Ampel überarbeitet Heizungsgesetz: Kein Einbauzwang ohne kommunale Wärmeplanung

Die Ampel hat sich auf ein pragmatischeres Heizungsgesetz geeinigt. Es gibt längere Übergangsfristen, zudem muss erst eine kommunale Wärmeplanung vorliegen.
Bernburg
Bis 2028 sollen auch kleinere Städte wie hier Bernburg an der Saale ihre kommunale Wärmeplanung vorlegen. Erst danach soll das Heizungsgesetz auch dort vollständig greifen.Foto: Textbüro Freital
Von 14. Juni 2023

Das von der Ampel geplante und auch intern heftig umstrittene sogenannte Heizungsgesetz wird wohl noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet. Am Dienstag, 13. Juni, haben die Koalitionsparteien eine Einigung verkündet. Es wird demnach eine deutlich pragmatischer gestaltete Novelle zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) geben. Zudem trägt man der Kritik Rechnung, wonach eine kommunale Wärmeplanung dem Inkrafttreten der „Wärmewende“ vorgeschaltet sein solle.

FDP sieht pragmatischeres Heizungsgesetz als ihren Erfolg

Ursprünglich sollten ab 1. Januar 2024 alle neu eingebauten Heizsysteme zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Nach dem derzeitigen Stand der Technik hätte das im Regelfall bedeutet, dass Gebäudeeigentümer nicht mehr funktionsfähige Öl- und Gasheizungen auf Wärmepumpen umrüsten müssen.

Nur in Ausnahmefällen wären Gasheizungen noch geduldet gewesen – nämlich dann, wenn sie auf Wasserstoffbetrieb umstellbar wären. Zuletzt sollte es auch noch mehr Spielraum für Fernwärme geben. Das Heizen mit Holzpellets sollte hingegen untersagt werden, obwohl diese Form der Wärmegewinnung noch Mitte der 2000er-Jahre als umweltfreundlich gegolten hatte.

Das neue Heizungsgesetz, das die Ampel nun noch in dieser Woche in den Bundestag einbringen will, hat einige dieser Punkte entschärft. Die FDP nimmt für sich in Anspruch, eine „fundamentale“ Änderung der Pläne erzwungen zu haben. In diesem Sinne äußerte sich zumindest deren Fraktionschef Christian Dürr. Aber auch aus den Reihen von Grünen und SPD hieß es, das Gesetz sei „ein Stück weit besser gemacht“ worden. Die Ampel habe damit „Verlässlichkeit für die Menschen“ geschafft.

Zeitplan für kommunale Wärmeplanung erstreckt sich bis 2028

Die neuen Regelungen über den Einbau klimaneutraler Heizsysteme werden ab dem 1.1.2024 vorerst nur für Neubauten in Neubaugebieten gelten. Für alle anderen Gebäude treten sie erst „ab etwa 2028“ in Kraft, so FDP-Fraktionschef Dürr.

Voraussetzung wird dabei sein, dass die jeweilige Kommune eine kommunale Wärmeplanung vorgelegt hat. Aus dieser soll auch hervorgehen, welche Optionen für die Wärmeversorgung überhaupt bestehen. Bis dahin bleibt weitgehend die freie Heizungswahl aufrecht. Auch der Neueinbau von Gasheizungen bleibt erlaubt, solange diese auf Wasserstoff umrüstbar sind. Großstädte sollen ihre kommunalen Wärmepläne bis Ende 2026 präsentieren, bei kleineren Städten und Landkreisen soll die Frist bis 2028 bemessen sein.

Wie „table.media“ berichtet, haben im Anschluss an die Einigung Bundeskanzler Olaf Scholz, FDP-Chef Christian Lindner und Grünen-Politiker Cem Özdemir an der traditionellen Spargelfahrt des „Seeheimer Kreises“ teilgenommen. Dabei hätten sie den Kompromiss als „Botschaft der gleich gerichteten Werte“ und des „Zusammenhalts der Demokraten“ gefeiert. Der Kanzler erklärte, es dürfe „niemand überfordert werden“, dafür habe man „die Grundlage geschaffen“.

