Vor EU-Türkei-Gipfel: De Maizière relativiert Menschenrechtsverletzungen – „Türkei verdient Anerkennung und nicht Kritik“

„Ankara hat unter humanitären Gesichtspunkten zuletzt Bemerkenswertes geleistet. Dort sind 2,5 Millionen Flüchtlinge aus der Krisenregion in Syrien aufgenommen worden. Das verdient Anerkennung und nicht Kritik“, sagte de Maizière. Zu den innenpolitischen Kurs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und der AKP-Regierung fügte er hinzu: „Wir sollten nicht der Schiedsrichter beim Thema Menschenrechte für die ganze Welt sein.“
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«Sollten nicht der Schiedsrichter beim Thema Menschenrechte für die ganze Welt sein», sagte Bundesinnenminister de Maiziere vor dem EU-Türkei-Gipfel.Foto: FADEL SENNA/Getty Images
Epoch Times5. März 2016

Vor dem wichtigen Sondergipfel der EU und der Türkei zur Flüchtlingskrise verlangt Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mehr Anerkennung für die Leistungen der Türken.

„Ankara hat unter humanitären Gesichtspunkten zuletzt Bemerkenswertes geleistet. Dort sind 2,5 Millionen Flüchtlinge aus der Krisenregion in Syrien aufgenommen worden. Das verdient Anerkennung und nicht Kritik“, sagte de Maizière der „Passauer Neuen Presse“. Offensichtlich mit Blick auf den innenpolitischen Kurs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und der AKP-Regierung fügte er hinzu: „Wir sollten nicht der Schiedsrichter beim Thema Menschenrechte für die ganze Welt sein.“ Kritisiert wird vor allem das Vorgehen gegen die Kurden und oppisitionelle Medien.

Die Türkei müsse aber auch ihren Beitrag zur Grenzsicherung leisten, sagte de Maizière. „Es gibt hier viele Möglichkeiten des Interessenausgleichs und der Zusammenarbeit. Auch unterhalb einer (EU-)Vollmitgliedschaft.“ Die EU hat der Türkei bereits drei Milliarden Euro zur besseren Versorgung der aufgenommenen Flüchtlinge zugesagt und die Aufnahme von Flüchtlingskontingenten aus der Türkei generell in Aussicht gestellt. Die Türkei verlangt die drei Milliarden Euro allerdings jährlich.

De Maizière: „Flüchtlinge legal nach Europa holen“

Der Bundesinnenminister mahnt auch zu mehr Solidarität in Europa. Ankara habe zuletzt Bemerkenswertes geleistet, nun müsse das Land entlastet werden, sonst, so de Maizière „werden wir alle scheitern“.

Dabei setzt er im Streit über die europäische Flüchtlingspolitik auf einen Durchbruch beim EU-Gipfel in Brüssel. „Europa muss die Lasten solidarisch teilen“, so de Maizière zur Zeitung. Die EU habe sich bereits auf die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen verständigt. „Wenn das umgesetzt würde, wäre schon viel erreicht", so de Maiziere. 

Die illegalen Wege der Flüchtlinge nach Europa müssten durch legale ersetzt werden, „aber auf niedrigem Niveau“, forderte der Bundesinnenminister. 

Keine Migranten aus Griechenland

Flüchtlinge aus Griechenland will der Minister aber nicht nach Deutschland holen. „Griechenland ist jetzt in einer schwierigen Situation, aber sie ist lösbar“, sagte er. „Griechenland hat elf Millionen Einwohner. Dort sind jetzt etwa 25.000 Flüchtlinge angekommen.“  

Im Interview machte de Maizière Griechenland verantwortlich für die vielen Flüchtlinge in Deutschland. Sie hätten damit begonnen die Menschen nach Deutschland durchzuwinken. „Die Balkanstaaten haben das übernommen. Das geht vor allem zu Lasten Deutschlands. Die Politik des Durchwinkens ist jetzt vorbei und muss vorbei bleiben," so der Minister. 

Große Pläne

In einem gemeinsamen Brief an die EU-Kommission skizzieren de Maizière und sein italienischer Ministerkollege Angelino Alfano ihre Vorstellungen von einer gemeinsamen europäischen Aufnahme- und Asylpolitik. Nötig sei eine „ehrgeizige Reform der Dublin-Regulierung“ mit einem „neu justierten Gemeinsamen Europäischen Asylsystem“, heißt nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag) in dem ihr vorliegenden Schreiben.

Als Maßnahmen genannt werden jene, die auch in der angestrebten Kooperation von EU und Türkei im Gespräch sind: Sicherung der EU-Außengrenzen, EU-weiter Mechanismus zur Registrierung und Sicherheitsüberprüfung der Flüchtlinge und deren faire Verteilung. Beide sprechen sich der Zeitung zufolge dafür aus, die national verschiedenen Aufnahmebedingungen, Auswahl-Prozeduren und Asylbewerber-Rechte EU-weit anzugleichen.

Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, forderte „eine Vereinbarung für die Flüchtlinge aus Aleppo, die an der türkisch-syrischen Grenze stranden“. Sie sollten direkt nach Europa geflogen und dort verteilt werden, sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Ausdrücklich lobte Weber die Strategie von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), eine europäische Lösung mit der Türkei anzustreben: „Was sie in Europa versucht, ist historisch das Richtige. Wenn man in zehn Jahren zurückblickt, wird man das klar erkennen.“ CSU-Parteichef Horst Seehofer hatte Merkel zwar auch Erfolg gewünscht, setzt in erster Linie aber auf nationale Obergrenzen der Flüchtlingsaufnahme. (so/dpa) 



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