Barley schreibt Brief an Mark Zuckerberg – mit Forderungskatalog
Justizministerin Katarina Barley (SPD) hat in einem Brief an Facebook-Chef Mark Zuckerberg die Unternehmensführung scharf kritisiert und einen sechs Punkte umfassenden Forderungskatalog an den Konzern formuliert.
„Die aktuellen Vorgänge um den Missbrauch von Facebook-Daten durch das Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica haben das Vertrauen vieler Nutzer von Facebook in Deutschland erschüttert“, heißt es in dem vierseitigen Schreiben Barleys, aus dem die Zeitungden des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ zitieren.
„Bei der kommerziellen Auswertung der Nutzerdaten für Werbung und Risikoanalysen sind bereits Handlungsfreiheit, informationelle Selbstbestimmung und Privatsphäre der Nutzer betroffen bei politischen Einfluss- und Manipulationsmöglichkeiten aber darüber hinaus auch Demokratie und Rechtsstaat. Dies ist nicht akzeptabel.“
Die deutsche Justizministerin stellt in dem Brief sechs Kernforderungen an den Facebook-Chef: Barley verlangt (1.) mehr Transparenz für die Nutzer, (2.) echte Kontrollmöglichkeiten der Nutzer über die Datenverarbeitung durch Facebook, (3.) strikte Beachtung von Privacy by default (standardmäßiger Datenschutz, d. R.) und Einwilligungsprinzip im gesamten Ökosystem. von Facebook sowie (4.) die Etablierung eines Facebook-internen Kontroll- und Sanktionsmechanismus zur Einhaltung seiner Richtlinien, auch gegenüber Drittanbietern, (5.) objektive, neutrale, diskriminierungs- und manipulationsfreie Algorithmen und (6.) mehr Wahlfreiheit für die Nutzer durch verschiedene Einstellungs- und Nutzungsmöglichkeiten. Barley verlangt von Zuckerberg, die notwendigen Änderungsprozesse zu beschleunigen.
„Erforderlich ist, dass Facebook seiner unternehmerischen Verantwortung gerecht wird und ernsthaft den Wandel durchführt“, schreibt die SPD-Politikerin. „In Interviews und in Anzeigen haben Sie geäußert, die neuen EU-Datenschutzregelungen als Standard weltweit für das Soziale Netzwerk anzusehen. Ob Facebook diese Ansicht auch konsequent umsetzt, erscheint leider fraglich, wenn Facebook nur wenige Tage später ankündigt, die Daten der nicht-europäischen Nutzer nicht mehr in der EU, sondern in den USA speichern zu wollen, das heißt, gerade den strengeren europäischen Datenschutzregeln entziehen wird“, so Barley.
Das Schreiben im Wortlaut:
„Sehr geehrter Herr Zuckerberg, die aktuellen Vorgänge um den Missbrauch von Facebook-Daten durch das Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica haben das Vertrauen vieler Nutzer von Facebook in Deutschland erschüttert. In einer aktuellen Umfrage unter derzeitigen und früheren deutschen.
Facebook-Nutzern haben nahezu neun von zehn geäußert, dass sie wenig (56 Prozent) oder gar kein Vertrauen (32 Prozent) haben, dass Facebook mit ihren persönlichen Daten verantwortungsvoll umgeht. Die Umstände des aktuellen Sachverhalts bestätigen außerdem, dass die seit Jahren in Deutschland und Europa von Daten- und Verbraucherschützern vorgebrachte Kritik sowie die bei Gerichten erhobenen Klagen gegen die Datenpraxis von Facebook ihren guten Grund haben.
Leider hat Facebook in all den Jahren auf diese Kritik nicht oder nur ungenügend. reagiert. Facebook hat seine Datensammlung und -nutzung vielmehr weiter ausgebaut. Dieses geht zu Lasten der Privatsphäre und Selbstbestimmung seiner Nutzer und von Dritten.
Die Nutzung von Facebook-Daten auch für politische Zwecke zeigt darüber hinaus weitere Einflussmöglichkeiten großer Plattformen und Diensteanbieter im Netz auf. Bei der kommerziellen Auswertung der Nutzerdaten für Werbung und Risikoanalysen sind bereits Handlungsfreiheit, informationelle Selbstbestimmung und Privatsphäre der Nutzer betroffen – bei politischen Einfluss- und Manipulationsmöglichkeiten aber darüber hinaus auch Demokratie und Rechtsstaat. Dies ist nicht akzeptabel.
