Warschau bestellt nach Macrons Verbalattacke Frankreichs Botschafter ein
Kurz vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich haben scharfe Äußerungen von Staatschef Emmanuel Macron einen diplomatischen Eklat zwischen Paris und Warschau ausgelöst. Polens Außenministerium bestellte am Freitag den französischen Botschafter ein, nachdem Macron den polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki in einem Interview als einen „rechtsextremen Antisemiten“ bezeichnet hatte.
Der polnische Regierungssprecher Piotr Müller bezeichnete Macrons Kommentare als „unverständlich“ und führte sie auf die „politischen Emotionen“ im Vorfeld der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag zurück. Den polnischen Regierungschef mit Antisemitismus in Verbindung zu bringen, sei „einfach eine Lüge“, betonte Müller. Er hoffe, dass Macron nach der Wahl anders reden und „sich wirklich an die historischen Fakten halten“ werde.
Macron war Morawiecki in einem Interview mit der Zeitung „Le Parisien“ scharf angegangen, nachdem dieser ihn für seine Gespräche mit Kreml-Chef Wladimir Putin kritisiert hatte. Am Mittwoch hatte er Morawiecki bereits beschuldigt, sich in den französischen Wahlkampf einzumischen, und auf dessen Nähe zu seiner rechtsgerichteten Rivalin bei den Präsidentschaftswahlen, Marine Le Pen, hingewiesen.
Morawiecki hatte Macron zuvor für seine zahlreichen Telefonate mit Putin im Vorfeld und nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine kritisiert. „Wie oft haben Sie mit Putin verhandelt und was haben Sie erreicht? Man debattiert und verhandelt nicht mit Kriminellen. Kriminelle müssen bekämpft werden“, sagte er. Zudem fragte er Macron, ob er auch mit Hitler oder Stalin verhandelt hätte.
Der französische Präsident wies die Kritik an seinen Gesprächen mit Putin zurück. Er habe „Stunden“ in Gesprächen mit dem russischen Staatschef verbracht, sagte Macron am Donnerstag den Lesern von „Le Parisien“. „Jede Diskussion ist von Zynismus geprägt, es ist nie ein Vergnügen.“ Es sei aber seine „Pflicht“, den Dialog mit Putin aufrechtzuerhalten.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm Macron am Freitag in Schutz. Die Kritik an dem französischen Präsidenten sei „unberechtigt“, sagte er bei einem Besuch in London. Macron versuche mit seinen Gesprächen mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj sowie in den Telefonaten mit Putin „seinen Beitrag dazu zu leisten, dass wir eine Chance haben für einen Waffenstillstand, für den Rückzug der russischen Truppen.“ (afp/dl)
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