Akteure mit politischem Hintergrund: Korruptionswahrnehmungsindex gibt Deutschland Gute Note

Deutschland gehört zu den Staaten mit der international geringsten Korruption. Das bescheinigt der Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International.
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Die NGO Transparency International kämpft gegen Korruption und Geldwäsche.Foto: Patrick Pleul/Symbolbild/dpa
Von 31. Januar 2023

Deutschland hat nach dem neuesten Korruptionswahrnehmungsindex der Organisation Transparency International (TI) einen Platz unter den Top Ten der am wenigsten korrupten Staaten des Jahres 2022 erreicht. 79 von 100 Punkten bedeutet Platz neun. Dieselbe Punktzahl im Corruption Perceptions Index (CPI) hatte Deutschland zuletzt 2014 und 2012 erreicht.

Dänemark und Finnland vorn

Spitzenreiter und damit der am wenigsten korrupt erscheinende Staat ist Dänemark mit 90 Punkten, gefolgt von Finnland und Neuseeland mit jeweils 87 Punkten.

Am schlimmsten sieht es in Somalia aus: Das ostafrikanische Küstenland wurde vom Internationalen Sekretariat von Transparency International lediglich mit zwölf Punkten bewertet. Nur wenig mehr Punkte bekamen der Südsudan und Syrien (je 13), Venezuela (14) und der Jemen (16).

Vertrauen in Deutschland „geschwächt“

Deutschland stehe „im internationalen Vergleich relativ gut da, weil zum Beispiel Alltagskorruption in Polizei oder Verwaltung […] kaum eine Rolle“ spiele, so Margarete Bause, die stellvertretende Vorsitzende von Transparency Deutschland. Die Corona-Maskenaffäre oder der Cum-Ex-Skandal um Kanzler Olaf Scholz hätten aber zuletzt „das Vertrauen in die Integrität von Politik und Wirtschaft“ wieder geschwächt.

Insgesamt komme Deutschland seit zehn Jahren nicht entscheidend voran, was die Bekämpfung von Korruption angehe, mahnte Bause. Die Bundesregierung solle das Thema deshalb nun prioritär behandeln.

Sie empfahl, zunächst die Korruptionsbekämpfung in der „Nationalen Sicherheitsstrategie“ zu „verankern“. Auch die Anstrengungen gegen Geldwäsche und verdeckte transnationale Geldströme müssten verstärkt werden. Es müsse endlich ein „Unternehmensstrafrecht“ her.

Die „Verschärfung des Gesetzes zur Abgeordnetenbestechung“ sei ebenfalls „überfällig“, sagte Bause. Der „Missbrauch des Abgeordnetenmandats zur persönlichen Bereicherung“ dürfe nicht länger straffrei bleiben. Eine entsprechende Änderung des Paragraphen 108e StGB zur Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern sei in die Wege zu leiten.

„Außerdem warten wir weiterhin auf die Einführung des legislativen Fußabdrucks und einer unabhängigen Lobbykontrolle“, mahnte Bause.

Türkei und Ungarn steigen ab

Die größten Punktverluste hatten laut TI in den vergangenen zehn Jahren Ungarn (42 Punkte/Platz 77) und die Türkei (36/101) gemacht. 2012 hätten beide Länder noch jeweils 13 Punkte mehr geschafft. Der Verlust erkläre sich „mit der Beschneidung der Unabhängigkeit der Justiz, Medien und Zivilgesellschaft, die für die Korruptionsbekämpfung und Eindämmung von Machtmissbrauch entscheidend sind“, erläuterte TI.

Ukraine auf Platz 116, Russland auf 137

Nach Angaben von Transparency macht die Ukraine Fortschritte in Sachen Korruption: Innerhalb von zehn Jahren habe sich deren CPI von 26 auf nun 33 Punkte erhöht. Das bedeute Platz 116 im Ranking 2022. Russland liege mit konstant 28 Punkten auf Rang 137.

In der Ukraine seien zwar „viele Strukturen […] verkrustet“ und noch immer verfügten „einzelne Oligarchen […] über sehr viel Einfluss auf politische Entscheidungen“, räumte Transparency Deutschland ein. Dennoch gehe es voran. Das zeige sich beispielsweise „durch die Festnahme des unter Bestechungsverdacht stehenden Vizeministers für Regionalentwicklung Wasyl Losynskyji“, eine stärkere Digitalisierung der Verwaltung und die Einführung eines ebenfalls digitalisierten Beschaffungssystems. Man hoffe, dass durch den EU-Beitrittsprozess „weitere ambitionierte Reformen“ beschleunigt stattfinden können.

Zwei Drittel unter 50 Punkten

Insgesamt hatte Transparency International Politik und Verwaltungen in 180 Ländern unter die Lupe genommen. Dafür habe sie internationale Analysen von zwölf „unabhängigen Institutionen“ und Befragungen von Experten und Führungskräften aus dem Geschäftsleben zur „wahrgenommenen“ Korruption ausgewertet. (Referenz: transparency.de)

Über zwei Drittel der Länder hätten weniger als 50 Punkte erreicht. Der Durchschnitt habe 2022 bei 43 Punkten gelegen – genauso wie im Vorjahr.

