BGH bestätigt: Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst ist rechtens
Klarheit für rund 1,7 Millionen Versicherte bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL): In einem jahrelangen Rechtsstreit um die Zusatzversorgung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst hat der Bundesgerichtshof (BGH) die jüngste Vereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien bestätigt.
Zum dritten Mal befassten sich die obersten Zivilrichter in Karlsruhe am Mittwoch mit Übergangsregelungen und Startgutschriften, mit denen Rentenanwartschaften 2002 in ein neues System übertragen wurden. Sie kamen zu dem Schluss, dass diese nicht wie zwei frühere Fassungen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz im Grundgesetz verstoßen und wiesen die Revision einer Klägerin in einer Grundsatzentscheidung zurück. (Az. IV ZR 120/22)
BGH kippte ursprüngliche Regelungen
Aufgabe der VBL ist es, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Im Jahr 2002 hatte die VBL ihr System rückwirkend zum 31. Dezember 2001 von einem an der Beamtenversorgung orientierten Gesamtversorgungssystem umgestellt auf ein auf einem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem.
Die VBL stufte damals Versicherte, die noch nicht 55 Jahre alt waren, als „rentenfern“ ein und behandelte sie damit schlechter als ältere. Der BGH kippte die ursprünglichen Regelungen und eine Nachbesserung.
Die Tarifvertragsparteien einigten sich 2017 auf eine erneute Nachbesserung, die die VBL übernahm. Vor allem wurde bei der Ermittlung einer sogenannten Startgutschrift ein vorheriger Anteilssatz von 2,25 Prozentpunkten durch einen variablen Anteilssatz ersetzt. Dieser beträgt nach BGH-Angaben 2,25 bis 2,5 Prozentpunkte – abhängig von den Pflichtversicherungszeiten, die der jeweilige Versicherte bis zum Eintritt des 65. Lebensjahrs erreichen kann.
Auch danach klagten zahlreiche Versicherte gegen die VBL. Im konkreten Fall war die Klägerin sowohl am Landgericht als auch am Oberlandesgericht Karlsruhe gescheitert und ging dagegen in Revision.
Ihre Vertreterin monierte unter anderem ein Näherungsverfahren, das bei der Berechnung herangezogen worden war. Dabei würden Frauen und Schwerbehinderte benachteiligt. Aus ihrer Sicht hätte ein externer Sachverständiger die zugrundeliegenden VBL-Daten prüfen müssen.
Näherungsverfahren erleichtert Handhabung
Der BGH-Anwalt der VBL wies die Kritik zurück. Insbesondere die Klägerin werde durch das Näherungsverfahren begünstigt, sagte er: Während man bei der Berechnung der Startgutschrift von einer Rente von 1.300 Euro ausgegangen sei, beziehe sie tatsächlich 1.700 Euro.
Der Vorsitzende Richter des vierten Zivilsenats, Christoph Karczewski, erläuterte, dass das Näherungsverfahren die Handhabung eines hoch komplizierten Sachverhalts erleichtere. „Die mit dieser Ungleichbehandlung im Einzelfall verbundenen Härten und Ungerechtigkeiten sind aber hinzunehmen.“ Sofern nicht eine signifikant hohe Zahl Betroffener erheblich benachteiligt werde, sei das in Ordnung. Wegen der Masse an Betroffenen seien Generalisierungen beim Umstellen solcher Systeme ebenso vertretbar.
Für Lücken in der Erwerbsbiografie etwa infolge von Kinderbetreuung gebe es Ausgleiche. Frauen seien also nicht benachteiligt, sagte Karczewski. Anders als in der vorherigen Regelung könnten auch Menschen im Alter zwischen 20 Jahren und 7 Monaten sowie 25 Jahren die höchstmögliche Versorgung bekommen. Somit seien Beschäftigte mit längeren Ausbildungszeiten nicht mehr benachteiligt.
Nach Angaben eines VBL-Sprechers sind Neueinstellungen ab dem Jahr 2002 nicht von der Entscheidung betroffen. Infolge der vorherigen Urteile habe es Nachzahlungen gegeben, erklärte der Sprecher zudem. „Diese gingen an Menschen, die bereits in Rente sind“. Weder Versicherte noch Rentenbezieher seien schlechtergestellt worden. (dpa/dl)
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