Berlin: Falun Gong-Praktizierende fordern zum 22. Jahrestag der Verfolgung ein Ende der Verbrechen

Falun Gong-Praktizierende demonstrierten am 17. Juli in Berlin gegen die Verfolgung der Praktik in China.
Titelbild
Impressionen der Falun-Gong-Parade in Berlin am 17. Juli 2021.Foto: Epoch Times
Von 27. Juli 2021

Als Waltraud Ng das erste Mal von Falun Gong erfuhr, fand sie es „zu gut, um wahr zu sein“. Das war 1995. Zwei Jahre später begann sie, dieses Qigong zu praktizieren.

Seitdem ist viel Zeit vergangen. Heute, am 17. Juli ist die Weinheimerin in Berlin. Anders als viele ihrer Mitpraktizierenden in China kann sie diese traditionell anmutende Kultivierungsmethode für Körper und Geist noch immer frei ausüben. Im Vorfeld des 20. Juli, der dieses Jahr den 22. Jahrestag der Verfolgung von Falun Gong in China markiert, haben sich Hunderte Praktizierende zu einer Kundgebung auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor eingefunden.

Es ist kurz vor zehn. Der Klang vieler kleiner Trommeln erfüllt die Luft rund um das Berliner Wahrzeichen. Rund 50 Frauen verschiedener ethnischer Gruppen üben ihren Einsatz für die Parade, die in wenigen Stunden den Ku-Damm beleben soll. Der Platz füllt sich mit Menschen in gelber und weißer Kleidung. Viele haben ein Banner dabei, mit dem sie ein Ende der Verfolgung und des Organraubs fordern.

Falun Gong wird seit 1999 in China brutal verfolgt. Nachdem es sich in den 1990er Jahren rasant verbreitet hatte, verbot der damalige Staatschef Jiang Zemin aus Neid auf die Beliebtheit der Praktik und aus Angst um Machtverlust die Bewegung, die innerhalb weniger Jahre bis zu 100 Millionen Praktizierende zählte.

Die KP ist „besonders gut im Lügen“

„Ich war 1979 das erste Mal in China und habe gesehen, wie die Menschen dort unterdrückt werden“, erzählt Frau Ng in gelbem Polo-Hemd, auf dem die Prinzipien von Falun Gong stehen: „Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht. „Mit Falun Gong sah ich eine große Hoffnung für diese Menschen, die dann abrupt endete, als die Verfolgung begann.“

In der Heidelberger Übungsgruppe praktizierten damals etwa 40 Personen regelmäßig die meditativen Übungen. Nach Beginn der Verfolgung blieben jedoch nur diejenigen übrig, die nicht nur nach kostenlosen Qigong-Übungen suchten, sondern sich tatsächlich auch mit den Werten der Praktik verbunden fühlten, so Ng.

Die Standhaften suchten schon bald nach Möglichkeiten, die Menschen über die wahren Hintergründe der Verfolgung aufzuklären, denn die westlichen Medien hatten nur die Propaganda der Kommunistischen Partei übernommen, wonach Falun Gong angeblich eine böse Sekte sein soll.

„Die KP hatte schon mit Voraussicht gehandelt und den westlichen Medien ihr Narrativ gegeben, anstatt die Wahrheit“, sagt die Heidelbergerin. „Sie sind eben besonders gut im Lügen.“

Tausende in Stadien getrieben

Kurze Zeit später haben sie die Internetplattform „faluninfo.de“ ins Leben gerufen, die von Ng koordiniert wird. „Mit dieser Website klären wir die Menschen seit 20 Jahren über die Verfolgung auf. Leider ist es so, dass die Verfolgung zugenommen hat. Wir haben inzwischen mehr als 87.000 dokumentierte Fälle schlimmer Folter, dazu kommt der Organraub, dem etwa 60.000 Praktizierende zum Opfer gefallen sind.“ Die Dunkelziffer liege weit höher, erklärt sie.

Der pensionierte Polizist Karsten Nöll, der etwas später als Teilnehmer eines Autokorsos vorfährt, erinnert sich auch noch an 1999: „Wir machten in Heidelberg im Schlosspark die Übungen. Als wir fertig waren, bekamen wir über Telefon mitgeteilt, dass Falun Gong in China jetzt verboten sei und verfolgt wird.“ Abends hätten sie dann im deutschen Fernsehen gesehen, wie Tausende Männer, Frauen und Kinder von der Polizei in Stadien getrieben worden sind, alles Praktizierende von Falun Gong.