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Neufassung stabilisiert die Ampelkoalition

Die Einigung rund um das Heizungsgesetz hat eine tiefgreifende Krise in der Ampelkoalition vorerst abgewendet und diese stabilisiert. Zuvor hatte die FDP vehement auf eine Verschiebung des Vorhabens gedrängt und gedroht, eine Verabschiedung vor der Sommerpause scheitern zu lassen. Am Wochenende hatten 13.000 Menschen im bayerischen Erding gegen die Gesetzespläne und die Energiepolitik der Ampel demonstriert.

Die Sorge um eine finanzielle Überforderung vieler Haushalte durch eine übers Knie gebrochene „Wärmewende“ hatte massive Umfrageverluste für die Ampelparteien zur Folge. Dazu kamen Bedenken bezüglich der Umsetzbarkeit des Vorhabens. So sei es fraglich, ob es überhaupt ausreichend Handwerker gebe, um flächendeckend den angestrebten Einbau von Wärmepumpen zu bewerkstelligen.

Zudem gibt es bezüglich dieser Technologie noch weitere Fragezeichen. Die EU denkt über ein Verbot sogenannter fluorierter Gase nach, die jedoch für den Betrieb von Wärmepumpen eine bedeutende Rolle spielen. Außerdem hatte die Bundesnetzagentur angekündigt, dass Wärmepumpen im Fall von Stromknappheit einer möglichen „Spitzenglättung“ unterliegen. Dies würde eine Drosselung der Energieversorgung gleichkommen, ähnlich wie sie auch bei Ladestationen für E-Autos zum Tragen käme.

Auch Kretschmann fordert kommunale Wärmeplanung vor Heizungsgesetz

Nicht nur aus der FDP war Kritik an fehlender Technologieoffenheit und ungeklärter Umsetzbarkeit des Heizungsgesetzes gekommen. Auch der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, hatte ein Überdenken angeregt. Er hatte dabei auch betont, wie zentral die kommunale Wärmeplanung für ein solches Vorhaben sei – und weshalb man sie diesem vorlagern solle.

Dennoch zeigen sich Mietervereine besorgt. Der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, befürchtet höhere Kosten und zusätzliche Möglichkeiten zur Mieterhöhung. Gegenüber der dpa äußert er:

Statt die bestehende Modernisierungsumlage endlich sozial gerecht zu reformieren und deutlich abzusenken, soll sogar eine weitere Modernisierungsumlage eingeführt werden. Das lässt nichts Gutes erahnen.“

Es sei stattdessen angebracht, Fördermittel für Mieter zu erhöhen und die Modernisierungsumlage treffsicher zu modernisieren.

Kommunalverbände zufrieden – Deutsche Umwelthilfe entsetzt

Der Städte- und Gemeindebund äußert sich hingegen zufrieden mit der Neufassung. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg begrüßte gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochsausgaben) vor allem die „notwendige Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung“.

Zugleich forderte er vom Bund eine „nachhaltige Unterstützung“, damit auch die Kommunen bei ihren eigenen 185.000 Gebäuden die Wärmewende umsetzen könnten. Er mahnte zu einer Gesetzgebung „mit großer Sorgfalt und Realitätssinn“, dazu gehöre auch eine konkrete Kostenschätzung.

Verbände wie Greenpeace oder die Deutsche Umwelthilfe  (DUH) zeigen sich von der Änderung des Entwurfs zum Heizungsgesetz hingegen enttäuscht. Dass es erst eine kommunale Wärmeplanung geben müsse, gefährde die Klimaziele der Bundesregierung, so Greenpeace-Energieexperte Andree Böhling. Bis 2028 würden „in den meisten Kommunen weiter klimaschädliche Gasheizungen“ eingebaut. Die Umwelthilfe wirft der Bundesregierung vor, sie halte das „Märchen von wasserstofffähigen Gasheizungen“ aufrecht. Außerdem ermögliche sie weiterhin „die klima- und umweltschädliche Verbrennung von Holz“.

(Mit Material von AFP und dpa)



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