Anwälte gegen uferloses Datensammeln in modernen Autos

In Goslar beginnt der Deutsche Verkehrsgerichtstag. Der Deutsche Anwaltverein will durchsetzen, dass die volle Hoheit über gesammelte Daten in modernen Autos bei den Fahrern liegt.
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Moderne Autos bieten fast unbegrenzte Möglichkeiten – auch beim Sammeln von Daten des Fahrers.Foto: iStocks/kaptnali
Von 26. Januar 2023

Im niedersächsischen Goslar beginnt am heutigen Mittwoch (25. Januar 2023, 14:30 Uhr) der 61. Deutsche Verkehrsgerichtstag. Auf der Fachkonferenz diskutieren die Teilnehmer bis Freitag, 27. Januar, eine Reihe von Fragen, die mit Autos neuester Generation verbunden sind. So geht es um die Datensammlung durch moderne Kraftfahrzeuge sowie um dadurch aufgeworfene Fragen des Daten- und Verbraucherschutzes. Auch über offene Punkte zur juristischen Haftung beim autonomen Fahren wollen die Experten sprechen.

Zum Auftakt finden ein Pressegespräch und die Mitgliederversammlung statt. Die eigentlichen Fachthemen werden ab Donnerstag beraten. Zum Verkehrsgerichtstag kommen jedes Jahr Vertreter von Politik, Justiz, Behörden, Wissenschaft und Wirtschaft zusammen. Ihre Empfehlungen haben häufig Einfluss auf Debatten über Gesetzesänderungen.

DAV: Eigentümer muss Hoheit über Daten behalten

Autos, die ständig Daten aufzeichnen, sieht der Deutsche Anwaltverein (DAV) mit äußerstem Argwohn: „Das Sammeln von Daten in modernen Fahrzeugen geschieht uferlos. Es werden ganze Nutzungsprofile erstellt, denn auch Daten über Nutzer und deren Fahrstil und Fahrziel werden gesammelt. Der Fahrer bzw. der Eigentümer des Pkw sollte gesetzlich abgesichert werden und volle Datentransparenz erhalten. Des Weiteren fordern wir, dass die Fahrer bzw. Eigentümer die volle Hoheit über die gesammelten Daten haben“, sagt Rechtsanwalt Andreas Krämer von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV. Dazu gehöre auch die Freiheit zu entscheiden, an wen diese Daten zu welchen Zwecken weitergegeben werden dürften.

Wie „uferlos“ die Sammelwut ist, zeige der Umstand, dass sogar erfasst werde, welche Radiosender oder CDs der Fahrer wann und wie lange höre. Im Speicher landeten auch Uhrzeit und Dauer von Telefongesprächen. Darüber ließen sich komplette Nutzungsprofile erstellen, führt der Anwalt aus Frankfurt am Main weiter aus. Er sehe daher die Gefahr, dass Nutzungs- und Mobilitätsprofile der Fahrer gläsern werden.

Durch Akteneinsicht unbegrenzter Zugriff

Auf die Datenerfassung und Weitergabe hätten Fahrer beziehungsweise Fahrzeugbesitzer keinen Einfluss, warnt Krämer. Zudem bekämen freie Werkstätten die Daten nicht für einen Diagnosezugang zur Verfügung gestellt. Dies erschwere eine Reparatur erheblich.

Zuletzt seien auch bei schweren Unfällen die Daten in die Hände der Ermittlungsbehörden gelangt. So bekämen sie auch Informationen, die mit dem Unfallhergang nichts zu tun hätten. Durch die Möglichkeit der Akteneinsicht erlangten dann viele weitere Personen – wie etwa Mitarbeiter von Versicherungen oder Krankenkassen sowie andere Unfallbeteiligte – ebenfalls von diesen Daten Kenntnis. „Wir müssen daher die Hoheit über diese riesigen Datenmengen den Betroffenen zurückgeben“, fordert Krämer.

Polizei sieht „Anarchie der E-Scooter-Fahrer“ und fordert Helmpflicht

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte sich im Vorfeld des Verkehrsgerichtstages die E-Scooter vorgenommen. Michael Mertens, stellvertretender Vorsitzender der GdP, sprach gar von einer „Anarchie“ der E-Scooter-Fahrer. „Mit dem Aufsteigen auf den E-Scooter blenden viele Verkehrsteilnehmende grundlegendste Regeln des sicheren Miteinander im öffentlichen Verkehrsraum aus“, sagte er dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND). „Ampeln, Verkehrszeichen, Fahrtrichtungen: All dies scheint keine Rolle mehr zu spielen.“

Fahrer von E-Scootern würden „Wesenszüge der Anarchie in den Straßenverkehr“ tragen, sagte Mertens und forderte die Prüfung einer Helmpflicht. Die Zahlen der Unfallstatistik zeigten deutlich, dass die Fahrer selbst häufig Unfälle verursachten, mahnte der GdP-Vize. Zum Beispiel das Fahren auf Gehwegen oder Alkoholkonsum spielten dabei eine besonders große Rolle: „Viele scheinen nicht zu wissen, dass für den E-Scooter die gleichen Alkoholgrenzwerte gelten wie beim Autofahren.“

Die Alkohol-Grenzwerte sind auch Gegenstand von Diskussionen bei der Fachkonferenz. Wie Epoch Times bereits berichtete, schlagen einige Fachleute eine Anpassung der Promillegrenze bei E-Scooter-Fahrern an jene vor, die für Radler gelten. Der ADAC fordert eine klare Haltung des Gesetzgebers bei dem Thema.



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