im September 2021 äußerte er, „keine wirklich eindeutige Antwort“ darauf zu haben, ob sich natürlich immune Menschen impfen lassen sollten.

Nach dem Treffen vom Oktober 2021 erklärte Fauci, dass sowohl die natürliche Immunität als auch die durch den Impfstoff verliehene Immunität abnehmen. Menschen sollten sich demnach unabhängig von einer früheren Infektion impfen lassen sollten, um ihren Schutz zu erhöhen.

Walensky unterzeichnete vor ihrem Amtsantritt beim CDC das sogenannte John-Snow-Memorandum. Dieses war als Antwort auf die von Bhattacharya mitverfasste Great-Barrington-Erklärung gedacht, das gefordert hatte, gegen Corona auf eine möglichst zeitnah herzustellende Herdenimmunität zu setzen.

In dem von Walensky unterfertigten Dokument hieß es, es gebe „keine Beweise für eine dauerhafte schützende Immunität gegen SARS-CoV-2 nach einer natürlichen Infektion“. Im März 2021, Walensky war zu diesem Zeitpunkt schon im Amt, empfahl sie auch Genesenen eine Impfung. Zwar sei der Schutz durch die natürliche Immunität sechs Monate nach der Infektion „beträchtlich dauerhaft“. Es gebe jedoch Berichte über „seltene Fälle von Reinfektion“.

Omikron ließ auch CDC seine Einschätzungen revidieren

Einige Monate später räumte das CDC ein, die natürliche Immunität sei einer Impfung gegen die Delta-Variante überlegen. Ende 2021 verdrängte Omikron diese Mutation. In zwei Studien vom August und Oktober 2021 war das CDC noch von der gegenteiligen Auffassung ausgegangen. In einer dritten Studie änderte die Einrichtung jedoch ihre Einschätzung. Fortan hieß es, die natürliche Immunität biete einen starken Schutz,

vielleicht sogar mehr als bei denjenigen, die geimpft und noch nicht geboostert worden waren“.

Im August 2022 lockerte das CDC generell seine COVID-19-Richtlinien. Fortan hieß es unter anderem, dass „Personen, die COVID-19 hatten, aber nicht geimpft sind, einen gewissen Schutz gegen schwere Erkrankungen aufgrund ihrer früheren Infektion haben“.

Erst jüngst am 26. Januar berief die FDA Offit und andere Berater des Beratungsausschusses für Impfstoffe ein, um verschiedene impfstoffbezogene Fragen zu erörtern. Dazu gehört unter anderem jene, ob Menschen, die von Natur aus immun sind, empfohlen werden sollte, sich nur einmal impfen zu lassen, auch wenn sie noch nie geimpft worden sind.



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