Zu Deutschland gehört ein Islam, der die Grundrechte bejaht

Das Gewaltpotenzial des Islam führt momentan zu immer mehr Terror weltweit. Oftmals gehen Schwerstkriminalität und der Islamismus dann ineinander über. Wir müssen liberale Muslime stärken, die für demokratische Werte einstehen. Dr. Alfred Schlicht spricht aus langjähriger Erfahrung als Orientalist im Nahen Osten und jetzt wieder in Deutschland.
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Zwei afghanische Frauen in Vollverschleierung links mit Burka, recht mit Niqab bekleidet.Foto: SHAH MARAI/AFP/Getty Images
Von 3. November 2018

„Momentan geht Gewalt unter Berufung auf Religion hauptsächlich vom Islam aus“, sagte der EKD-Vorsitzende Heinrich Bedford-Strohm, ein Mann versöhnlicher Gesinnung, der auch Sympathie für den Islam gezeigt hat.

In immer kürzeren Abständen werden im Namen des Islam weltweit mörderische Terroranschläge verübt. Formelhafte Beschwörungen, „das“ habe nichts mit dem Islam zu tun, sind angesichts dieser Gewaltproliferation nicht mehr ernst zu nehmen, berufen sich die Täter doch auf Kerntexte des Islam, die politisch-historische Praxis der Frühzeit des Islam und die islamische Geschichte.

Auch viele Muslime, die eine gemäßigte, moderne Interpretation ihrer Religion befürworten, werden zu Opfern des salafistischen Terrors.

Die Mehrzahl seiner Opfer findet er in der „islamischen Welt“ selbst, aber immer öfter wird der Terror auch in die Mitte unserer westlichen Gesellschaften getragen. Zwischen Ansbach und Orlando, Manchester und Stockholm, Berlin und Paris kommt es zu blutigen Anschlägen, die eines gemeinsam haben: Die Täter behaupten, im Namen und im Interesse des Islam zu handeln. Vor diesem Hintergrund beklagen gerade auch aufgeklärte Muslime den „Toleranzwahn“ (Zana Ramadani) in den westlichen Gesellschaften.

Moderne Islaminterpretationen verbreiten

„Neukölln ist überall“ nannte der ehemalige Bürgermeister des Berliner Bezirks Neukölln, Heinz Buschkowsky, sein Buch über soziale Brennpunkte. In Marxloh, Molenbeek, Saint-Denis, Luton und vielen anderen muslimischen Ghettos europäischer Großstädte sind islamische Parallelgesellschaften entstanden, die sich in bewusstem Gegensatz und wachsender Distanz zu unseren offenen, liberalen Staaten entwickeln und zunehmend nur noch ihren eigenen Gesetzen gehorchen.

Hier gehen Schwerstkriminalität und islamisch legitimierte Gewaltbereitschaft, die nicht zu unseren modernen Gesellschaften passt, ineinander über und machen eine erstrebte Integration immer weniger möglich. Der Rechtsstaat kann sich nur noch mit massiven Einsätzen der Sicherheitskräfte behaupten.

Dabei müssen wir wohl zugeben, dass weder die Muslime noch die Nichtmuslime ausreichend darauf vorbereitet sind, das nicht Tolerierbare einer gewaltbereiten und intoleranten Auslegung des Islam in die Schranken zu weisen“, sagte der heutige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel.

Denn es gibt durchaus viele Muslime bei uns, die integrationsfähig und -willig sind. Sie müssen sich darum bemühen, ihre moderne Islaminterpretation zu verbreiten und durchzusetzen.

Demokratische Lesarten fördern

Sehr zutreffend fordert der islamische Theologieprofessor Abdel-Hakim Ourghi:

Wir Muslime müssen eine mutige und ehrliche innerislamische Debatte führen, um uns aus der historischen Unmündigkeit zu befreien.“

Denn gewaltlegitimierende Stellen in Koran und Sunna sind durchaus nicht notwendigerweise wörtlich zu nehmen. „Wie die Bibel kann der Koran auf vielerlei Weise gelesen werden“, schreibt die renommierte Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer.

Diejenigen, die einen Islam wollen, der mit einem demokratischen Rechtsstaat vereinbar ist und nicht zur Bedrohung dafür wird, müssen wir unterstützen – damit ihr Islamverständnis sich durchsetzt und damit die Formel „Der Islam gehört zu Deutschland“ mit Leben erfüllt wird. Oder wie der Historiker Heinrich August Winkler treffend formuliert: „Zu Deutschland gehört ein Islam, der die Glaubens-, Meinungs- und Pressefreiheit sowie andere Grundrechte bejaht, sich also auf den Boden des Grundgesetzes stellt und damit der politischen Kultur des Westens öffnet.“

Dr. Alfred Schlicht ist Orientalist und arbeitete viele Jahre im Nahen Osten. Zu seinen Werken gehören u.a. „Die Araber und Europa. 2000 Jahre gemeinsamer Geschichte“ (Kohlhammer 2008) und „Geschichte der arabischen Welt“ (Reclam 2013). Sein neuestes Buch „Gehört der Islam zu Deutschland?“ erschien 2017 in Zürich (Orell&Fuessli)

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