WHO-Chef: „Die Welt sollte sich auf eine Krankheit einstellen, die noch tödlicher ist als COVID“

Mitgliederstaaten gründen ein weltweites Überwachungssystem für Krankheitserreger. Die Organisation hat eine Liste mit den gefährlichsten Krankheiten erstellt. Die Entwicklung von Impfstoffen, die beim Kontakt mit menschlichem Schweiß freigesetzt werden, ist im Gange.
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WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Die 194 Mitgliedstaaten tagen bis Ende Mai im Hauptsitz der WHO in Genf.Foto: Fabrice Coffrini/AFP via Getty Images.
Von 24. Mai 2023


Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), erwartet in naher Zukunft offenbar weitere Pandemien. „Die Welt sollte sich auf eine Krankheit einstellen, die noch tödlicher ist als COVID“, zitieren den Äthiopier mehrere britische Tageszeitungen.

Tedros sagte auf dem Forum der Weltgesundheitsversammlung in Genf, dass die Gefahr einer weiteren Gesundheitskrise nicht auf die lange Bank geschoben werden dürfe. Auch wenn die „dunkelsten Tage der Pandemie“ der Geschichte angehörten, könne sich eine COVID-Variante entwickeln, die die Welt wieder auf den Nullpunkt zurückwerfen könne.

„Die Gefahr, dass eine weitere Variante auftaucht, die neue Krankheits- und Todesfälle verursacht, bleibt bestehen. Und es besteht weiterhin die Gefahr, dass ein anderer Erreger auftaucht, der noch tödlicher sein könnte“, behauptete er, blieb allerdings Beweise dafür schuldig.

„Verheerende“, aber noch nicht entdeckte Erreger

Bei der Jahrestagung der 194 Mitgliedstaaten rief die WHO das internationale Überwachungsnetzwerk für Krankheitserreger („IPSN“) ins Leben. Spezifische Krankheiten nannte Tedros in diesem Zusammenhang nicht. „Krankheit X“ sei aber ein Platzhalter für „einen verheerenden, noch nicht entdeckten Krankheitserreger“.

Das „IPSN“ werde allen Ländern Zugang zur Genomsequenzierung verschaffen, um neu auftretende Krankheitsbedrohungen mithilfe der Genomik zu erkennen und darauf zu reagieren.

Die Genomik – die Untersuchung des genetischen Materials eines Virus – helfe Wissenschaftlern, Mutationen zu erkennen, die einen Krankheitserreger infektiöser oder tödlicher machen könnten. Die Wissenschaftler könnten dann Behandlungen und Impfstoffe gegen die Krankheiten entwickeln. Auch könnten die Staaten mithilfe des Netzwerks „rechtzeitig reagieren“.

In dem Netzwerk sollen Forscher, Regierungen, gemeinnützige Stiftungen und der private Sektor zusammenarbeiten. „Wir können das Problem nicht auf die lange Bank schieben“, betonte Tedros. „Wenn die nächste Pandemie anklopft – und das wird sie – müssen wir bereit sein, entschlossen, gemeinsam und gerecht zu reagieren.“

Aufstellung der „besonders risikoreichen“ Infektionen

Tedros Äußerungen kamen nur wenige Tage nachdem die WHO erklärt hatte, dass COVID-19 nicht länger eine gesundheitliche Notlage von internationaler Bedeutung sei. Stattdessen werde das Virus nun als „etabliertes und anhaltendes Gesundheitsproblem“ betrachtet. Dies sei seit dem Ausbruch in Wuhan im Dezember 2019 „ein wichtiger Schritt“.

Derweil hat die WHO neun Krankheiten ermittelt, die das größte Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellten. Die Organisation stuft sie als „besonders risikoreich“ ein, weil es keine Behandlungsmöglichkeiten gebe oder sie eine Pandemie auslösen könnten.

