Anstieg von Kriminalität an Schulen gibt Rätsel auf

Mehr Prävention und ein guter Draht zur Polizei: Damit hatten deutsche Schulen in den vergangenen Jahren einen stetigen Rückgang von Gewalt und Kriminalität in Klassenräumen und auf Pausenhöfen erreicht. Nun steigen die Zahlen wieder. Wie lässt sich das erklären? Eine DPA-Meldung.
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Schüler in einer Mathe-Klasse.Foto: iStock
Epoch Times22. April 2018

Nachdem Kriminalität und Gewalt an der Mehrzahl deutscher Schulen viele Jahre lang rückläufig gewesen sind, melden zahlreiche Bundesländer für 2017 einen oft spürbaren Anstieg.

Dieser liegt im Trend mit einem sich abzeichnenden generellen Wiederanstieg der Jugendkriminalität, die ebenfalls viele Jahre zurückging. Zu den Gründen für eine Zunahme der Zahl der an Schulen registrierten Straftaten gibt es noch keine Erklärung, denn Prävention wird seit langem groß geschrieben. Bundesweite Zahlen will das Bundeskriminalamt in einigen Wochen vorlegen.

Gewaltdelikte und Körperverletzungen nahmen zu

Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen stieg die Zahl der Schulstraftaten 2017 um fast fünf Prozent auf 22.900, das waren gut 1.000 Taten mehr als im Vorjahr, wie das Landeskriminalamt (LKA) mitteilte.

Auffällig ist, dass besonders die Gewaltdelikte an den Schulen zunahmen, während die Fälle von Diebstahl sogar zurückgingen. So nahm die Zahl der Körperverletzungen von 5.600 auf 6.200 zu. Die Zahl der Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen stieg im Vergleichszeitraum von 40 auf 55 Fälle.

In Niedersachsen stieg die Zahl der Schulstraftaten im Vergleich zum Vorjahr um 32 Prozent auf 5.556 Fälle. Besonders kräftig war die Zunahme bei Körperverletzungen (plus 29 Prozent) sowie Diebstählen (plus 19 Prozent), wobei es in knapp der Hälfte der Fälle um Fahrraddiebstähle ging.

Die Rauschgiftdelikte stiegen zwar um 43 Prozent, spielten mit 460 Fällen aber insgesamt nur eine Nebenrolle. Beleidigungen wurden 394 mal angezeigt. Gut zwei Drittel aller Taten wurden aufgeklärt, die große Mehrzahl der Täter war männlich.

Der Anstieg der Straftaten an Schulen geht nach Angaben des Landeskriminalamtes auch einher mit einem Anstieg der gesamten Jugendkriminalität in Niedersachsen im Jahr 2017.

Nach zehnjährigem Rückgang nahm die Zahl minderjähriger Tatverdächtiger um vier Prozent zu, die Zahl tatverdächtiger Kinder stieg um 21 Prozent. Die Gründe will das LKA untersuchen. Auch für den Wiederanstieg der Kriminalität an Schulen gibt es noch keine Erklärung.

Ein Lehrer redet einem jungen Burschen gut zu. Foto: iStock

Geändertes Anzeigeverhalten

Wie der Kriminologe Christian Pfeiffer der Deutschen Presse-Agentur sagte, könne der Anstieg an einem geänderten Anzeigeverhalten liegen. In Zeiten großer medialer Aufregung über Gewalttaten würden Straftaten häufiger angezeigt.

Auch wenn es sich bei den mutmaßlichen Tätern um Ausländer handele, sei die Anzeigebereitschaft statistisch erwiesenermaßen höher. Mit einer nach dem Flüchtlingszuzug gestiegenen Zahl ausländischer Schüler könne dies möglicherweise den Anstieg erklären.

Die Zahl der Straftaten an niedersächsischen Schulen hatte 2008 bei 8.575 gelegen, 2006 waren noch 10.523 Fälle registriert worden. Als Gründe für den Rückgang seitdem wurden vor allem die ausgebaute Gewaltprävention und die verbesserte Zusammenarbeit der Schulen mit der Polizei gesehen.

Konliktlösung, Schulsozialarbeit und Beratungslehrer

Wie die Sprecherin der Landesschulbehörde in Lüneburg erklärte, gibt es an den Schulen verschiedene Programme zur konstruktiven Konfliktlösung für Schüler und für Lehrer zur Steigerung des sozialen Miteinanders in der Klasse.

Bei Konflikten könnten auch die Schulsozialarbeit und Beratungslehrer helfen. Über Straftaten an Schulen müsse die Leitung die Polizei informieren. Die übrigen Bundesländer verfahren ähnlich.

 

Kriminologe Pfeiffer sieht mehrere Ursachen

Dafür, dass die Jugendkriminalität bundesweit viele Jahre lang rückläufig war, gibt es nach Untersuchungen von Kriminologe Pfeiffer mehrere Ursachen.

Diese sind unter anderem die steigende Schulbildung, weniger Gewalt im Elternhaus, eine geringere Akzeptanz von Gewalt sowie mehr Prävention und auch die rückläufige Arbeitslosigkeit.

Weitere Gründe seien der Rückgang jugendlichen Alkoholkonsums, weniger Schulschwänzer, ein konsequenteres Einschreiten der Schulen gegen Gewalt sowie mehr Zuwendung der Eltern für ihre Kinder.

Manche schüler müssen sich sehr anstrengen, um die Lerninhalte zu verstehen. Foto. iStock

Es gibt Unterschiede in den Bundesländern

Der jüngste Zuwachs der Schulkriminalität ist bundesweit nicht überall ähnlich kräftig. In Hessen gab es nur 89 Fälle mehr als im Vorjahr. Schwerpunkte blieben Fahrraddiebstähle und Körperverletzungen.

2017 wurden in Hessen 3.232 Tatverdächtige erfasst, davon hatten 728 nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. In Baden-Württemberg gab es ein Plus bei der Schulkriminalität von 5 Prozent. In der großen Überzahl wurde gegen männliche, deutsche Tatverdächtige ermittelt.

In Thüringen wurden 2.202 Straftaten an Schulen erfasst – 157 mehr als im Vorjahr. Der Anteil ausländischer Tatverdächtiger stieg von 8,2 auf 11,3 Prozent. An Schleswig-Holsteins Schulen stiegen die Zahlen besonders bei Rohheitsdelikten und Sachbeschädigungen an. In Bayern gab es mit 8.356 Fällen von Schulgewalt 540 mehr als im Vorjahr. (dpa)

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