Weltbank korrigiert Wachstumsprognose nach unten

Für das Wirtschaftsjahr 2023 ist global mit deutlich mehr Problemen zu rechnen als noch im Juni 2022 angenommen: Die Weltbank korrigierte ihre Prognose zum weltweiten Wachstum um 1,3 Prozentpunkte nach unten. Eine Rezession würde die ärmsten Länder wohl am schlimmsten treffen.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat zugelegt.
Ein Turmdrehkran auf einer Baustelle.Foto: Bernd Thissen/dpa
Von 12. Januar 2023


Die Weltbank hat ihre globale Wachstumsvorhersage für 2023 auf nur noch 1,7 Prozent gesenkt. Noch im Juni 2022 hatte sie mit 3,0 Prozent gerechnet. Das hat unter anderen das Online-Portal „Business Insider“ bekannt gegeben. Als Gründe nannte das Portal die „hohe Inflation, steigende Zinsen“ und den „russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine“.

Praktisch überall auf der Welt werde das Pro-Kopf-Einkommen langsamer wachsen als in der Zeit vor der Corona-Pandemie, heißt es im aktuellen Weltbank-Bericht „Global Economic Prospects“. Man rechne mit dem drittschwächsten Wachstumstempo der vergangenen drei Jahrzehnte. Nur 2009 und 2020 habe es einen stärkeren Wachstumsrückgang als nun erwartet gegeben, heißt es auf der offiziellen Webseite der Weltbank. 2009 hatte die Lehman-Brothers-Bankenpleite zu einer globalen Wirtschaftskrise geführt, 2020 die Corona-Krise.

Für die Industrieländer gehe die Weltbank noch von einem durchschnittlichen Wachstum von 0,5 Prozent aus – ein Minus von 1,7 Prozentpunkten im Vergleich zur Juni-Vorhersage. Der Rückgang betreffe mit 95 Prozent fast alle Industriestaaten.

Bundesbank: Deutschlands BIP plus 1,8 Prozent?

Für Deutschlands Brutto-Inlandsprodukt (BIP) hatte die Bundesbank nach Informationen der „Tagesschau“ zuletzt Mitte Dezember 2022 ein Wachstum von 1,8 Prozent für das Jahr 2023 vorausgesagt, – einen halben Prozentpunkt weniger als noch im Juni. Die Ursache sehe die Bundesbank in der „massiv verschlechterte[n] Energieversorgung durch den vollständigen Stopp russischer Gaslieferungen, eine[r] schwächer steigende[n] Auslandsnachfrage und höhere[n] Finanzierungskosten“. Auch die wegen der hohen Inflation zu erwartende Kaufzurückhaltung der Verbraucher spiele eine Rolle.

Wahrscheinlich besonders stark leiden würden der Einzelhandel, „konsumnahe Dienstleister“ und „die energieintensiven Industrien wie die Chemieindustrie“, so die „Tagesschau“. Eine Besserung sei nach Einschätzung der Bundesbank wohl erst im zweiten Halbjahr 2023 in Sicht. Die Inflation in Deutschland bleibe trotz eines leichten Rückgangs um 1,4 Prozentpunkte auf einem hohen Niveau von wahrscheinlich 7,2 Prozent. Alle Schätzungen unterlägen allerdings einer „ungewöhnlich hohen Unsicherheit“.

Der Eurozone droht Nullwachstum

Noch düsterer sehen die Aussichten laut „Business Insider“ für die gesamte Eurozone aus: Statt der im Juni 2022 prognostizierten Wachstumsrate von 1,9 Prozent könnte es zu einer Stagnation beziehungsweise zu einem Nullwachstum kommen.

Besser stehe es momentan noch um die Schwellen- und Entwicklungsländer: 3,4 Prozent Wachstum dürften diese 2023 laut Weltbankprognose durchschnittlich schaffen. Das würde immer noch ein Minus von 0,8 Prozentpunkten gegenüber der Juni-Schätzung bedeuten. Fast 70 Prozent der Juni-Vorhersagen für die Schwellen- und Entwicklungsländer seien in der aktuellen Prognose nach unten korrigiert worden, so der „Business Insider“.