Auf diese Liste steht neben COVID das hämorrhagische Krim-Kongo-Fieber, eine durch Zecken übertragene Krankheit, an der laut WHO 30 Prozent der Krankenhauspatienten sterben. Ebola, an dem etwa die Hälfte der Infizierten sterbe, ergänzt die Aufstellung. Marburgvirus, Lassafieber, MERS und SARS sind ebenfalls aufgeführt.

Im Verlaufe der Versammlung, die noch bis Ende des Monats dauert, drängte Tedros zudem auf den schnellen Abschluss eines globalen Pandemievertrages. „Der Pandemievertrag, über den die Mitgliedstaaten derzeit verhandeln, muss ein historischer Vertrag werden“, sagte er. Zudem forderte er einen „Paradigmenwechsel bei der weltweiten Gesundheitspolitik“.

Helmholtz-Zentrum glaubt an nächste Pandemie

Die Ankündigung, dass weitere Pandemien die Menschheit heimsuchen, ist nicht neu. Seit dem Ausbruch des Coronavirus stellt sie nicht nur die WHO in Aussicht. Bereits im Dezember 2021 kündigte Prof. Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) an: „Die nächste Pandemie wird kommen. Wann ist ungewiss und auch, mit welchem Erreger wir es dann zu tun haben werden. Potenziell gefährliche Kandidaten sollten wir genau im Blick behalten und beobachten, ob und wie sie sich verändern. Und wir müssen besser erforschen, über welche Wege Krankheitserreger zu uns kommen. Unter welchen Bedingungen sie etwa von Tieren auf den Menschen überspringen.“

Daher müssten „sämtliche Bereiche unserer Gesellschaft dazulernen und sich besser organisieren“. Heinz forderte, Notfallpläne, Leitlinien und verbesserte Infrastrukturen auszuarbeiten. Zudem sollten Forschung und Entwicklung weiter stark vorangetrieben werden, „damit wir bei einer erneuten Pandemie besser gewappnet sein werden.“

Frühwarnzentrum seit 2021 in Berlin

Dafür soll ein im September 2021 eröffnetes Pandemie-Frühwarnzentrum in Berlin sorgen. Wie Epoch Times berichtete, soll dieser sogenannte WHO Hub weltweit Daten sammeln, verknüpfen, auswerten und schnelle Risikoabschätzungen vornehmen.

Von dem neuen Wissenschaftsstandort sollten Menschen weltweit profitieren, sagte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Die Erkenntnisse sollen mit allen Staaten geteilt werden.“ Die Corona-Pandemie habe „gezeigt, wie viel wir erreichen können, wenn wir unsere Kräfte bündeln“. Dass der Hub nun in Berlin angesiedelt sei, drücke „unsere Wertschätzung für die WHO“ aus, sagte Merkel. „Die Arbeit der WHO war mir immer eine Herzensangelegenheit.“

Gates-Millionen für Helmholtz-Forschung

Das Helmholtz-Institut gehört übrigens – wie die WHO auch – zu den Empfängern von Spenden durch die Bill & Melinda Gates Foundation. So erhielt zum Beispiel das in Braunschweig ansässige „Zentrum für Infektionsforschung“ im Jahr 2019 knapp drei Millionen Dollar für die „Identifizierung neuer chemischer Ausgangspunkte für neue Medikamente zur Behandlung von TB [Tuberkulose, Anm. d. Red] und Malaria“.

Auch 2005 schüttete die Gates Foundation ihr Füllhorn mit Millionenbeträgen über der Einrichtung aus.

2010 erhielt das HZI den Zuschlag in der aktuellen Runde des Förderprogramms „Grand Challenges Explorations“ der Bill & Melinda Gates Stiftung. Das Programm unterstützte ein globales Gesundheitsprojekt zur Entwicklung von Nanopartikeln, die Impfstoffe beim Kontakt mit menschlichem Schweiß freisetzen.

Das Braunschweiger HZI führte das Forschungsprojekt „POLMITRANSVAC“ (Pollen Mimetic Transcutaneous Vaccination) in Kooperation mit dem Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarbrücken (HIPS) durch.



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