Arbeitsrecht: Folgen des Coronavirus für den Arbeitsplatz
Welche Folgen hat der Coronavirus für den eigenen Arbeitsplatz?
Einfach der Arbeit aufgrund der eigenen Einschätzung fernbleiben ist keine Möglichkeit. Damit ein begründetes Weigerungsrecht besteht, muss dem Arbeitnehmer gemäß § 275 Abs. 3 BGB die Erbringung der Arbeitsleistung unzumutbar sein.
Dazu müsste das Unternehmen sich weigern, trotz Aufforderungen von Behörden oder konkreter Infizierungsgefahr Schutzmaßnahmen zu ergreifen oder anderweitig eine objektive Gefährdung bestehen. Ist dies nicht der Fall, können Abmahnungen und sogar die Kündigung folgen. Im Übrigen kommt es auf den Arbeitgeber und den Arbeitsvertrag an, ob man im Home-Office arbeiten darf.
Welchen Schutz muss der Arbeitgeber bieten?
Nach §§ 242 Abs. 2, 618 BGB ist der Arbeitgeber in Form einer allgemeinen arbeitsvertraglichen Nebenpflicht zum Ergreifen von Schutzmaßnahmen und der Risikominimierung verpflichtet. Im Rahmen des Coronavirus fällt zumindest eine Aufklärung über eine Ansteckungsgefahr darunter.
Weitere konkrete Maßnahmen wären die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln, Einteilung in kleinere Gruppen und Ermittlung von Risikogruppen. Falls sich ein Mitarbeiter in einem Risikogebiet aufgehalten hat, kann der Arbeitgeber darüber hinaus bestimmen, dass dieser für einige Tage zu Hause bleiben muss. Der Arbeitgeber muss diese Zeit jedoch vergüten.
Wenn ein Mitarbeiter sich infiziert hat, sollte eine frühzeitige Kommunikation mit den zuständigen Gesundheitsbehörden aufgenommen werden. Für die Mitarbeiter, die mit dem (vermutlich) Infizierten in Kontakt gekommen sind, sollte eine ärztliche Untersuchung angeordnet werden und eine Freistellung oder Home-Office bis zur Vorlage der Ergebnisse in Betracht gezogen werden.
Welche Auskünfte darf der Arbeitgeber einholen?
Der Arbeitgeber darf fragen, ob man sich vor kurzem in einem Risikobereich aufgehalten hat und im Zweifel eine ärztliche Untersuchung anfordern.
Im Übrigen stehen Gesundheitsdaten als Privatsache unter erheblichem Schutz, sodass keine Meldepflicht des Arbeitnehmers besteht, wenn nur Symptome auftreten. Es sollte aber ein Arzt aufgesucht werden. Für diesen besteht nach dem Infektionsschutzgesetz ab einem ernsthaften Verdacht eine Meldepflicht an das zuständige Gesundheitsamt.
Welche Pflichten hat der Arbeitnehmer?
Bei einem Ausfall mehrerer Kollegen hat der Arbeitnehmer auch allgemeine Treuepflichten und kann aufgrund eines solchen „unvorhersehbaren Notfalls“ zu Überstunden verpflichtet werden.
Daneben kann ohne einen Anhaltspunkt einer konkreten Infizierungsgefahr die Zusammenarbeit mit Kollegen oder Kunden aus China nicht verweigert werden. Aus Gründen der Fürsorge, sollte jedoch vom Arbeitgeber in Betracht gezogen werden, Konferenzen digital abzuhalten.
Was passiert bei einer Ansteckung oder bei Verdacht darauf?
Im Falle einer Ansteckung, oder zumindest eines Verdachtes, kann ein berufliches Tätigkeitsverbot und Quarantäne gemäß §§ 30, 31 Infektionsschutzgesetz (IFSG) durch das zuständige Gesundheitsamt verhängt werden. Bei einer Arbeitsunfähigkeit durch die Erkrankung, einhergehend mit einer Krankschreibung, steht dem Arbeitgeber eine Entgeltfortzahlung bzw. Krankengeld zu.
Wer nicht arbeitsunfähig, jedoch unter Quarantäne steht, hat einen Entschädigungsanspruch gegen das entsprechende Bundesland. Für diesen Anspruch muss der Arbeitgeber erstmal in Vorleistung gehen. Die ersten sechs Wochen beläuft sich die Höhe der Zahlung auf die Höhe des Verdienstausfalles, danach auf die des Krankengeldes.
Dies darf nach dem Kündigungsschutzgesetz auch nicht zu einer Kündigung oder Abmahnung führen.
Nichtantritt von Geschäftsreisen nach China?
Vorweg ist zu beachten, dass eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung in Deutschland explizit im Arbeitsvertrag festgehalten sein muss. Selbst dann darf der Arbeitgeber dieses Weisungsrecht nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) nur nach „billigem Ermessen“, also einer Abwägung der Interessen des Betriebes und des Arbeitnehmers in Gebrauch nehmen.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, die auch den Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter umfasst. Dieser wird speziell nicht nachgekommen, wenn für das Ankunftsziel eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt, was bei Teilen Chinas der Fall ist.
Bei Reisezielen, die im Umkreis der betroffenen Regionen liegen, ist es zweifelhaft, ob diese noch im billigen Ermessen liegt. Hier am besten das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen.
Entschädigungen bei Flugausfällen?
Abgesehen vom billigen Ermessen des Arbeitgebers, besteht das praktische Problem, dass viele Fluggesellschaften ihre Flüge nach China gestrichen haben. Bei einem Flugausfall oder mehrstündigen Verspätungen erhalten Passagiere laut der europäischen Fluggastrechte-Verordnung Entschädigungen. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen.
Umfasst sind Zustände, die auch nicht bei allen möglichen getroffenen Maßnahmen der Fluggesellschaft umgangen hätten werden können, also kein Verschulden des Veranstalters vorliegt.
Beispiele dafür sind neben dem Ausbruch des Coronavirus heftige Unwetter, Streiks oder politische Unruhen. Jedoch kann zumindest eine kostenlose Stornierung der Flüge vorgenommen werden. Manche Anbieter bieten ferner auch die Umbuchung der Flüge zu den gleichen Konditionen an. Die Umbuchung kann ein anderes Reiseziel oder einen anderen Zeitpunkt umfassen.
Rechtsanwalt Markus Mingers ist Gründer der Mingers Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mingers.law. Die Kanzlei mit Sitz in Jülich, Köln, Düsseldorf, Bonn und Mönchengladbach ist auf Verbraucherschutz und auf die Durchführung von Massenklagen gegen Großkonzerne und Großunternehmen spezialisiert.
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