Bald in 46 Minuten von München nach Berlin – Erster Hyperloop-Testlauf mit Passagieren

In 46 Minuten von München nach Berlin? Das schafft nicht mal ein Passagierflugzeug. Die Hochgeschwindigkeitsbahn, der Hyperloop, soll das in ein paar Jahren jedoch können. Die erste Testphase der Transporttechnologie mit Passagieren hat nun offiziell begonnen.
Titelbild
Zwei Mitarbeiter der Forschergruppe stellten sich als Passagiere für die Testfahrt im Hyperloop zur Verfügung.Foto: TUM Hyperloop
Von 28. Juli 2023

Auf einer Teststrecke der Technischen Universität München steht das erste funktionsfähige Hyperloop-Segment mit Passagierkapsel in Europa. Die Bauzeit der Versuchsröhre am Campus Ottobrunn/Taufkirchen dauerte weniger als ein Jahr.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und der Bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume eröffneten am Mittwoch, 26. Juli, das 24 Meter lange Konstrukt. Der Höhepunkt der Veranstaltung war Europas erste Hyperloop-Fahrt mit zwei Passagieren unter Vollvakuumbedingungen.

Der Hyperloop ist ein Hochgeschwindigkeitsverkehrssystem, bei dem Kapseln in einer weitgehend luftleeren Röhre auf Luftkissen gleiten. Leistungsstarke Vakuumpumpen entziehen die Luft aus den Röhrensegmenten. Durch den fehlenden Luftwiderstand sollen dann Geschwindigkeiten von rund 900 Kilometer pro Stunde möglich sein – das erreichen sonst nur Passagierflugzeuge.

Freude beim Team der Technischen Universität München (TUM) nach dem Testlauf mit Passagieren. Foto: TUM Hyperloop

Erste Testfahrt mit Passagieren bereits erfolgreich

Dass das Testsegment des Hyperloop voll funktionsfähig ist, konnten die Forscher bereits bei einer ersten Testfahrt beweisen. Am 10. Juli 2023 fand die Jungfernfahrt mit Passagierkapsel innerhalb des Vakuums der Teströhre statt.

Gabriele Semino, Projektleiter bei TUM Hyperloop, sagte begeistert: „Wir sind nun imstande, der Öffentlichkeit zu zeigen, wie künftige Hyperloop-Systeme aussehen könnten. Der Wechsel vom Modellmaßstab auf reale Abmessungen und insbesondere Europas erster Passagiertest unter Vakuumbedingungen sind ein wichtiger Meilenstein, um die Technik bald zu skalieren und längere Testsegmente zu realisieren.“

Die Hyperloop-Kapsel ist für den Passagierbetrieb bereits TÜV-zertifiziert. Jetzt will die Forschungsgruppe vor allem Antrieb, Schwebetechnik und Vakuumverhalten untersuchen.

Der Hyperloop-Demonstrator ist vom TÜV zertifiziert. Foto: TUM Hyperloop

Passagierkapsel und Betonröhre im Test

Der Hyperloop-Demonstrator besteht aus drei Elementen. Der offensichtlichste Teil ist die Teststrecke in Form einer Betonröhre. Sie misst einen Durchmesser von rund vier Metern und beherbergt neben einem Bahnsteig auch Teile der Technik, die für das Schweben und den Antrieb der Passagierkapsel notwendig ist.

Im Vergleich zu den sonst verwendeten Stahlröhren soll Hochleistungsbeton eine bessere Dämpfung von Vibrationen während des Betriebs ermöglichen. Laut der Forschungsgruppe wird die Fahrt für die Passagiere dadurch angenehmer. Darüber hinaus dürften sich Betonröhren langfristig als die kostengünstigere Lösung für das Hyperloop-Netzwerk erweisen.

„Während die Ringsegmente für Windtürme stehen, hängen die Ringe für die Röhre. Das Besondere an der Röhre ist, dass es eine Kombination aus Tunnel und Brücke ist. Denn es ist ein Tunnel in der Form, aber es ist eine Brücke, die in der Mitte nicht gehalten wird und nur an den Rändern aufliegt“, erläutert Semino.

