Ampel will Impfpflicht für Pfleger, legales Cannabis und Neuanfang in Migrationspolitik
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP will Asylverfahren und Familienzusammenführungen beschleunigen und zugleich eine „Rückführungsoffensive“ starten. „Wir wollen einen Neuanfang in der Migrations- und Integrationspolitik gestalten, der einem modernen Einwanderungsland gerecht wird“, heißt es im am Mittwoch vorgestellten Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. „Wir werden irreguläre Migration reduzieren und reguläre Migration ermöglichen.“
Für schnellere Asylverfahren will die neue Koalition das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) entlasten. „Wir wollen schnellere Entscheidungen in Asylprozessen sowie eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung und werden dazu zügig einen Gesetzentwurf vorlegen“, kündigten die drei Parteien an. Die umstrittenen Ankerzentren für Flüchtlinge werden demnach von der neuen Bundesregierung nicht weiterverfolgt.
Zugleich kündigten die Ampel-Parteien an, die Rückführung von ausreisepflichtigen Menschen voranzutreiben. „Wir starten eine Rückführungsoffensive, um Ausreisen konsequenter umzusetzen, insbesondere die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern“, heißt es in dem Koalitionsvertrag. Der Bund werde die Bundesländer bei Abschiebungen künftig stärker unterstützen.
Die freiwillige Ausreise hab aber stets Vorrang. „Die staatliche Rückkehrförderung für Menschen ohne Bleiberecht wollen wir finanziell besser ausstatten“, kündigten die Koalitionspartner an. Zudem soll es möglich sein, für einzelne Herkunftsländer einen temporären nationalen Abschiebestopp zu erlassen.
Ampel-Koalition will Begriff „Rasse“ aus Grundgesetz streichen
Die Ampel-Koalition will zudem den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz streichen. In dem seit Mittwoch vorliegenden Koalitionsvertrag der geplanten Ampel-Regierung steht, dass der entsprechende Grundgesetzartikel 3 um ein Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität ergänzt werden solle und der Begriff „Rasse“ ersetzt werden solle. Auch die bisher regierende große Koalition hatte entsprechende Pläne, setzte diese aber bis zur Bundestagswahl nicht mehr um.
Ampel verzichtet auf Rentenkürzung und höheres Eintrittsalter
Zudem verzichtet die Ampel-Koalition auf Rentenkürzungen und ein höheres Renteneintrittsalter. Um diese Zusage generationengerecht abzusichern, solle in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung eingestiegen werde, heißt es im Koalitionsvertrag weiter. Die Kapitaldeckung solle „als dauerhafter Fond von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet werden und global anlegen“.
Ampel-Koalition will Transsexuellengesetz abschaffen
Die Ampel-Parteien wollen auch das Transsexuellengesetz abschaffen. Es solle „durch ein Selbstbestimmungsgesetz“ ersetzt werden, heißt es. Dies umfasse „ein Verfahren beim Standesamt, das Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand grundsätzlich per Selbstauskunft“ möglich mache.
Grüne übernehmen neues Superministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
Die neue Regierung will ein Superministerium für Wirtschaft und Klimaschutz schaffen, das von den Grünen geführt werden soll. Das geht auch aus dem Koalitionsvertrag hervor. Demnach stellen die Grünen auch den Vizekanzler oder die Vizekanzlerin und führen die Ressorts für Äußeres, Familie, Umwelt und Verbraucherschutz sowie Ernährung und Landwirtschaft.
Die FDP wird die Ministerien für Finanzen, Justiz, Verkehr und Digitales sowie Bildung und Forschung führen. Die SPD übernimmt – neben dem Kanzleramt – die Bereiche Inneres, Arbeit und Soziales, Verteidigung, Gesundheit, Bauen sowie Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Ampel-Parteien planen neues Staatsangehörigkeitsrecht
Die geplante Ampel-Regierung plant für Deutschland auch ein neues Staatsangehörigkeitsrecht. Es sollten die Mehrfachstaatsangehörigkeit ermöglicht und der Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vereinfacht werden, heißt es im Koalitionsvertrag. Eine Einbürgerung solle in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen bereits nach drei Jahren.
Ampel-Koalition will 400.000 neue Wohnungen im Jahr bauen
Weiters will die künftige Ampel-Koalition pro Jahr 400.000 neue Wohnungen bauen. 100.000 davon sollen öffentlich gefördert werden, heißt es im Koalitionsvertrag. Die Mietpreisbremse will die Koalition demnach bis zum Jahr 2029 verlängern.
Ampel will Cannabis legalisieren – Evaluierung nach vier Jahren
Cannabis soll legalisiert werden – und das entsprechende Gesetz nach vier Jahren auf den Prüfstand stellen.
„Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein“, heißt es im Koalitionsvertrag, der der dts Nachrichtenagentur vorliegt. Dadurch werde die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet.
„Das Gesetz evaluieren wir nach vier Jahren auf gesellschaftliche Auswirkungen“, heißt es weiter. Modelle zum Drugchecking und Maßnahmen der Schadensminderung ermögliche und baue man zudem aus.
Ampel-Parteien wollen Wahlalter auf 16 Jahre senken
Die geplante Ampel-Regierung will zudem das Wahlalter in Deutschland von 18 Jahre auf 16 Jahre senken. Für eine Absenkung des Wahlalters für Bundestagswahlen ist aber eine Grundgesetzänderung notwendig.
Ampel-Koalition will begleitetes Fahren ab 16 Jahren ermöglichen
Ampel-Koalition will begleitetes Fahren schon für Jugendliche ab 16 Jahren ermöglichen. „Um Jugendliche schon frühzeitig für die Gefahren im Straßenverkehr zu schulen, werden wir begleitetes Fahren ab 16 Jahren ermöglichen“, heißt es im offiziell vorgestellten Koalitionsvertrag. Bislang gilt eine Altersgrenze von 17 Jahren.
Ampel will Pflegebonus und Impfpflicht für Alten- und Pflegeheime
Die Ampel-Parteien haben sich auch darauf verständigt, für die in der Corona-Pandemie besonders geforderten Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeheimen einen Bonus zu zahlen. Dafür werde „erst einmal eine Milliarde bereit“ gestellt, sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Mittwoch in Berlin. Demnach soll es auch eine Impfpflicht in Pflegeheimen geben, eine Ausweitung der Impfpflicht darüber hinaus will die geplante Koalition prüfen.
Ampel-Parteien wollen Minister erst später benennen
Indes wollen die Ampel-Parteien sich vorerst nicht dazu äußern, welche Minister sie ins künftige Kabinett schicken. Für seine Partei sagte der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch, zunächst solle „die Unterstützung des Koalitionsvertrages in der SPD abgeschlossen“ sein. Grüne und FDP würden dies ebenso handhaben.
„Sie werden dann eine gute Lösung sehen“, versicherte Scholz mit Blick auf die Kabinettsbesetzung. Er selbst werde sich in den nächsten Tagen „sehr intensiv an die Arbeit machen, eine hervorragende Besetzung der sozialdemokratischen Ressorts zustande zu bringen“. Die Verteilung der Ressorts auf die drei Parteien wurde im Koalitionsvertrag festgelegt.
Hier der Koalitionsvertrag im Wortlaut. (afp/dts/red)
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