Kritisch sehe ich deshalb auch die Entwicklung des Facebook-Ökosystems und die damit einhergehende Ausweitung seiner Marktstellung Facebook besteht neben dem Sozialen Netzwerk und der Seite facebook.com auch aus den von Facebook übernommenen Unternehmen wie WhatsApp und Instagram sowie aus den gesamten Facebook-Applikationen auf anderen Web-Seiten wie Social Plugins, Like-Buttons, „Teilen“- und „Kommentieren“-Funktionen, Facebook-Logins sowie die zahlreichen Tracking-Tools wie die Facebook-Cookies, die nahezu jede Nutzeraktion aufzeichnen, speichern und verarbeiten.
Diese Entwicklung belastet ganz besonders die Privatsphäre und Selbstbestimmung der deutschen und europäischen Nutzer. Bei meinen Gesprächen mit Richard Allen und Adam Mosseri Ende März und Anfang April 2018 in Berlin hat Facebook neben Aussagen zum Sachverhalt auch einige Zusagen gemacht. Im Nachgang hat Facebook weitere Maßnahmen und konkrete Schritte öffentlich angekündigt.
Die Ankündigungen von besseren Privatsphäre-Einstellungsmöglichkeiten, besserer Nutzerinformation, Überprüfung der Facebook Plattform und seiner Schnittstellen, oder die Einschränkung der Zusammenarbeit mit Datenhändlern sind ein guter Anfang. Die Änderungsprozesse müssen nun aber auch zügig durchgeführt werden. Aus Sicht des Daten- und Verbraucherschutzes bedarf es aber weitergehender Änderungen.
Dabei muss aus meiner Sicht Facebook folgende Kernforderungen beachten: – mehr Transparenz für die Nutzer – echte Kontrollmöglichkeiten der Nutzer über die Datenverarbeitung durch Facebook – strikte Beachtung von Privacy by default und Einwilligungsprinzip im gesamten Ökosystem von Facebook. – Etablierung eines Facebook-internen Kontroll- und Sanktionsmechanismus zur Einhaltung seiner Richtlinien, auch gegenüber Drittanbietern – objektive, neutrale, diskriminierungs- und manipulationsfreie Algorithmen – mehr Wahlfreiheit für die Nutzer durch verschiedene Einstellungs- und Nutzungsmöglichkeiten Konkret betreffen meine diesbezüglichen Erwartungen und Forderungen insbesondere folgende Bereiche: Möglichkeit der politischen Einflussnahme sowie der Meinungsmanipulation: Facebook ergreift alle erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen, um Missbrauchs- und Manipulationsmöglichkeiten (z. B. über Fake-Accounts und Social Bots) auszuschließen.
Facebook stellt sicher, dass die verwendeten Algorithmen objektiv, neutral und diskriminierungsfrei sind. Facebook legt die entsprechenden Maßnahmen im erforderlichen Umfang offen und stellt eine unabhängige Überprüfung sicher. Nutzer-Tracking, Datenerfassung und -nutzung: Facebook passt all seine Datenverarbeitungsvorgänge an die EU-Datenschutz- Grundverordnung an.
Dies betrifft insbesondere die Einwilligung, die freiwillig und informiert zu erteilen ist. Dabei sind differenzierte Einstellungsmöglichkeiten vorzusehen (also keine Pauschaleinwilligung) und die Beachtung des Kopplungsverbots. Facebook richtet als Grundeinstellung Privacy-by-default Voreinstellungen ein, so dass Datenerfassung und -nutzung gegebenenfalls erst vom Nutzer aktiv freigegeben werden müssen – auf Grundlage präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Informationen zu Zweck und Reichweite der Datenerfassung und -nutzung. Facebook orientiert Plattformfunktionen, die eine Verknüpfung zu Drittanbietern enthalten (z. B. Facebook-Log-in, Like-Button etc.), an dem Prinzip der Datensparsamkeit und dem Erfordernis der Nutzereinwilligung.
Die Datenübertragung von „Freunden“ sollte nur bei ausdrücklicher Einwilligung im Einzelfall erfolgen. Facebook verpflichtet sich, über Nicht-Nutzer nur die zwingend erforderlichen Daten zu verarbeiten und keine Schattenprofile anzulegen. (dts)
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