Alexander Gauland gibt „Anleitung Zum Konservativ Sein“
Es ist kaum bekannt, dass AfD-Chef Alexander Gauland bereits 2002 eine „Anleitung Zum Konservativ Sein“ geschrieben hat. Denn, so beginnt er seine Ausführungen, „wer heutzutage das Epitheton ‚konservativ‘ benutzt, kann nicht sicher sein, dass er verstanden wird.“
Dabei wird gleich zu Beginn des Buches deutlich, was einen Konservativen ausmacht und was sein Anliegen ist. Dabei lässt Gauland den französischen Aphoristiker Philippe Garnier zu Wort kommen, der einst in seinem Essay „Über die Lauheit“ schrieb: „Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird man am ehesten konservativ sein, nicht unbedingt in der Absicht, die Interessen der Besitzenden zu schützen, sondern um die Geschwindigkeit der technischen und gesellschaftlichen Veränderungen zu drosseln. Stärker noch als Ungerechtigkeit quält uns das Tempo der Veränderung.“
Im weiteren Verlauf des Buches beschreibt Gauland, warum es so wichtig sei, dem Menschen zuerst inneren Halt und Stabilität zu geben, bevor man ihn mit rasend schnellen Veränderungen sozusagen überrennt. Gauland konnte die Zeichen der Zeit erkennen und wusste 2002 bereits, wohin aller Wandel führen wird und welch inneres Rüstzeug dafür benötigt werde. Seine Erkenntnis formuliert er dabei mit den Worten, dass der Wandel der Gesellschaft, hin zu einer „offenen Gesellschaft der Freien und Gleichen, einer Gesellschaft ohne Sinnzentrum, moralisch und ethisch gefestigte Individuen“ voraussetzt, „die die historischen Halteseile religiöser und moralischer Tabus nicht mehr brauchen, um auch in Krisenzeiten ihr inneres Gleichgewicht, ihre Tugendhaftigkeit zu wahren.“
Die historische Erfahrung habe allerdings das Gegenteil gezeigt: „Die großen Ideologien des 20. Jahrhunderts mit ihrer lang anhaltenden Erfolgsgeschichte zeigen nur zu deutlich, was aus liberal-demokratischen Gesellschaften werden kann, wenn sie ohne verbindliche Mitte in die Krise geraten“, schreibt er. „Der ideale Bürger jener offenen Gesellschaften ohne substantielle Mitte, ohne eindeutig definierten ethnischen, moralischen, kulturellen oder religiösen Identitätskern ist der starke Renaissancemensch, Nietzsches Übermensch, der gut ertragen kann, dass Gott oder die Nation oder die Leitkultur tot sind.“ Allerdings müssten Staat und Gesellschaft mit den vielen Schwachen zurechtkommen, die Mitte und Halt bräuchten, wenn sie überleben sollen.
Der Mensch werde als „rationales Wirtschaftssubjekt“ alleine nicht überleben, so Gauland weiter. Und vor allem jene, die materiell schwächer dastünden, deren Stolz sich nicht aus dem materiellen Erfolg speisen ließe, bräuchten etwas, dass ihnen Eigenwert und Identität vermittele. „Familie, Heimat, Nation sind andere konservative Gegenwelten zur Ökonomie, die man erfinden müsste, wenn es sie nicht gebe“, so Gauland.
Es sei „nicht die Sorge um den Einflussverlust der traditionellen Werteliten, der so genannten gebildeten Schichten, der hier zum Ausdruck kommt“, es sei „die Furcht vor dem Autoritätsverlust moralischer Instanzen und daraus folgend vor der Ausbildung einer Wolfsgesellschaft.“ Der „Widerstand gegen die Desintegration der Gesellschaft“ komme „nicht von den permissiv-zynischen Spaßeliten, sondern von jenen, die Religion und Tradition nicht an der Garderobe zur rationalen Wirtschaftsgesellschaft abgeben können, die an jenen Institutionen festhalten wollen und wohl auch müssen, die in den letzten 1000 Jahren funktioniert haben.“
In einer Zusammenfassung auf der Rückseite des Buches schildert Gauland auf philosophisch-poetische Art das Wesen des Konservativ Seins. Seine wohlklingenden Worte möchte ich hier nicht vorenthalten. Er schreibt:
Wir sind keine unbeschriebenen Blätter. Wir kommen nicht aus dem Nichts. Wir wissen, dass jeder seinen Platz auf der Welt hat, aber dass dieser Platz nicht austauschbar ist. Wir hängen an den Orten, aus denen wir stammen und selbst wenn wir sie verlassen, schütteln wir unsere Herkunft nicht ab. Jeder von uns hat seine Geschichte. Wir sind Menschen mit Eigenarten und bestehen auf unseren Gewohnheiten, weil sie unsere Gemeinschaft erhalten. Wir sind keine Zufallsprodukte, sondern stehen auf dem Grund eines Erbes, das uns prägt. Dieses Erbe ist keine Last, weil wir es lebendig halten. Wir kennen den Verlust und fühlen den Schmerz des Verschwindens, wenn wir auf den Fortschritt blicken. Wir sind Skeptiker, weil wir wissen, wie leicht es ist, etwas einzureißen und wie schwer, etwas aufzubauen. Wir achten die Wirklichkeit und leben aus dem, was immer gilt. Wir bauen keine Luftschlösser, wir bestellen unseren Garten. Mit einem Wort: Wir sind konservativ.
Wer mehr über dieses Buch erfahren und unter Umständen zum Thema mitdiskutieren möchte, den lädt Alexander Gauland am 29. August 2018 nach Neustadt in Sachsen ein. In der Neustadthalle wird er ab 19.00 Uhr eine Lesung halten, die von Susanne Dagen moderiert wird. Dagen betreibt das Buchhaus Loschwitz in Dresden und ist seit 2018 Mitglied im Kuratorium der Desiderius-Erasmus-Stiftung.
Zu Gaulands Person: Geb. 1941 in Chemnitz. Abitur-Ergänzungsprüfung, Stu- dium der Geschichte, Politik- und Rechtswissenschaften (Assessor jur.); Arbeit im Bundespresseamt, als Presseattaché in Edinburgh, für die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag; 1987 bis 1991 Leiter der Hessischen Staatskanzlei; bis 2005 Herausgeber und Geschäftsführer der Märkischen Allgemeinen (FAZ-Verlagsgruppe). Nach über 40 Jahren in der CDU 2013 Mitgründer und stellvertr. Sprecher der Alternative für Deutschland sowie Ehrenvorsitzender in Brandenburg. Er ist einer von zwei Bundessprechern und einer von zwei Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktion der AfD und Oppositionsführer im Deutschen Bundestag.
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