Durch den Bau des Hyperloops sowie der Röhre würden laut Semino die Bauindustrie (Fundamente und Röhre) und auch der Maschinenbau (Kapsel) profitieren. Zudem benötige das Gesamtsystem viel Software und Elektronik, was auch für diese Branche Aufträge bedeutet.

Berührungsloses Schweben

Der zweite Teil ist die Kapsel – auch Pod genannt –, die für bis zu fünf Passagiere ausgelegt ist. Das Servicemodul ist das technologische Herzstück des Fahrzeuges und befindet sich unterhalb des Passagiermoduls. Es integriert die Schwebe-, Führ-, Antriebs- und Elektroniksysteme, die es dem Pod ermöglichen, ohne physischen Kontakt zu schweben und sich präzise im Fahrweg zu bewegen.

Berührungslose Magnetschwebe- und Antriebssysteme sollen laut den Forschern für eine hohe Effizienz in der Fortbewegung sorgen. Zudem würde der Wartungsaufwand dadurch auf ein Minimum reduziert. Acht elektromagnetische Spulen regeln die vertikale Position des Pods und halten im Betrieb einen kontrollierten Abstand zwischen Modul und Schiene. Darüber hinaus sorgen vier Führspulen für die seitliche Stabilität des Fahrzeugs, sodass auch bei hohen Geschwindigkeiten der ideale Abstand zur Schiene gehalten werden kann.

Als Drittes gibt es eine Betriebsleitzentrale, die neben der Steuerung des Demonstrators auch Bauteile wie die leistungsfähigen Vakuumpumpen beherbergt. „Wir können mit unserer Anlage den Antrieb, die Schwebetechnik, das Verhalten der Kapsel im Vakuum und Sicherheitsaspekte an einem vollwertigen Hyperloop-Segment untersuchen“, erklärte Semino.

Hightech Agenda Bayern

Die bayerische Regierung unterstützt das Projekt im Rahmen der Hightech Agenda Bayern seit 2020. Der Demonstrator gilt dabei als eine Schlüsseltechnologie für die Zukunft. In den annähernd luftleeren Röhren der Hyperloop-Systeme wollen die Visionäre künftig Personen und Waren effizienter und schneller von A nach B befördern.

Neben der Teststrecke in Ottobrunn gibt es eine 30 Meter lange Teströhre in Delft in den Niederlanden, berichtet „Golem“. Ein weitere, das European Hyperloop Center, soll in Groningen entstehen. Das Unternehmen HyperloopTT, das eine Teststrecke in Südfrankreich baute, plant eine Trasse in Italien.

Das Hyperloop-System für Passagiere und Fracht stellte Elon Musk, der Gründer von Tesla und SpaceX, 2013 als Transportkonzept vor. Er hatte die visionäre Idee eines effizienten Netzwerks von Röhren sowie flexibel einsetzbaren Pods. Berührungslose Magnetschwebe- und Antriebssysteme sollen demnach für einen energieeffizienten Betrieb, reduzierten Wartungsaufwand und ein neuartiges Reiseerlebnis sorgen.

Hyperloop in modernen Städten

Das Team der Münchner Universität präsentierte im Rahmen der Veröffentlichung des Demonstrators auch einen möglichen Ausblick, wie sich das neue Transportsystem in heutige Städte integrieren lassen könnte.

Dieses Röhrennetz wird als Hyperloop Hub bezeichnet und soll das gesamte Verkehrswesen umkrempeln. Es soll später ähnlich verbreitet sein wie unsere heutigen Straßen – und diese möglicherweise in Teilen ersetzen. Der Hub gleicht dabei einer lungenähnlichen Struktur.

Anders als klassische Bahnhöfe gibt es viele einzelne Boardingzonen, an vielen Stellen können die Passagiere ein- und aussteigen. Die Pods können in den jeweiligen Zonen zum Boarden auf- und abtauchen. Jede Zone trennt Einsteige- und Aussteigebereiche und will durch seine Wegeführung hohe Effizienz und Zeitersparnis für zukünftige Passagiere schaffen.



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