Bayern will EU-weite Angleichung der Asylverfahren
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fordert, die Anerkennungspraxis bei Flüchtlingen EU-weit anzugleichen. Die europäischen Asylstandards sollten so umgesetzt werden, "dass in Europa die Asylentscheidungen, insbesondere was die Anerkennungspraxis betrifft, vergleichbar werden", sagte Herrmann der "Welt". "Genauso wichtig ist es, die Unterbringungsstandards und die Leistungen, die Asylbewerber erhalten, europaweit anzugleichen."
Zuvor müsse Europa aber zu einem geordneten Verfahren zurückkommen. Herrmann: "Dort, wo die Menschen in der EU erstmals ankommen, müssen sie auch registriert werden und das Asylverfahren durchgeführt werden." Dann müsse man sich dringend über die quotenmäßige Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union einigen. Die uneinheitliche Anerkennung von Flüchtlingen innerhalb der EU gefährde die geplante Umverteilung von Flüchtlingen. Christine Langenfeld, Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), sagte: "Die uneinheitliche Anerkennung von Flüchtlingen schwächt die Akzeptanz für eine Umverteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU." Das Ziel der EU, die Anerkennungsquoten anzugleichen, sei bisher verfehlt worden. "Die Schutzlotterie bei der Frage, ob ein Flüchtling anerkannt wird, ist ein sehr kritischer Zustand", sagte Langenfeld. Sie appellierte an die Europäische Kommission, stärker als bisher auf eine Angleichung zu dringen. Bernd Mesovic von Pro Asyl bemängelte, dass europäisches Recht in der Praxis ständig unterlaufen wird. "Die Praxis war immer sehr unterschiedlich."
Aktuell müsse man sich anschauen, ob es in den EU-Mitgliedstaaten "überhaupt Prüfungsverfahren gibt, die diesen Namen verdienen" – und durch individuelle Anhörungen und begründete Entscheidungen ein faires Verfahren bieten, forderte Mesovic. Nach Statistiken des europäischen Statistikamtes Eurostat wurden im ersten Halbjahr 2015 EU-weit insgesamt rund 95 Prozent der Schutzsuchenden aus Syrien als Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte anerkannt. Doch in Italien waren es nur rund 81 Prozent. In Rumänien betrug der Anteil positiver Entscheidungen nur rund 49 Prozent. Im Jahr 2014 waren die Unterschiede teilweise noch größer: Italien etwa hatte nur über 64 Prozent der Anträge von Syrern positiv entschieden. Griechenland – das im ersten Halbjahr dieses Jahres 100 Prozent der Flüchtlinge aus Syrien anerkannte – tat dies im vergangenen Jahr nur bei rund 60 Prozent. Auch alte EU-Mitglieder schneiden bei der Anerkennung von Flüchtlingen bestimmter Herkunftsstaaten schlecht ab. Bei der Anerkennung von Afghanen und Irakern ist Dänemark laut Eurostat eines der Schlusslichter. Großbritannien ist unter allen EU-Staaten derjenige, der den geringsten Anteil der Eritreer duldet. Auch Afghanen, Iraker und Syrer werden in Großbritannien seltener als schutzbedürftig anerkannt als in den meisten anderen Ländern.
(dts Nachrichtenagentur)
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