Berliner Sicherheitsgipfel: Senat sagt „Angsträumen“ den Kampf an – Görlitzer Park wird eingezäunt
Silvesterkrawalle, Gewaltvorfälle in den Berliner Sommerbädern sowie die Zuspitzung an den Drogenhotspots der Stadt wie dem Görlitzer Park haben den Ruf nach mehr Sicherheit unter den Berlinern laut werden lassen. Die Regierungskoalition aus CDU und SPD will die Bundeshauptstadt sicherer machen und die Kriminalität eindämmen.
Es gebe „Angsträume“ in der Stadt, an denen sich viele Berliner nicht mehr sicher fühlten, sagte Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Freitag nach dem Sicherheitsgipfel. Mit einer Reihe von Maßnahmen solle die Sicherheit an Brennpunkten wie dem Görlitzer Park und dem Leopoldplatz verbessert werden.
Jedoch weist er in der Pressekonferenz gleich zu Anfang darauf hin: „Das ist kein Problem von zwei Bezirken“, sondern ein Problem „in unterschiedlichen Bereichen“. „Wir sagen diesen Angsträumen den Kampf an“, so der CDU-Politiker.
Görlitzer Park wird eingezäunt
Der Görlitzer Park im Stadtteil Kreuzberg ist vor allem wegen vieler Drogendealer regelmäßig in den Schlagzeilen. Er sei ein „Symbol für falsch verstandene Toleranz“, sagte Wegner. Man habe einfach über viele, viele Jahre weggeguckt, sich teilweise die Situation auch schöngeredet. „Diese Zeit ist jetzt vorbei.“ Der Park soll eingezäunt und dann vorläufig nachts geschlossen werden. Die Eingänge in den Park sollen von 17 auf sechs reduziert werden.
Allerdings gebe es bei den Schließungszeiten noch unterschiedliche Auffassungen zwischen Senat und der Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grünen, Friedrichshain-Kreuzberg), verdeutlicht die Innensenatorin Iris Spranger (SPD).
Zudem soll die Polizei auch in den angrenzenden Wohngebieten mehr Präsenz zeigen und die Örtlichkeiten bestreifen. Polizeiliche Präventionseinsätze will man intensivieren. Auch soll die Polizei verstärkt Hauseigentümer und Vermieter über Sicherungsmöglichkeit der Hauseingangstüren beraten, um den Drogenkonsum in Hausfluren, Höfen und Kellern zu verhindern. Anlassbezogen und temporär wird ein mobiler Videoanhänger der Polizei eingesetzt.
Verstärkte Videoüberwachung
Geplant ist zudem eine ständige Videoüberwachung an ausgewählten Bereichen im Görlitzer Park, zum Beispiel im Eingangsbereich. Büsche und Bäume werden beschnitten, um Sichtachsen herzustellen. Spranger weist in diesem Zusammenhang auf einen Anstieg des Drogenkonsums – insbesondere von Crack – in den Parks hin.
Neu aufgestellte Spritzenbehälter sollen zudem die Sauberkeit im Görlitzer Park und auf dem Leopoldplatz verbessern. Ferner soll die Berliner Stadtreinigung (BSR) die Reinigungsintervalle erhöhen.
Ein neues Beleuchtungskonzept insbesondere in den Eingangsbereichen und auf den Hauptwegen soll eine stärkere Ausleuchtung bringen, „um die Sicherheit für Parknutzer zu erhöhen und die Lage für die Parkläufer und die Polizeikräfte besser erkennbar zu machen“.
Sozialarbeit für Suchtkranke wird verstärkt
Auch die Sozialarbeit für Suchtkranke soll verstärkt werden. So soll der Zugang zu Drogenkonsumangeboten niederschwelliger gestaltet werden. Mobile Drogenkonsumangebote durch ein Konsummobil, insbesondere am Leopoldplatz und am Görlitzer Park, sollen ausgeweitet sowie die Öffnungszeiten der Drogenkonsumräume verlängert werden.
Des Weiteren soll die „aufsuchende Sozialarbeit“ für Suchtkranke gestärkt werden. Dabei soll es auch für Anwohner Angebote der Sozialarbeit geben. Künftig sollen außerdem Wohnungslose – teilweise mehrfach belastet wie suchtabhängig und psychisch erkrankt – mehr Unterkunftsangebote und Drogenkonsummöglichkeiten bekommen. Dazu gehören auch Not-Schlafstellen am Tag und in der Nacht, die vorgehalten werden.
Auch sollen mit Personal besetzte Toiletten im Görlitzer Park und am Leopoldplatz geschaffen werden.