Europa im Visier

Alexandra Herzog, die Vorsitzende des deutschen Transparency-Ablegers, sieht insbesondere Europa als den Kontinent, auf den sich internationale Player derzeit konzentrierten, um Einfluss zu gewinnen. Als Beispiele nannte Herzog Bestechungsskandale, in denen Kräfte aus Katar und Marokko beziehungsweise Aserbaidschan mutmaßlich europäische Parlamentarier gegen viel Geld für ihre Zwecke eingespannt haben sollen. Deutsche Politiker sollen ebenfalls darin verwickelt gewesen sein.

Russlands Einfluss auf Deutschland

Auch Russland habe sich nicht erst seit Beginn des Ukraine-Kriegs jahrelang bemüht, Europa und Deutschland „mit Hilfe massiver finanzieller Mittel“ zu untergraben, erklärte Herzog. Längst gebe es „ein Einflussnetzwerk auf Bundes- und Landesebene“.

„Beispiele hierfür sind nicht zuletzt lukrative Posten für den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, die Unterstützung von AfD-Politikern, die Finanzierung der landeseigenen ‚Stiftung Klima- und Umweltschutz MV‘ und Desinformationskampagnen. So konnte Russland politische Entscheidungen zum Beispiel in der Energiepolitik beeinflussen und seine geostrategische Position stärken“, schrieb Herzog auf der TI-Website.

„Hybride Kriegsführung“

Generell beobachte man international „eine wachsende Gefahr durch den Einsatz von Korruption als strategische Waffe“, meint die TI-Vorsitzende Alexandra Herzog. Immerhin gehe es „autokratischen Staaten“ nicht nur darum, ihre eigenen Interessen durchzusetzen, sondern auch darum, „die politische, soziale und wirtschaftliche Stabilität in demokratischen Ländern auszuhöhlen“. Diese „hybride Kriegsführung“ sei „ein wesentlicher Bestandteil des nichtmilitärischen Arsenals moderner Kriege“.

Über Transparency International

Der gemeinnützige Verein Transparency International Deutschland mit Sitz in Berlin setzt sich seit 1996 für eine „effektive und nachhaltige Bekämpfung und Eindämmung der Korruption“ und für eine Schärfung des „öffentlichen Bewusstseins über die schädlichen Folgen der Korruption“ ein. Der Verein versteht sich selbst als „politisch unabhängig“.

Den Vorstandsvorsitz hat seit 2021 die Betriebswirtin Alexandra Herzog inne. Sie engagiert sich seit 2020 auch im Vorstand des FDP-Stadtbezirksverbandes der Kölner Innenstadt. Die Stellvertretende Vorsitzende, die Diplom-Soziologin Margarete Bause, verbrachte bereits 18 Jahre (1986 bis 1990, 2003 bis 2017) für die Grünen im bayerischen Landtag und von 2017 bis 2021 vier Jahre im Bundestag. Stellvertretender Vorsitzender ist auch der Journalist Carel Carlowitz Mohn, der laut Website für die European Climate Foundation und die Stiftung Mercator das Kommunikationsportal „klimafakten.de“ aufgebaut hatte. Ebenfalls mit im Vorstand: Bernd Hüttemann, der hauptamtliche Generalsekretär der Europäischen Bewegung Deutschland, einer Mittlerorganisation des Auswärtigen Amtes.

„Das Jahresbudget von Transparency Deutschland liegt zurzeit bei ca. 550.000 €“, heißt es auf der offiziellen Website. Zu den zahlenden Mitgliedern gehören Konzerne wie Allianz, BASF, die Mercedes-Benz Group, die SAP und die Deutsche Lufthansa, aber auch Städte wie Mainz, Potsdam und Halle und auch Finanzdienstleister wie die kfw Bankengruppe oder die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers.

Auch bei der Dachorganisation Transparency International e.V. handelt es sich um eine NGO mit Sitz in Berlin. Nach ihrer Gründung im Mai 1993 u. a. steht der Verein heute an der Spitze von über 100 nationalen Ablegern. Ins Leben gerufen wurde TI unter anderem von dem Juristen und früheren Weltbank-Manager Dr. Peter Eigen, der seit 2004 mit der Politikwissenschaftlerin und ehemaligen Bundespräsidentschaftskandidatin Prof. Dr. Gesine Schwan (SPD) verheiratet ist.

TI-Vorstandsvorsitzende ist seit 2017 die in Argentinien geborene Rechtsanwältin Dr. Delia Ferreira Rubio. Sie ist Mitglied des PACI Vanguard Committee des Weltwirtschaftsforums (WEF) und Mitglied des Global Compact Board der Vereinten Nationen (UN). Von 2019 bis 2022 war sie Co-Vorsitzende des globalen Anti-Korruptionsrats des WEF.



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