Baerbock offen für Asyl-Vorprüfungen an EU-Außengrenzen

„Fluch und Chance zugleich“: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mahnt bei Asylverfahren an den EU-Außengrenzen die Einhaltung von Menschenrechtsstandards an.
Will in der Golf-Region auch über Menschenrechte reden:  Außenministerin Annalena Baerbock.
Außenministerin Annalena Baerbock.Foto: Jan Woitas/dpa
Epoch Times3. Juni 2023

Außenministerin Annalena Baerbock hat sich offen gezeigt für Asyl-Vorprüfungen an den EU-Außengrenzen, pocht aber auf die Einhaltung von Menschenrechtsstandards. Asylverfahren an den Außengrenzen seien „Fluch und Chance zugleich“, sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Grenzverfahren sind hochproblematisch, weil sie in Freiheitsrechte eingreifen.“

Aber der Vorschlag der EU-Kommission sei die einzige realistische Chance, in einer EU von 27 sehr unterschiedlichen Staaten auf absehbare Zeit überhaupt zu einem „geordneten und humanen Verteilungsverfahren“ zu kommen.

„Deshalb verhandeln wir in Brüssel hart, um sicherzustellen, dass niemand länger als einige Wochen im Grenzverfahren stecken bleibt, dass Familien mit Kindern nicht ins Grenzverfahren kommen, dass das Recht auf Asyl im Kern nicht ausgehöhlt wird.“ Auf die Frage, ob ihre Partei da mitziehe, sagte Baerbock: „Das hängt davon ab, ob unsere europäischen Menschenrechtsstandards gewahrt werden.“ Der Grat sei sehr schmal, kritische Fragen seien wichtig.

„Aber auch ein Nichthandeln hätte bittere Konsequenzen“, mahnte Baerbock. Ohne eine gemeinsame europäische Antwort gehe der Trend schon jetzt überall zu „mehr Abschottung, mehr Pushbacks, mehr Zäunen“. Und ohne Ordnung an den Außengrenzen sei es nur eine Frage der Zeit, bis ein EU-Land nach dem anderen wieder über Binnengrenzkontrollen rede.

Am 8. Juni wollen sich die EU-Innenministerinnen und -minister in Luxemburg erneut mit dem Thema beschäftigen. Die EU-Staaten versuchen derzeit mit Hochdruck, sich auf Grundzüge einer Reform des europäischen Asylsystems zu einigen, um die seit Jahren heftig gerungen wird. Strittig ist insbesondere die Frage, ob es Vorprüfungen von Asylanträgen schon an den europäischen Außengrenzen geben soll, und eine mögliche Verteilung Geflüchteter in Europa. Es steht im Raum, direkt nach der Registrierung in Außengrenzstaaten zu prüfen, ob jemand Aussicht auf Schutz hat oder nicht. Hintergrund sind Vorschläge der EU-Kommission von 2020.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte sich Anfang des Monats für eine Asyl-Vorprüfung an den Außengrenzen ausgesprochen.

Familienministerin: Keine Asyl-Prüfung Minderjähriger

Die Bundesregierung will nach Angaben von Bundesfamilienministerin Lisa Paus unbegleitete Minderjährige und Familien mit Kindern unter 18 von den geplanten Asyl-Prüfungen an den EU-Grenzen ausnehmen. „Als Familien- und Kinderministerin unterstütze ich es sehr, dass wir uns in der Bundesregierung gemeinsam darauf verständigt haben, Familien mit Kindern unter 18 Jahren sowie alle unbegleiteten Minderjährigen generell aus den vorgesehenen Asylverfahren an den EU-Grenzen auszunehmen“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Dies sei die Position, für die Deutschland in Brüssel in den Verhandlungen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) kämpfe, fügte Paus hinzu. In Grenzverfahren sei eine angemessene Unterbringung und Versorgung von Kindern mit ihren spezifischen Bedürfnissen nicht zu gewährleisten. „Kinder unter 18 Jahren in Grenzverfahren und damit in eine höchst prekäre Situation zu schicken, würde eine enorme Kindeswohlgefährdung bedeuten.“ Die Familienministerin sprach vom Risiko einer erneuten Traumatisierung.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte sich in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ dafür ausgesprochen, in solche Verfahren auch Minderjährige einzubeziehen. „Auf den ersten Blick ist es für mich nicht verständlich, warum man starre Altersgrenzen ziehen sollte. Es braucht einheitliche Regeln, und diese können auch für unter 18-Jährige gelten“, sagte er. (dpa)



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