Verlockende Bodenschätze: Wagner-Gruppe in Afrika mehr politisch als militärisch aktiv

Die russische Wagner-Gruppe ist in Afrika weit mehr als nur eine Söldnerarmee. In mehreren Ländern verfolgt sie gezielt politische und wirtschaftliche Interessen. Es geht auch um Bodenschätze.
Jewgeni Prigoschin, Leiter der Wagner-Gruppe.
Jewgeni Prigoschin, Leiter der Wagner-Gruppe.Foto: Uncredited/AP/dpa
Epoch Times15. März 2023

Die Aktivitäten der russischen Wagner-Gruppe – dem kremlnahen, privaten Militärunternehmen – in mehreren Ländern Afrikas sind ein offenes Geheimnis. Weitaus weniger bekannt ist hingegen, dass die berüchtigte Gruppe auch eine politische und wirtschaftliche Agenda in Afrika verfolgt, wie ein neuer Bericht der Globalen Initiative gegen grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (Globale Initiative) zeigt. Und zwar bereits in mehr als einem Dutzend Ländern.

Wagner wolle damit einerseits gegen den Westen Stimmung machen und andererseits wirtschaftlich profitieren, sagt die Hauptautorin des Berichts, Julia Stanyard.

Seit Wagners erstem dokumentierten militärischen Einsatz in Afrika Ende 2017 habe die von dem russischen Oligarchen Jewgeni Prigoschin – einem engen Verbündeten Wladimir Putins – geleitete Gruppe expandiert. Inzwischen sei Wagner in mehr Ländern Afrikas politisch als militärisch engagiert, sagt Stanyard. Und das oft im Ausgleich für Bergbaukonzessionen.

In rechtlicher Grauzone unterwegs

Wagner agiere laut Stanyard in einer rechtlichen „Grauzone“, die legalen sowie illegalen Handel einschließe. Dazu gehörten kriminelle Aktivitäten wie Gewalt gegen Zivilisten durch Söldner, Desinformationskampagnen und Wahlmanipulation bis hin zum Schmuggel von Rohstoffen im industriellen Maßstab. Zahlreiche russische Bergbauunternehmen seien nach Angaben des Globalen Instituts auf dem Kontinent angesiedelt, oft verdeckt von Proxy-Firmen.

„Es handelt sich um eine komplexe Dynamik zwischen Russland, seinen Oligarchen und kriminellen Netzwerken sowie ihre Interaktion mit afrikanischen Regierungen, Unternehmen und der Bevölkerung“, erklärt Stanyard. „Wagner ist als Organisation einzigartig in der Breite, dem Umfang und der Kühnheit ihrer Aktivitäten“.

Vor allem seit Beginn des Ukraine-Kriegs habe Afrika für Russland an strategischer Bedeutung gewonnen, sagt Priyal Singh vom Institut für Sicherheitsstudien (ISS). Afrikas Reichtum an Bodenschätzen und Bedarf an Energie ermögliche es dem Kreml, westliche Sanktionen zu umgehen. Waffenhandel und Söldnereinsätze würden dabei gezielt genutzt, um politischen und wirtschaftlichen Einfluss auszubauen, so Singh.

Diamanten, Öl und Gas

Mittlerweile hätten laut ISS eine ganze Reihe russischer Staatsunternehmen in Afrika Fuß gefasst: der Staatskonzern Alrosa konzentriere sich auf Diamantenförderung in Angola und Simbabwe, während der Ölkonzern Rosneft in Nigeria und anderen Ländern Öl- und Gasexploration betreibe. Der russische Nuklearkonzern Rosatom fokussiere sich auf die Entwicklung von Atomenergie in Afrika. Auch andere russische Energieunternehmen, wie Gazprom und Lukoil, hätten ihre Präsenz mit erheblichen Investitionen in Angola, Uganda, Ägypten und Algerien verstärkt.

Wichtig für Wagner sei dabei, alternative Routen für den Transport von Rohstoffen und Waffen zu schaffen. Nach Angaben der Globalen Initiative, will Wagner Kameruns Hafenstadt Douala und Kenias Hauptstadt Nairobi als logistische Drehscheiben ausbauen.

Ein Paradebeispiel für Wagners Strategie sei die Zentralafrikanische Republik (ZAR), wo Präsident Faustin Archange-Touadéra der Gruppe als Gegenleistung für militärische und politische Unterstützung den Zugang zu Bodenschätzen wie Diamanten, Gold und Holz gewährt habe. Wagner sei inzwischen so sehr in der ZAR verankert, dass die Gruppe regelrecht den Staat vereinnahme, sagt Stanyard.

Zahlreiche Wahlen stehen an

In den nächsten 18 Monaten stehen in Afrika ein knappes Dutzend Wahlen an. Eine heiße Phase für Wagners politische Einflussnahme. Russland konzentriere sich gezielt auf die Unterstützung autoritärer Regime, sagt Cayley Cliffort vom Südafrikanischen Institut für Internationale Angelegenheiten (SAIIA). Mittel zum Zweck seien Desinformationskampagnen, die die russische Agenda fördern und gegen den „imperialistischen“ Westen Stimmung machen.

Auch sei Wagner in die Finanzierung politischer Kandidaten, die Bereitstellung parteiischer Wahlbeobachter bis hin zur Wahlmanipulation involviert, so Cliffort. Wagner nutze hierfür staatliche Medien wie Russia Today (RT) und Sputnik, soziale Medien oder auch lokale Medienhäuser und Influencer, um authentisch zu erscheinen.

Nach einem Putsch im Sudan 2019 habe Wagner gezielt die neuen Militärmachthaber unterstützt, sagt Cliffort. Russische Kommunikationsspezialisten hätten sich an sudanesische Nutzer von sozialen Medien gerichtet und mit Desinformationskampagnen regierungskritische Proteste geschwächt. „Wie auch anderswo in Afrika hat Russland politische Schwachstellen im Sudan ausgenutzt, um sich einen Sitz am Verhandlungstisch zu sichern“, sagt Clifford. Russland habe demanch als Gegenleistung Lizenzen zum Goldabbau erhalten.

Und es fließt viel Geld

Ein Bericht der südafrikanischen Wahlkommission zeigt, dass die Regierungspartei African National Congress (ANC) vergangenes Jahr umgerechnet knapp 800.000 Euro von der Bergbaufirma United Manganese of Kalahari Ltd. erhielt, zu dessen Investoren Berichten zufolge der sanktionierte russische Oligarch Viktor Vekselberg zählt. Mit dem Betrag wurde Berichten zufolge der ANC Parteitag im Dezember finanziert, auf dem Präsident Cyril Ramaphosa als Parteichef und damit Präsidentschaftskandidat für die Wahlen 2024 bestätigt wurde.

Bei Wahlen im Inselstaat Madagaskar sei der Zugang zu Rohstoffen für die Finanzierung von Präsidentschaftskandidaten eine Quid-pro-quo-Vereinbarung gewesen, sagt Stanyard. Die für dieses Jahr angesetzten Wahlen könnten nach Einschätzung der Analysten ähnlich verlaufen.

Auch in anderen Ländern, in denen Wagner wohl seine Finger im Spiel hat, finden demnächst Wahlen statt: Simbabwe, Libyen, Mali, der Demokratischen Republik Kongo sowie dem Sudan und Südsudan. Da gelte es, die Augen offen zu halten, so Stanyard. (dpa/il)



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