„Ich will, dass sich jeder Mensch in Berlin, insbesondere aber auch Frauen, nachts sicher durch die Stadt bewegen können“, sagte Wegner dem „Tagesspiegel“. Er wolle auch „nicht länger ertragen, dass dort 14-jährige Mädchen von Drogendealern abhängig gemacht und in die Prostitution getrieben werden“.
Auch will die Berliner Regierung die Clan-Kriminalität stärker bekämpfen. Dazu werde eine ressortübergreifende Projektgruppe eingerichtet, „mit der wir Geldwäsche, Rauschgift- und Waffenhandel sowie neue illegale Geschäftsmodelle erkennen und sanktionieren werden“, erklärte Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos).
Rückführung von Straftätern und feste Staatsanwälte
Um das Sicherheitsgefühl zu erhöhen, sollen Polizisten künftig die U-Bahn zur Kriminalitäts- und Drogenbekämpfung an ausgewählten Brennpunkten bestreifen. Zudem sollen die rechtlichen Grundlagen für Waffen- beziehungsweise Messerverbotszonen geschaffen werden.
Für kriminalitätsbelastete Orte werden feste Staatsanwälte zugewiesen, was den illegalen Drogenhandel effizient bekämpfen und Gewaltdelikte verhindern soll. Straftaten von Mehrfachtätern bearbeite künftig derselbe Staatsanwalt, so die Justizsenatorin Badenberg.
Innensenatorin Spranger sprach auch das für viele Bundesländer sensible Thema der Rückführungen von Straftätern an, womit auch Berlin in der Vergangenheit seine Schwierigkeiten hatte: „Ja, selbstverständlich führen wir Menschen konsequent zurück, bei denen die rechtlichen Voraussetzungen es möglich machen und insbesondere bei Straftätern.“
Dies sei auch ein Problem im Görlitzer Park. Damit deutet die Innensenatorin darauf hin, dass der Park fest in der Hand afrikanischer Drogendealer ist. Wie man konkret diese Rückführungen durchführen will, beantwortete die Innensenatorin jedoch auch nach Nachfrage nicht.
Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) erklärte, dass der Drogenkonsum im öffentlichen Raum stark zugenommen habe. Er sei „sehr offen, sehr sichtbar und für viele Menschen eben stärker sichtbar als in den vergangenen Jahrzehnten“.
Dadurch hätte sich bei den Anwohnern Angst entwickelt und sie würden bestimmte Räume meiden. Gleichzeitig steige die Beschaffungskriminalität stark an. Und man habe es mit einer Verschlechterung der sozialen und gesundheitlichen Situation, vor allem auch der konsumierenden Menschen zu tun. „Das führt zu einer abnehmenden Akzeptanz auch in eigentlich sehr toleranten Innenstadtbereichen“, so die Gesundheitssenatorin.
Rechtssicherheit für den finalen Rettungsschuss
Gleichzeitig kündigte der Senat an, die rechtlichen Grundlagen für die Arbeit von Polizei, Ordnungsämtern und Feuerwehr anzupassen. So sei vorgesehen, die Einsatzmöglichkeiten von Bodycams insbesondere auf Fälle von häuslicher Gewalt auszuweiten und auch die Ausstattung von Ordnungsdienstkräften mit Bodycams zu ermöglichen.
Zudem sollen die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz von Videosicherheitstechnik an kriminalitätsbelasteten Orten sowie für einen bis zu fünftägigen Präventivgewahrsam geschaffen werden. Ferner soll gesetzlich festgeschrieben werden, dass die Polizei Distanz-Elektroimpulsgeräte („Taser“) einsetzen darf, um Schusswaffengebrauch zu vermeiden und akute Suizide zu verhindern.
Außerdem will man den finalen Rettungsschuss von Polizeibeamten als „Ultima Ratio“ rechtssicher regeln, „um Menschen in höchster Gefahr für Leib und Leben zu schützen“.
„Die Wohlfühlzeit für Clans ist vorbei“, sagte der CDU-Politiker. Die Landesregierung wolle „an die Hintermänner ran“, nämlich die organisierte Kriminalität und die Banden, die den Drogenhandel organisieren. Wegener sprach von einem „guten Tag für die Sicherheit in Berlin“.
An dem Sicherheitsgipfel nahmen teil: Innensenatorin Iris Spranger (SPD), Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos), Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD), Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grünen, Mitte), Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grünen, Friedrichshain-Kreuzberg), Polizeipräsidentin Dr. Barbara Slowik, Landesbranddirektor Dr. Karsten Homrighausen.
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