Vorsichtige Hoffnung auf eine Einigung im Schuldenstreit
Es seien aber noch lange und schwierige Debatten zu erwarten, verlautete am Abend aus Kreisen der Geldgeber. Frankreichs Präsident François Hollande bezeichnete die Vorschläge als „seriös und glaubwürdig“. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann betonte, es gebe die Chance auf eine Einigung. Die deutsche Regierung gab dagegen noch keine inhaltliche Bewertung ab. An den Märkten herrschte angesichts einer möglichen Einigung Zuversicht.
Die griechische Regierung hatte das 13-seitige Papier kurz vor Abgabeschluss am späten Donnerstagabend der EU übermittelt. Es sieht die Abschaffung von Steuervergünstigungen für den Tourismussektor und die Inseln und die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre vor. Die Militärausgaben sollen gesenkt, Staatsunternehmen privatisiert und Steuerbetrug stärker verfolgt werden.
Viele der Vorschläge basierten auf früheren Papieren, die für eine Verlängerung des nunmehr ausgelaufenen zweiten Hilfsprogramms um einige Monate gedacht waren, hieß es aus Brüssel. Nun gehe es um eine drittes Hilfsprogramm, das über drei Jahre laufen solle. Das sei ein erheblicher Unterschied. Die Frage der Schulden und einer möglichen Schuldenumstrukturierung stünden weniger im Vordergrund. Die Laufzeiten der europäischen Hilfskredite seien bereits erheblich gestreckt worden. Rück- und Zinszahlungen begönnen erst nach 2020.
Nach Ansicht der litauischen Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite sind die Vorschläge unzureichend. Sie basierten auf veralteten Informationen und müssten „ernsthaft angepasst“ werden, sagte sie nach Angaben der Agentur BNS in Vilnius. „Wir akzeptieren die eingereichten Dokumente als Griechenlands politischen Wunsch, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren.“
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sprach am Freitagnachmittag in einer Telefonkonferenz mit IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Präsident Mario Draghi und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem über die Vorschläge aus Athen. Über den Inhalt des Gespräches wurde nichts bekannt. Der IWF wollte die neuen Reform- und Sparvorschläge nicht kommentieren. Lagarde wird nach Angaben eines Sprechers an dem Sondertreffen der Eurogruppe in Brüssel teilnehmen.
Die Finanzminister der Eurozone wollen dann darüber entscheiden, ob die Maßnahmen ausreichen, um die Verhandlungen über das neue Hilfspaket im Rahmen des ESM in Gang zu setzen. Gäben sie grünes Licht, wäre das ein Durchbruch. Am Sonntag kommen dann die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedstaaten zu einem Sondergipfel zusammen. Mehrere Parlamente der Eurozone – darunter der Deutsche Bundestag – müssten ihre Zustimmung zu dem Paket geben.
In vielen Punkten entspricht das Athener Schreiben den letzten Forderungen der Gläubiger. Die blockierten Milliardenhilfen für Athen aus dem am 30. Juni ausgelaufenen zweiten Hilfspakt wurden damals nicht freigegeben, weil Athen die Verhandlungen abgebrochen hatte.
Die neuen Athener Vorschläge gehen nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft sogar über die letzten Sparvorgaben der Gläubiger hinaus. „Das im Gegenzug geforderte dreijährige Hilfsprogramm mit einem Volumen von über 53 Milliarden Euro würde Wirtschaftsakteuren in Griechenland die Unsicherheit nehmen, die sich in den vergangenen Monaten breitgemacht hat“, erklärte IW-Chef Michael Hüther in einer Mitteilung.
(dpa)
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