Exklusive Unterbringung: Vier-Sterne-Hotel für Flüchtlinge und Migranten in NRW

Ist die Umwandlung eines Vier-Sterne-Hotels in eine Zentrale Unterbringungseinrichtung Teil der „Nationalen Tourismusstrategie“ von Wirtschaftsminister Robert Habeck?
Titelbild
Logo auf einem Van-der-Valk-Hotel mit seinem charakteristischen Tukan. Die niederländische internationale Hotelkette wird von der Familie Van der Valk geführt.Foto: Istockphoto
Von 2. Juni 2023

Bundeswirtschaftsminister Robert Habecks „Nationale Tourismusstrategie“, eine Offensive zur Beflügelung der durch Corona-Lockdowns, Reisebeschränkungen, Hygieneregeln und Co. schwer beschädigten deutschen Tourismusbranche, ist in vollem Gange.

Zudem richtete das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eine „Nationale Plattform Zukunft des Tourismus“ ein, die am 11. Mai ihre Auftaktveranstaltung hatte. Themenschwerpunkt der „Nationalen Tourismusstrategie“: „umwelt- und klimafreundliche Reise- und Transportmöglichkeiten in touristischen Regionen, die effizientere Nutzung von Daten und Tools für touristische Zwecke, attraktivere Angebote der Tourismuswirtschaft für Fachkräfte“.

Es wird berichtet, dass dazu „entsprechende Initiativen vorgestellt“ wurden.

Willkommen im Van der Valk Hotel Gladbeck

Das Van der Valk Hotel Gladbeck gehört, wie der Name schon sagt, zur seit vier Generationen familiengeführten Van-der-Valk-Gruppe, der größten Hotelkette der Niederlande. Das Vier-Sterne-Hotel in Gladbeck in NRW bietet seinen Gästen auf seiner Website „Exklusive Suiten“ an und verspricht: „Luxuriös und extravagant übernachten“. Von den mehr als 100 Hotels und Restaurants der Kette weltweit befinden sich zwölf Hotels in Deutschland, eines davon in Gladbeck.

Da das Hotel direkt an der A2 liegt, können die Gäste hier schnell und einfach anreisen. Doch wo früher Geschäftsreisende, Familien und sonstige Reisende exklusiv untergebracht worden waren, sollen bald schon Hunderte Migranten einquartiert werden.

Unterbringungskosten: 605.000 Euro – pro Monat

„Das Hotel soll zu einer Flüchtlingsunterkunft mit 620 Plätzen umgewandelt werden“, berichtet die „Bild“ und verweist auf die immensen Kosten dieses bislang einmaligen Projektes in NRW.

Laut den Angaben der Zeitung gehe die zuständige Bezirksregierung Münster von einer monatlichen Kaltmiete von 320.000 Euro aus. Für „Zusatzdienstleistungen“ sollen monatlich weitere 245.000 Euro hinzukommen, etwa für Bettwäsche- und Handtuchwechsel, Hausmeister, Gärtner. Weitere 40.000 Euro schlägt die Nutzung von Einrichtung und Möbeln zu Buche. Rechnet man die zusammen, kommt man auf 605.000 Euro jeden Monat – oder pro Nase 975 Euro.

Die den Angaben nach noch unklaren Umbaukosten sollen ebenfalls durch monatliche Abschläge beglichen werden. Weitere Kosten wie Verpflegungskosten, Taschengeld und themenspezifische Personalkosten wie Security und „Lagerverwaltung“ et ce­te­ra pp. sind hier noch nicht eingerechnet.

Vom Einzelfall zum Geschäftsmodell?

Doch was auch immer an Kosten anfallen wird – letztlich hat dies in irgendeiner Form der Steuerzahler zu tragen. Allerdings sind auch andere Modelle der Unterbringung von Migranten nicht kostenlos. Das umstrittene geplante Containerdorf in Upahl für 400 Asylbewerber wurde auf rund neun Millionen Euro Baukosten geschätzt. Doch die Bevölkerung protestiert. Die 500 dort lebenden Menschen fühlen sich mit der Masse an Menschen überfordert, wollen kein Dorf im Dorf. Schließlich machte sich der gemeinsame Widerstand von Anwohnern und Gemeinderat bezahlt. Es kam zum Verbot der Errichtung des Containerdorfs – per geändertem Baurecht.

Die geplante Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) in dem Gladbecker Hotel soll den Angaben zufolge sowohl für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine als auch für sonstige Asylsuchende genutzt werden. Dementsprechend sind die Menschen dort nur vorübergehend oder bis zum Entscheid ihres Asylantrags untergebracht. Ein Kommen und Gehen. Auch für die Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – nach Deutschland gekommen sind und zuvor viel durchgemacht haben, wird es sich im Hotel deutlich besser auf die Entscheidung ihres Antrags warten lassen als in umzäunten Containerdörfern in abgelegenen Gegenden und von wütender Bevölkerung umgeben.

Für den Tourismus wird das Van-der-Valk-Hotel dann jedoch nicht mehr zur Verfügung stehen. Dabei ist es mit seiner direkten Lage an der A2 besonders für Geschäftsreisende unkompliziert zu erreichen und auch bei den Zimmerpreisen verspricht man „Bestpreisgarantie“ – gut für Familien. Angesichts der rapide angestiegenen Hotelpreise seit Corona ist dieser Teil des Angebots nicht zu unterschätzen.

Hinzu kommt die grassierende Inflation, die den Menschen finanziell tief in die Taschen greift, und auch der bangende Blick in die Rezession. Doch das ist für beide Seiten bedrohlich: für Gäste und Hoteliers. Für das Van der Valk in Gladbeck wird sich das gewählte Modell sicherlich lohnen, wenn auch etwas entfernt von seiner eigentlichen Hotelfunktion. Vollbesetzung und gesicherte Zahlungen über Jahre hinweg sind garantiert. Der „Bild“ liegt ein entsprechender Entwurf über einen Vorvertrag („Letter of Intent“) zwischen der Bezirksregierung Münster und der Hotelgesellschaft vor, aus dem hervorgeht, dass die Laufzeit auf zehn Jahre garantiert sei. Man ist zuversichtlich, dass es ab Herbst 2023 bereits losgehen könnte.

Ob der Deal des Hotels mit den Behörden Teil von Robert Habecks „Nationaler Tourismusstrategie“ ist, bleibt ungewiss. Allerdings könnte sich das Modell durchsetzen – angesichts der angespannten Lage der Branche und der bestehenden Unterbringungsprobleme einer ungebremsten Zuwanderung.



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