Der Volkswirt Ayhan Kose, Direktor der Weltbank-Prospects-Group und zuständig für die Prognosen, sieht die Weltwirtschaft laut „Business Insider“ „auf Messers Schneide“. Sollte es 2023 nach 2020 schon wieder zu einer Rezession kommen, werde dies „historisch sein“ und „ziemlich kostspielig werden“. Zwei Rezessionen innerhalb desselben Jahrzehnts habe es zuletzt in den 1930er-Jahren gegeben.

Das Dilemma der Notenbanken

Die Zentral- und Notenbanken stünden vor einem Dilemma: Einerseits müssten sie die Leitzinsen auf hohem Niveau halten oder sogar erhöhen, um die weltweite Teuerungsrate einzudämmen. Andererseits könnten hohe Kreditkosten zu noch mehr Schulden bei den Unternehmen führen. Arbeitsmarkt und Konjunktur würden leiden. Geschäftspleiten wären wohl unvermeidlich, das Risiko einer Rezession würde sich weiter erhöhen.

Entwicklungsländer besonders betroffen

Trotz ihrer insgesamt höheren Wachstumsraten würden die Entwicklungsländer wohl in besonderem Maße von einer Schuldenkrise und einem wirtschaftlichen Abschwung bedroht sein, meint Kose. Deren Finanzierungen basierten zumeist auf geliehenem Geld. Neue Investitionen seien deshalb besonders nötig, um einen noch stärkeren Wachstumsrückgang zu vermeiden.

Weltbank-Präsident David Malpass sieht das ähnlich: „Es besteht eine verheerende Diskrepanz zwischen den Regionen, die umfangreiche neue Investitionen benötigen, um die wachsende Bevölkerung zu versorgen, und den tatsächlichen Investitionsströmen“.

Kleinere Staaten mit unter 1,5 Millionen Einwohnern seien besonders von der schwächelnden Weltwirtschaft bedroht und anfällig für Schocks, so der Weltbank-Volkswirt Kose. Schon in der Corona-Krise hätten beispielsweise Inseln wie Mauritius oder die Malediven unter den ausbleibenden Übernachtungszahlen gelitten. Außerdem seien die kleinen, oft hoch verschuldeten Länder in der Regel stark von Importen lebenswichtiger Güter und von ausländischen Krediten abhängig, und es bestehe ein höheres Risiko von Naturkatastrophen. Die wirtschaftliche Erholung gehe in den kleinen Ländern wahrscheinlich nur sehr langsam voran.

Für 2024 sieht es nach Einschätzung der Weltbank nicht viel besser aus. Das globale Wachstum könnte dann bei 2,7 Prozent liegen. Im Juni 2022 hatte die Weltbank noch mit 3,0 Prozent für das Jahr 2024  gerechnet.

Der rund 200-seitige Bericht der Weltbank ist im Internet als PDF-Datei in englischer Sprache abrufbar.

IWF-Prognose 2023 bei 2,7 Prozent Wachstum

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte im Oktober 2022 eine globale Wachstumsvorhersage für 2023 von 2,7 Prozent getroffen. Er ging vom schwächsten globalen Wachstum seit rund 20 Jahren aus – von den Jahren 2009 und 2020 abgesehen. Als Hintergrund nannte der IWF ebenfalls die weltweit hohe Inflation, den Ukraine-Krieg und die Folgen der Corona-Krise.

Weltbank im Kampf gegen Armut

Bei der Weltbank bzw. der Weltbankgruppe handelt es sich nach Informationen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung um
eine „Sonderorganisation“ der Vereinten Nationen („United Nations Organisation“, UNO). Sie war 1944 von den UNO-Mitgliedsstaaten in Bretton Woods gegründet worden, – zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF).

Die Weltbank und das IWF sollten ursprünglich dafür sorgen, den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zu unterstützen und stabile Währungen zu etablieren. Seit den 1960er-Jahren bekämpfe die Weltbank vor allem die Armut und die schlechten Lebensbedingungen der Menschen in den sogenannten Entwicklungsländern.



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