Nöll und seine Frau hatten ebenfalls 1997 mit der Praktik begonnen. Auf der Suche nach einem Weg zu besserer Gesundheit stießen sie in einer Darmstädter Buchhandlung auf das Buch Zhuan Falun. Kurz darauf lernten sie in Heidelberg die Übungen. Als Polizist habe er immer sehr von der Praktik profitiert. Sie half ihm, in brenzligen Situationen ruhig zu bleiben und diese Ruhe habe sich auch auf sein Umfeld übertragen.

Mit Falun Gong gesund geworden

Die bunte Truppe von Bannerträgern auf dem Pariser Platz hat sich inzwischen in Stellung gebracht. Unter ihnen viele Vietnamesen. Die Kultivierungsschule mit buddhistischen und taoistischen Wurzeln ist auch unter ihnen sehr beliebt. Auch wenn die kommunistische Regierung in dem südostasiatischen Land oft unter Druck der KP Chinas steht, kann es dort frei praktiziert werden.

Anh Hoang kam 2004 nach Deutschland, um Elektrotechnik in Aachen zu studieren. Wegen gesundheitlicher Probleme suchte er nach einer alternativen Heilmethode. Er versuchte es mit traditioneller Akupunktur, stellte aber schnell fest, dass eine Besserung der Symptome nur während der Behandlung auftrat. Längerfristig blieb der Erfolg aus.

2010 probierte er es mit Tai Chi (chinesisches Schattenboxen), aber so richtig glücklich war er damit auch nicht. Als er 2011 die Bilder von den ehemals überfüllten Falun Gong-Übungsplätzen im Internet sah, wollte er dieses Qigong ausprobieren. „Ich dachte, wenn so viele Menschen das machten, dann muss das ja eine gute Sache sein.“

Über die Website „falundafa.org“ fand er eine Übungsanleitung für die vier Stehübungen und die Meditation im Sitzen. Drei Monate später war er beschwerdefrei. Seit vielen Jahren trifft er sich nun regelmäßig mit anderen Praktizierenden im Park in Aachen, um gemeinsam die Übungen zu machen.

In 8 Monaten 17 Mal inhaftiert

Nur wenige Meter entfernt treffe ich den Chinesen Jufeng Guo. Er hat Schreckliches erlebt, nachdem die Verfolgung begonnen hatte. Er wurde siebenmal festgenommen und durchlief innerhalb von 8 Monaten 17 verschiedene Haftanstalten. Bei seiner letzten Festnahme im März 2001 wurde er zu zweieinhalb Jahren Zwangsarbeit verurteilt, die er in drei verschiedenen Arbeitslagern ableistete.

„Damals, zu Beginn der Verfolgung mussten sie Platz schaffen für die vielen Festgenommenen“, erzählt er. Ihn brachte man zuerst in ein geräumtes Drogenrehabilitationszentrum, wo man ihn und andere Praktizierende zwang, Videos anzuschauen, die Falun Gong verleumdeten. „Ich musste einen Tag lang auf dem Boden hocken, wobei meine Hände an einen Bodenanker gefesselt waren, Nahrung oder Wasser gab es nicht.“ Das Ziel: Er sollte Falun Gong aufgeben.

Da er nicht nachgab, wurde er immer wieder verhaftet und verschiedensten Formen von Misshandlung ausgesetzt. Er wurde mehrmals zwangsernährt, als er aus Protest gegen die rechtswidrige Inhaftierung in einen Hungerstreik trat. Einmal wurde er neun Tage lang an ein Bett gefesselt und mit Bier zwangsernährt. Er bekam Magenkrämpfe und erbrach alles. Seine Kehle schwoll an. Zu anderen Zeiten wurde er stundenlang mit Elektroschocks gequält, ein anderes Mal fesselte man ihn mit Handschellen 100 Tage lang an einen anderen Inhaftierten.

Nach seiner Freilassung hörten die Gängeleien durch die Polizei nicht auf. 2007 nahm er eine Stelle bei einem deutschen Unternehmen in China an. Nach einer Geschäftsreise nach Deutschland 2008 kehrte er nicht mehr zurück. Seitdem lebt und arbeitet der Elektroingenieur in Lünen bei Dortmund.

„Das müsste noch viel mehr an die Öffentlichkeit gebracht werden“

12 Uhr ist die Kundgebung vorbei. Die Gruppe löst sich auf und jeder begibt sich in eigener Regie zum Wittenbergplatz, dem Startpunkt der Parade. Der wolkenverhangene Himmel über Berlin hat sich aufgeklärt. Die Sonne scheint. Viele Menschen sind auf dem Ku-Damm zum Einkaufen unterwegs.

13:30 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung. Die Menschen schauen überrascht und interessiert. Offenbar haben viele noch nie von Falun Gong oder von der Verfolgung gehört. „Das müsste noch viel mehr an die Öffentlichkeit gebracht werden“, sagen viele.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion