Steuerschätzung: Bund nimmt rund 70 Milliarden Euro weniger ein als zuvor gedacht

Bis 2027 nimmt der Bund laut der aktuellen Schätzung 70,2 Milliarden Euro weniger an Steuern ein als im vergangenen Oktober vorhergesagt. Hauptursache dafür sind seither beschlossene Steuersenkungen.
Provisionsverbot? Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist auf der Seite von Banken und Versicherungen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times11. Mai 2023

Bis 2027 nimmt der Bund laut der aktuellen Mai-Schätzung 70,2 Milliarden Euro weniger an Steuern ein als im Herbst vorhergesagt. Das Minus geht laut der am Donnerstag vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzungen auf seither beschlossene Steuersenkungen zurück. Ohne diese Gesetzesänderungen ergibt sich sogar eine positive Schätzabweichung für den Bund von 17,0 Milliarden Euro.

Für Bund, Länder und Kommunen zusammen ergeben sich aus der neuen Steuerschätzung von 2023 bis 2027 Mindereinnahmen von zusammen 148,7 Milliarden Euro. Bereinigt um die Effekte der beschlossenen Steuersenkungen beträgt die Schätzabweichung hier plus 21,5 Milliarden Euro. Lediglich für die Länder ist auch die Schätzabweichung mit minus 6,5 Milliarden Euro negativ.

Das Bundesfinanzministerium erklärte dazu, dass den erwarteten und beabsichtigten Steuerentlastungen damit konjunkturell bedingt insgesamt sogar leichte Mehreinnahmen von pro Jahr durchschnittlich rund vier Milliarden Euro gegenüberstünden. Allerdings gebe es auch höhere Belastungen, unter anderem durch erheblich steigende Zinsausgaben.

Die Ergebnisse der Steuerschätzung seien ein Beleg dafür, dass die Bundesregierung ihr Versprechen halte, „dass der Staat sich nicht an der Inflation bereichert“, sondern die Bürger sowie Unternehmen entsprechend entlaste, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Die Entlastungen summierten sich allein im kommenden Jahr auf rund 34 Milliarden Euro. Deutschland habe trotzdem kein Einnahmeproblem, sondern „wir sind ein Hochsteuerland“, betonte Lindner zugleich.

Lindner: Schwierige Konjunkturlage

Gleichwohl werde die Regierung nicht alles, was sie sich wünsche, finanzieren können. Die Ausgaben müssten „strikt“ priorisiert werden. Lindner wies darauf hin, dass die gesamtstaatlichen Mindereinnahmen bei der Steuer 2024 immerhin 30,8 Milliarden Euro ausmachten. Auch befinde sich das Land weiterhin in einem „konjunkturell schwierigen Fahrwasser“.

Dem Schätzergebnis zufolge muss allein der Bund im kommenden Jahr mit 13,0 Milliarden Euro weniger auskommen als im November vorhergesagt. Lindner sprach mit Blick auf den neuen Haushalt, um den derzeit heftig in der Koalition gerungen wird, erneut von einer Lücke von rund 20 Milliarden Euro. Wegen der Unklarheiten werde der neue Etatentwurf nicht wie geplant bis zum 21. Juni vorliegen, teilte der Finanzminister mit. Einen neuen Termin für die Kabinettsbefassung nannte er nicht; ein Fahrplan soll im Laufe dieses Monats verkündet werden.

Der Arbeitskreis Steuerschätzungen erstellt jeweils im Mai und im November seine Prognose für die Steuereinnahmen für das laufende und die vier folgenden Jahre. Die Schätzungen sind Grundlage für die Haushaltsplanung von Bund, Ländern und Kommunen. Dem Gremium gehören neben Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen noch weitere Experten aus Wirtschaftsinstituten und Behörden an.

Steuerzahlerbund mahnt stabilitätsorientierte Finanzpolitik an

Vor der Bekanntgabe der Steuerschätzung hat der Steuerzahlerbund die Regierung zu einer stabilitätsorientierten Finanzpolitik aufgerufen.

„Deutschland ist bei Steuern und Sozialabgaben weltweit im Spitzenfeld“, sagte der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Bürger und Betriebe stehen allein bei den Steuerzahlungen vor einem Abgabenrekord von 1000 Milliarden Euro. Ich meine: Mit diesem vielen Geld muss endlich wieder eine stabilitätsorientierte Finanzpolitik gelingen – ohne Umwege über kreative Schuldenfonds und Krisen-Erfindungen.“

(afp/red)



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