Was ist das für eine Welt? – Nachdenkdebatte über die EZB-Politik zum Jahresende | ET im Fokus

Die maroden Staaten hätte Draghi nicht retten sollen. "Doch jetzt kommen wir da nicht mehr raus", meint Hans-Werner Sinn. Allenfalls gebe es vier Behandlungsmethoden für den "unheilbar kranken Patienten", die allesamt nicht optimal seien, sofern man am Euro festhält.
Epoch Times31. Dezember 2019

Im Interview mit „Mission Money“, über das „Finanzen 100“ berichtete, plaudert Hans Werner Sinn über Hintergründe, Risiken und Lösungsansätze.

Dass hohe Negativzinsen kommen, glaubt Sinn nicht. Doch im Umfang der Kosten für Bargeldaufbewahrung in Tresoren und bei Versicherungen können die Notenbanken Negativzinsen erheben.

Schon heute „horten“ viele Bürger und Banken massiv Bargeld. Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte aber die Kosten für die Hortung erhöhen, also weitere große Geldscheine abschaffen, um die Negativzinsen weiter zu senken. Eine Abschaffung vom Bargeld sei politisch – zumindest offiziell – nicht gewollt.

„Aber es gibt Kräfte im Hintergrund, die das wollen“, wie ein älteres Ideenpapier des Internationalen Währungsfonds unter der Ägide von Christine Lagarde belegt.

So soll Bargeld jährlich in Höhe des Negativzinses abgewertet und nur noch unbar gezahlt werden können.

Was ist das für eine Welt, in dem der Gläubiger dem Schuldner Geld zahlt?“, fragt Sinn.

Die Volksbank Raiffeisenbank Fürstenfeldbruck erhebt als erste Bank in Deutschland Strafzinsen in Höhe von 0,5 Prozent auf das Guthaben von Tagesgeldkonten. Und das bereits ab dem ersten Cent.

Dies ist leider erst der Anfang, prognostizieren die Finanzexperten Friedrich und Weik. In Zukunft werden uns allen Strafzinsen von minus vier bis minus fünf Prozent blühen, wenn weiterhin an dem zum Scheitern verurteilten Währungsexperiment Euro festgehalten wird.

Die beiden Experten wurden vor Jahren für die Warnung vor den Negativzinsen noch belächelt. Nun ist diese Prognose Realität geworden.

Die einst wahre Geldpolitik, wo Banken gegen marktgerechten Zins und gute Sicherheiten ein paar Tage Geld liehen, mutierte unter dem Ex-Präsidenten der Europäischen Zentralbank Mario Draghi zu einer Rettungspolitik.

Damit erzeugte er „Nachfrage und Dampf im System“, übertönte die eigenen ökonomischen Probleme und blähte die Wirtschaft auf. Aber zurück zu den vier Behandlungsmethoden, die wir am Anfang erwähnten.

Denn laut Sinn gebe es momentan allenfalls nur vier Varianten, mit denen der unheilbar kranke Patient sich retten könnte.

  • Erstens: Eine Transferunion. Insbesondere die forcierte europäische Einlagensicherung auf europäischer Ebene, hält Sinn für „eine gefährliche Geschichte.“ Das lade Banken nur zum „Zocken“ ein.
  • Zweitens: Die Krisenländer könnten in eine Deflation gehen. Aber durch sinkende Preise und Löhne würden die maroden Staaten damit bis an den Rand eines Bürgerkrieges getrieben.
  • Drittens: Man könnte hoffen, dass die Inflation nur in Deutschland und in anderen nördlichen Ländern stattfindet, aber nicht im Süden.
  • Und der vierte Weg ist „die atmende Währungsunion“. Sinn schlägt vor, ein neues Regelwerk für den Euro zu entwickeln, das härtere Budgetbeschränkungen enthält und den Austritt aus dem Euro erleichtert.

Sinn zufolge könnte es vielleicht erst einmal so weitergehen, weil sich die EZB unter Draghi den Freiraum erkämpft habe, „alles mit der Druckerpresse zu tünchen“.

Aber „Ein ineffizientes System kann man über Jahrzehnte hinschleppen, nur es fällt dann immer weiter zurück gegenüber anderen Ländern. Europa müsste eigentlich stark werden.“

Friedrich und Weik sind davon überzeugt, dass „sich die wirtschaftliche Lage nicht verbessern wird.“ Bei den wichtigsten Zentralbanken werden Zinssenkungen und neue Aufkaufprogramme erwartet. Auslöser ist die sich am Horizont abzeichnende Rezession.

Bekanntlich ist der Euro viel zu stark für Südeuropa und viel zu schwach für Deutschland, so die beiden Finanzexperten.

„Solange wir in Deutschland den Euro haben, werden die Sparer weiter rasiert und die Immobilienblase weiter aufgepumpt und zwar bis zum bitteren Ende,“ so Friedrich und Weik.

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